Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert
Monophysit (II 324 ff., 346 ff.), 65 Kilometer vor Konstantinopel eine Mauer vom Marmarameer bis zum Schwarzen Meer. Zur Zeit Justinians (II 7. Kap.) brandeten sie mit anderen Slawenstämmen in immer neuen Wellen heran, 557 fielen sie in Thrakien ein, um 589 erreichten sie den Peloponnes. 592 begann Kaiser Maurikios einen Krieg wider sie, der sich auch nach seiner Ermordung noch lange hinzog. Und im späten 7. Jahrhundert hatten sie die byzantinischen Herrscher bereits zu einer jährlichen Tributzahlung, 716 zur Anerkennung ihrer Unabhängigkeit genötigt. Ihr erstes Königreich, 681 mit der Hauptstadt Pliska gegründet, bestand bis 1018.
Allerdings überschätzten sich die Bulgaren, als sie kurz nach der Mitte des 8. Jahrhunderts im Süden und Südwesten auf byzantinisches Gebiet vorstießen. Kaiser Konstantin V. Kopronymos führte darauf in zwanzig Jahren gegen ihren Khan Tervel zehn Feldzüge zu Wasser und zu Land, ohne ihn freilich vernichten zu können. Wiewohl sehr geschwächt und trotz häufiger Thronstürze mit teilweiser Tötung oder Verbannung ihrer Fürsten erholten sich die Bulgaren wieder und machten unter dem Khan Krum (803–814), einem ihrer bedeutendsten Herrscher, neue Eroberungen, u.a. 809 Serdika (Sofia). Zwar beantwortete Kaiser Nikephoros I. Krums antibyzantinische Außenpolitik 811 mit einem Einmarsch, wobei er mit seiner großen Armee sogar die bulgarische Hauptstadt Pliska nahm und zerstörte, wurde jedoch seinerseits von Krum am 26. Juli auf dem Rückweg, wohl am Verigava-Paß (heute Vurbiski prochod), aus dem Hinterhalt überfallen und verlor Schlacht wie Leben.
Seit diesem Jahr tranken die bulgarischen Zaren, die sich schon früh »Fürsten von Gott« nannten, aus dem Schädel des byzantinischen Kaisers, der in Gold gefaßten Hirnschale des Nikephoros. Krum selbst ruinierte fast ganz Thrakien, kam bis vor die Mauern Konstantinopels, starb aber plötzlich mitten in den Vorbereitungen der Belagerung im April 814.
Einen seiner Nachfolger, Khan Boris I. (852–889, gest. 907), trieb die Annäherung zwischen dem Byzantinischen und dem Großmährischen Reich unter Ratislav zu einem Bündnis mit Ludwig dem Deutschen, einer Öffnung auch gegenüber der ostfränkisch-bayerischen Kirche. Zunächst freilich verhinderte Byzanz dies, indem es 864 durch einen großen Feldzug, eine überraschende Heeres- und Flottendemonstration, Khan Boris I. zwang, sein Bündnis mit den Franken preiszugeben und die Bulgaren im Frühherbst 865 durch byzantinische Priester taufen zu lassen. Und als bulgarische Große sich widersetzten, schlug Boris den Aufstand seiner heidnischen Adligen nieder, wobei er deren Frauen und Kinder hinrichten, ganze Geschlechter grausam ausrotten ließ – Grund genug, ihn nach seinem Tod als Heiligen zu verehren. Gleichwohl: durch sechshundert Jahre haben das christliche Bulgarien und das christliche Byzanz einander bekämpft. 38
Sex, Seelsorge, kleine Bestechungen und Abstechungen am Hof von Byzanz
Als Khan Boris 865 zu Kreuz kroch, als er den offiziellen Übertritt zum byzantinischen Bekenntnis vollzog, erhielt er den Namen seines kaiserlichen Paten: Michael.
Michael III. von Byzanz (842–867), nicht ganz so zügellos, wie lange von der Geschichtsschreibung geschildert, schätzte immerhin Pferde, Weiber sehr, auch den schönen, von Frauen begehrten verheirateten Pferdeknecht Basileios, den er zum kaiserlichen Stallmeister und Oberkammerherrn machte, auch zum Ehemann der eigenen Geliebten, mit der er's gleichwohl selber weitertrieb, während Basileios, der ihn später umbrachte, sich an des Kaisers Schwester schadlos hielt, und in Wirklichkeit Onkel Bardas regierte, bis ihn Basileios gleichfalls ermordet hat. Ein christlicher Kaiserhof schon jahrhundertelang.
Bardas, seit 862 zum Cäsar aufgestiegen, vielseitig begabt, gebildet, Gründer gar einer privaten Hochschule in Konstantinopel, war freilich auch in den nicht unblutigen Staatsstreich von 856 verstrickt sowie in die Verdrängung der Kaiserwitwe Theodora. Auch hatte er seine erste Gattin verstoßen und lebte offenkundig in »Blutschande« mit der Witwe seines Sohnes, was dem Patriarchen Ignatios so mißfiel, daß Bardas 858 ebenso energisch dessen Abdankung und Verbannung betrieb wie die Ernennung des Photios noch im selben Jahr. So gehen Sex und Seelsorge häufig schönstens ineinander über – wie mutatis mutandis bekanntlich noch heute.
Patriarch Photios (858–867 und 877–886), ein Verwandter des Kaiserhauses, hatte
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