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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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Jüngeren, Kaiser Karls III. Bruder, hat Johann, bald nachdem ihn Boso enttäuschte, adoptiert. »Es ist deutlich, daß der Papst nicht ein doppeltes, sondern ein dreifaches oder vierfaches Spiel spielt« (Hartmann). 19
    Boso jedenfalls wollte für die fragwürdige Kaiserkrone und den lockenden Papst nicht alles, was er schon gewonnen, aufs Spiel setzen. Ohne sich die apostolische Gunst zu verscherzen, kümmerte er sich nun um Erweiterung und Festigung seiner Macht zu Hause, in der Provence. Die Lage war auch dort prekär genug.

Fränkische Verwandtenkontakte

    Ludwig der Stammler hatte aus seiner ersten Ehe (mit Ansgard) zwei Söhne, Ludwig und Karlmann, hinterlassen und den älteren, Ludwig III. (879–882), zuletzt noch zu seinem alleinigen Nachfolger bestimmt. Auch der mächtige Hugo Abbas, ein Vetter Karls des Kahlen und Laienabt von St.-Germain d'Auxerre, trat dafür ein. Doch Boso betrachtete den Stammlersohn, wie dessen Bruder Karlmann, als illegitim (degeneres) und überging ebenso den gerade nachgeborenen Karl (III. den Einfältigen).
    Sogar Ludwigs eigener Kanzler, Abt Gauzlin, verriet ihn. Dabei war der Abt schon Kanzler und einer der engsten Vertrauten Karls des Kahlen gewesen, dem er auch einige der reichsten Abteien verdankte: Jumièges, St. Amand, St.-Germain-des-Prés, 878 noch St.-Denis. 884 wurde er Bischof von Paris. Abt Gauzlin war, neben Abt Hugo, zeitweise der führende Mann des Westfrankenreiches. Er vertrat das Haus der einflußreichen Rorgoniden, während Hugo Abbas den Familienclan der westfränkischen Welfen repräsentierte. So forderte Gauzlin, zusammen mit dem Adel zwischen Seine und Maas, gleich nach dem Tod des Königs, aus Furcht vor dem mächtigen Rivalen Hugo, den Ostfranken Ludwig den Jüngeren zum Einmarsch ins Westreich auf und bot ihm die Krone des Landes an.
    Ludwig ließ sich das nicht zweimal sagen. Er stieß über Metz nach Verdun vor, wobei seine Greuel und Verwüstungen während des Vormarsches, seine »Schlechtigkeiten jeder Art«, angeblich »noch die Übeltaten der Heiden übertrafen« (Annales Bertiniani); auch Verdun wurde geplündert. War aber zunächst Abt Gauzlin den Königstreuen zuvorgekommen, so traten diese nun, allen voran Laienabt Hugo, um nicht alles zu verlieren, Ludwig West-Lotharingien ab. Zweimal hatte Karl der Kahle durch einen Rechtsbruch das ganze Lotharingien einzuheimsen, dem Westreich anzugliedern versucht, und nun gehörte es ganz zu Ostfranken, freilich ebenfalls durch einen Rechtsbruch.
    Dafür aber gab Ludwig der Jüngere sofort Gauzlin und Genossen preis, kehrte zufrieden zurück – und wurde von seiner raffgierigen, ehrgeizgeplagten Frau Liutgard sogleich zu einem neuen Krieg überredet, um das ganze Westreich zu gewinnen. Er nahm jetzt die Opposition im Norden, Gauzlin nebst Anhang, die ihn erneut rief, wieder in Dienst, worauf sie auch gleich, sozusagen als Vorauskommando, raubend und plündernd durchs Land zog, Ludwigs Kommen signalisierend.
    Allerdings war dieser noch mit Bayern befaßt, dessen König, sein Bruder Karlmann, immer jämmerlicher dahinsiechte. Ludwig eilte von Forchheim, wo er gerade den »Geburtstag des Herrn« gefeiert, nach Bayern, entthronte den bereits Sprachunfähigen rücksichtslos, riß sein Land an sich und feierte danach die Auferstehung des Herrn in Frankfurt. Dazwischen, am 22. März 880, ist Karlmann gestorben; Ludwig war weiter nach Westfranken vorgedrungen, gab sich aber mit der Abtretung des westlichen Lotharingien zufrieden.
    Bereits im Spätsommer 879 hatte nämlich Abt Hugo durch den Erzbischof Ansegis von Sens die westfränkischen Prinzen Ludwig III. und Karlmann zu Königen krönen und salben lassen. Und im Süden war ja eben noch ein Dritter, Boso, der Herzog der Provence, im Oktober König geworden, der erste König nichtkarolingischer Abstammung im einstigen Gesamtreich. Als im Osten dann, zwei Jahre nach dem Tod seines Bruders Karlmann, auch Ludwig III. der Jüngere am 20. Januar 882 in Frankfurt am Main kinderlos starb (da sein einziger kleiner gleichnamiger Sohn durch einen Sturz aus dem Fenster des Palastes sich das Genick gebrochen hatte), fiel ganz Ostfranken dem jüngsten Bruder zu, dem Schwabenkönig Karl. 20

Gegen Überlassung von Kriegsschiffen u.a. will Johann den zweimal abgesetzten und verfluchten Patriarchen Photios anerkennen

    Da Papst Johann vorerst auch die ostfränkischen Karolinger nicht gewinnen konnte, zögerte er nicht, in seinen letzten Lebensjahren wieder mit Konstantinopel

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