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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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es, nach dem erzwungenen Verzicht seines Vorgängers Ignatios (Sohn des gestürzten Kaisers Michael I.), entgegen dem Kirchenrecht, in fünf Tagen vom Nichtkleriker bis zum Patriarchen gebracht – ein Laientheologe zwar, jedoch der bedeutendste Gelehrte seiner Zeit. Natürlich protestierte er gegen westliche Missionare im Bulgarenreich, gegen die Ehelosigkeit der westlichen Priester, gegen westliche »Ketzerei«, die Einfügung des »Filioque« (das Emanieren des Heiligen Geistes aus Vater »und Sohn«, für die griechische Kirche Hauptursache des Schismas von 1054) in das Glaubenssymbol u.a.
    Der Papst vermochte sich aus dem im Orient tobenden Kampf zwischen Photianern und Ignatianern, die wechselseitig die Legitimität des alten wie des neuen Patriarchen anfochten, natürlich nicht herauszuhalten. Nikolaus I. verweigerte dem gefährlichen Rivalen Photios die Anerkennung, und Photios erklärte das Patriarchat des Ignatios durch eine Synode für illegitim. Zwei päpstliche Legaten, im Osten bestochen, billigten die Absetzung des Ignatios sowie die Einsetzung des Photios. Der Papst bannte sie, erkannte Ignatios als rechtmäßig an und sprach auf der Lateransynode 863 feierlich die Deposition und Exkommunikation des Photios aus, was eine gereizte Korrespondenz zwischen diesem, Nikolaus, und dem Ostkaiser auslöste. 867 verurteilte Photios den Papst und erklärte ihn seinerseits, was er nie im geringsten bedauert hat, für abgesetzt und alle für ausgeschlossen, die weiter zu ihm stehen würden. Und exkommunizierte man ihn schließlich auch im Osten auf dem Konzil von Konstantinopel 869/870, man setzte ihn auch wieder ein, ja selbst Rom erkannte ihn an. Der Papst bestand nur darauf, daß sich Photios für alle seine Taten entschuldige, und ließ dann auch diese Forderung fallen – wohl weil man byzantinische Hilfe gegen die Araber erhoffte (S. 261). Doch der ganze Streit führte schließlich zum Schisma und zur endgültigen Trennung Roms vom griechischen Reich. 39
    Und er verschärfte die Auseinandersetzung über die Christianisierung der Slawen.

Päpstlicher Rat für Bulgarien: nicht mit dem Pferdeschwanz, sondern mit dem Kreuz in die Schlacht!

    Mit dem Patriarchen Photios zusammen förderte Cäsar Bardas die byzantinische Missionisierung der Slawen, um den sowohl politischen wie kirchlichen Druck aus dem Westen, besonders auf Bulgarien, besser bestehen zu können. Andererseits aber suchte der Bulgarenfürst Boris I. seinerzeit dem übermächtigen Einfluß der byzantinischen Politik und Kirche zu entgehen. Dabei nutzte er die politische Unsicherheit im Osten nach der Ermordung des Bardas 866 durch den späteren Kaiser Basileios I. (S. 261) zu einer Kontaktnahme mit Rom in Erwartung einer weniger abhängigen Kirchenorganisation. Nikolaus I., dessen Beziehungen zu Byzanz sich ohnehin ständig verschlechtert hatten, sandte denn auch im Herbst 866 die beiden Bischöfe Paulus von Populonia und Formosus von Portus, den späteren Papst, die unausgesetzt Bulgarenscharen tauften, die griechischen Priester außer Landes jagten und den Khan drängten, bloß römische Geistliche und römische Liturgie anzunehmen.
    Da Bulgarien großenteils unter byzantinische Kirchenhoheit fiel und gerade erst auch durch Byzantiner christianisiert worden war, verurteilte eine von Photios im Spätsommer 867 einberufene Synode die lateinische Mission in Bulgarien und setzte Papst Nikolaus I. ab, den diese (Frohe) Botschaft dann allerdings nicht mehr erreichte. Doch wachten seine Bekehrer eifersüchtig über ihre Errungenschaften. Auch Ludwigs des Deutschen etwas später kommende Heilsbringer unter dem am Südosten besonders interessierten Passauer Bischof Ermenrich (866–872) mußten verärgert wieder umkehren, da die römische Mission von Papst Nikolaus sie nicht sonderlich schätzte, hatte diese doch »das ganze Land schon mit Predigten und Taufen erfüllt« (Annales Fuldenses).
    Der Papst persönlich belehrte die Bulgaren, unter dem Titel »Responsa«, in 106 Punkten über fast alle wichtigen Dinge des menschlichen Lebens. Zum Beispiel, daß der Patriarch von Rom, also er selbst, viel bedeutender sei als der von Konstantinopel, daß sie sich vor griechischen Riten, die er nicht nur angriff, sondern lächerlich machte, vorsehen und Rom unterwerfen sollten. Er sagte ihnen auch, wie sie sich kleiden, wie sie heiraten, wann sie essen, wann ehelichen Beischlaf vollziehen dürften etc. Und riet geradezu revolutionär, doch nicht mehr mit einem

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