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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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wissen läßt, daß Arnulf gegen ihn einen Feldzug vorbereite. Nach Ablauf des Waffenstillstands führte Odo im Frühjahr 894 erneut sein Kriegsvolk vor Reims, worauf König Karl zu Arnulf floh, der sich nun für Karl und gegen Odo entschied, was aber die Machtverhältnisse im westfränkischen Reich nicht änderte.
    Als Karl aus Ostfranken zurückkam, erwartete ihn Odo schon kampfbereit an der Aisne, und Karl sah sich jäh von zahlreichen Grafen und Bischöfen verlassen. Ja, als Odo gar auf dem Wormser Reichstag 895 die Anerkennung Arnulfs fand, der sich jetzt Karl versagte, knüpfte Karl, wohl auf Vorschlag Fulcos, seines leitenden Staatsmanns, nun mit Arnulfs Sohn, dem eben zum König von Lotharingien erhobenen Zwentibold an. Doch kaum war dieser zur Unterstützung Karls im Westreich eingefallen, verleitete er einige von dessen Magnaten zum Abfall, und nun wandten sich Karl und Erzbischof Fulco, mißtrauisch geworden, heimlich Odo zu und verständigten sich mit diesem, ohne freilich auch ihm trauen zu können. Deshalb suchte Erzbischof Fulco, über Papst Formosus, ein Bündnis mit Kaiser Lambert, dem Sohn des Ende 894 verstorbenen Wido, was aber fehlschlug, da Arnulf sich selbst Mitte Februar in Rom die Kaiserkrone holte.
    So ging es drunter und drüber im Westreich. Man mordete, schloß Frieden, verheerte, mordete weiter. Auch Kirchenfürsten waren nicht mehr sakrosankt. Schon 850 hatte man den Bischof David von Lausanne getötet. Bischof Theutbold von Langres wurde 894 von den Gefolgsleuten Karls, dem Herzog Richard von Burgund samt Anhang, geblendet, der Erzbischof von Sens eingekerkert. Erzbischof Fulco konnte 895 bei einem ungewollten Zusammentreffen mit Gegnern vorerst gerade noch entkommen, sein Begleiter aber, Graf Adelung, blieb auf der Strecke.
    Nachdem Odo im Frühsommer 896 Reims erobert hatte, wechselte Ortsbischof Fulco, bisher entschiedener Parteigänger Karls, natürlich zum Sieger über und stand jetzt, mindestens äußerlich, auf dessen Seite; »notgedrungen«, wie ihn die »Annales Vedastini« entschuldigen, »und tat demselben in allem Genüge, was er ihm befahl«. Karl floh, einigte sich jedoch im nächsten Sommer mit Odo, der inzwischen schwer erkrankt war, Karl noch ein Landgebiet sowie die Nachfolge im Königsamt vertraglich zugesichert hatte, und Anfang Januar 898 starb.
    Darauf gelangte Karl der Einfältige zu Reims »wieder auf den väterlichen Thron«; er wurde alleiniger Herr im Westfrankenreich, die Grundlage für die karolingische Restitution im Westen war geschaffen. Odo hatte zwar keinen Erben hinterlassen, aber zum Ärger des Adels stets allzu offensichtlich für die Mehrung seiner Hausmacht, die Förderung der eigenen Sippe gesorgt und zumal seinem Bruder Robert – ohne diesem klugerweise die Krone zu vermachen – ein bedeutendes Machtpotential vermittelt: die Basis für eine robertinische Sonderposition, die 922/923 Robert I. und 987 Hugo Capet zur Gewinnung des Thrones nutzten.
    Erzbischof Fulco, unterdessen noch zum Erzkanzler erhoben, war jedoch am 16. Juni 900 von einem Dienstmann Balduins II., Graf von Flandern (infolge eines Besitzstreites um die reiche Abtei St-Vaast zu Arras, die vordem Balduin gehörte) »ungesäumt« erschlagen worden (Annales Vedastini). – (Wenige Jahre später wurde der Straßburger Bischof Otbert von seinen Diözesanen vertrieben und ermordet, auch Erzbischof Arnustus von Narbonne umgebracht, nachdem man ihm zuvor die Augen ausgestochen sowie Zunge und Genitalien ausgerissen hatte.) 23
    Eine eigene Rolle spielte zwischen West und Ost auch das »Land dazwischen«.

2. Arnulf von Kärnten: Papsttum und Italien

Luxus und Verbrechen
    Man versteht schnell die ebenso intrigen- wie blutreichen Kämpfe dort, stellt man sich einmal Wohlleben und Reichtum dieser – ja schon in der Antike (vgl. bes. III 5. Kap.) – im Überfluß schwelgenden Prälaten vor, einen unverschämten Luxus, wie ihn gerade für das späte 9. Jahrhundert Gregorovius beschreibt, und keinesfalls nur für Rom, sondern auch für die Bischöfe Italiens »in Stadt und Land«: »Sie wohnten in prachtvollen Gemächern, die von Gold, Purpur und Samt strahlten; sie speisten gleich Fürsten auf goldenem Geschirr; sie schlürften ihren Wein aus köstlichen Bechern oder Trinkhörnern. Ihre Basiliken starrten von Ruß, aber ihre dickbäuchigen Obbae oder Weingefäße glänzten von Malerei. Wie beim Gastmahl des Trimalchio ergötzte ihre Sinne der Anblick schöner Tänzerinnen und die

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