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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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ein allerdings längst zur Floskel erstarrtes Herrscherprädikat. Doch schwärmt man oft von Ludwigs »Frömmigkeit«; ja, der fränkische Kleriker Ermoldus Nigellus meint in dem panegyrischen Epos »in honorem Hludowici Christianissimi Caesaris Augusti« (von dem er freilich die Aufhebung seines Verbannungsurteils erhofft), Ludwig regiere geradezu »mit Hilfe seiner pietas«. Übrigens bekam der Kaiser den in alle europäischen Sprachen eingegangenen Beinamen »pius« (der Fromme, le Pieux, il Pio, the Pious, auch Louis le Débonnaire, der Gutmütige, eine neuzeitliche Abwertung französischer Historiker) keinesfalls zu seinen Lebzeiten, wo man ihn gewöhnlich Hludovicus imperator nannte, sondern frühestens wohl im ausgehenden 9. Jahrhundert.
    Bereits als Kind aber hatte Ludwig das Unterkönigtum Aquitanien samt einem Regentschaftsrat erhalten, und dorthin kehrte er nach dem Beneventer Kriegszug im Frühjahr 794 zurück, begleitet von »comites« seines Vaters. So konnte er nicht nur die Macht des einheimischen Adels beschneiden, sondern auch häufig in das südliche Nachbarland vorstoßen, gewiß nur auf höhere Weisung hin, was für alle außenpolitischen und zumal militärischen Aktionen des Unterkönigs galt.
    Auf Karls Befehl überfiel der fromme friedfertige Sohn also immer wieder Spanien. Er unterwarf und zerstörte Lerida. »Hierauf«, schreibt der Astronomus, »und nachdem die übrigen Städte verwüstet und verbrannt waren, ging er bis Huesca vor. Das an Fruchtfeldern reiche Gebiet der Stadt wurde von dem Kriegsvolk abgemäht, verwüstet, verbrannt und alles was sich außerhalb der Stadt fand, durch die Verheerung des Feuers vernichtet.«
    Wie fast immer seinerzeit, hinderte den jungen Ludwig bloß der Winter an weiteren Taten christlicher Kultur. Im übrigen verfeuerte der katholische Heros außer Städten gelegentlich auch Menschen, wenn auch nur »nach dem Recht der Wiedervergeltung« (Anonymi vita Hludowici); ganz biblisch: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Und kaum war »dies erledigt«, so dieselbe Quelle, »schien es dem König und seinen Ratgebern nötig, zum Angriff auf Barcelona zu schreiten«. Und als die Eingeschlossenen vor Hunger schon wochenlang altes, als Türbehang dienendes Leder verschlungen, andere sich aus Verzweiflung über das Elend des Krieges kopfüber von den Mauern gestürzt hatten, ergab sich der böse Feind, und Ludwig feierte dies »mit einem Gottes würdigen Dankfeste«, zog mit den Priestern, »welche ihm und dem Heere vorangingen, in feierlichem Aufzug, unter Lobgesängen in das Tor der Stadt ein und begab sich nach der Kirche des heiligen und siegreichen Kreuzes ...«
    Natürlich kam König Ludwig stets wieder zu den schlimmen spanischen Nachbarn, nichts lag ja näher. Der Astronomus meldet solche Attacken aus immer neuen Jahren. »Im nächsten Sommer aber zog er mit so großer Kriegsmacht, als ihm nötig schien, nach Spanien, über Barcelona bis nach Tarragona, nahm dort, wen er fand, gefangen, jagte andere in die Flucht, und alle Ortschaften, Kastelle und Städte bis Tortosa zerstörte das Heer und verzehrte die gierige Flamme.« Dann wieder fielen sie aus dem Hinterhalt dem ganz unvorbereiteten Gegner in den Rücken, »verwüsteten sie weit und breit das Land der Feinde ..., kämpften heftig und zwangen sie mit Christi Hilfe die Flucht zu ergreifen. Wen sie ergriffen, töteten sie, und holten sich fröhlich die Beute ... König Ludwig aber kehrte nach Hause zurück, nachdem er die Seinigen fröhlich empfangen und das feindlich Land überall verwüstet hatte.«
    Ein fideles Christentum.
    Dabei liest man in einem alten katholischen Standardwerk von Ludwig: »Er meinte es überall gut«, sein Gemüt sei »edel«, sein Herz »mit allen guten Sitten ausgeschmückt« gewesen (Wetzer/Welte). Ein blutiges Schwert und ein goldnes Gemüt, das paßt zu dieser Religion durchaus; war's nicht ein ferner, bescheidner Abglanz geradezu des lieben Gottes selbst und seiner Höllenfeuerpraxis?
    Denn, so mit messerscharfer Theo-Logik Kirchenlehrer Papst Gregor I. »der Große«: »Der allmächtige Gott hat, insofern er gütig ist, kein Wohlgefallen an der Qual der Unglücklichen; aber insofern er gerecht ist, wird er durch die Strafe der Bösen in Ewigkeit nicht milde gestimmt.«
    Eine kommode Religion. Etwas für alle Fälle.
    Mit eben diesem Gott, gütig, doch gegen Böse – und alle Feinde sind böse – »in Ewigkeit nicht mild«, geschah jedwedes Rauben und Morden, wie schon zu Zeiten der

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