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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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Wilhelm, ein schlimmes Ende brachte.
    Der gleichnamige Sprößling Engilschalks, Engilschalk II., hatte einst eine uneheliche Tochter Arnulfs geraubt, war nach Mähren geflohen, doch bald, in Gnaden aufgenommen, wieder Markgraf im Osten geworden. Er zog sich deshalb aber die Feindschaft der bayerischen Großen zu und wurde von ihnen, als er 893 arglos die Regensburger Pfalz betrat, angeblich ohne Wissen des Königs, verurteilt und geblendet. Als darauf sein Vetter Wilhelm, um sein Leben fürchtend, sich Swatopluk zuwandte, wurde er als Hochverräter geköpft. Und als jetzt Wilhelms Bruder, Graf Rudbert, zu Swatopluk floh, ließ der ihn »mit sehr vielen anderen«, mit allen seinen Begleitern, meuchlings ermorden. Der gesamte Besitz der Beseitigten beiderseits der Donau wurde konfisziert und zum Teil an den Abt Snelpero des Klosters Kremsmünster vergabt, einen der Hauptnutznießer der Tragödie. Arnulf marschierte nun erneut in Herzog Swatopluks Reich, diesmal verbündet mit den Bulgaren, und »plünderte den größten Teil ...«, gelangte jedoch in einen Hinterhalt und nur »mit großer Schwierigkeit« nach Bayern zurück. – Und im Emmeramskloster erzählte man später, daß er dem hl. Emmeram, seinem Patron, seine Rettung zuschrieb (S. 302). 16
    Die fränkischen Kriegszüge 892 und 893 waren mißlungen, obwohl Arnulf Großmähren, mit Hilfe der Ungarn und der Bulgaren, jedesmal von zwei Seiten angegriffen hatte (ein altes »Staatskunst«-Verfahren bis heute: zwei Partner fallen über einen Dritten her und zerfleischen sich dann gegenseitig). Swatopluks Macht blieb ungebrochen.
    Im nächsten Jahr aber kamen die Ungarn wieder. Diesmal jedoch ungerufen. Und sie führten auch nicht für, sondern gegen Arnulf Krieg. »Die Männer und alten Weiber töteten sie insgesamt, nur die jungen schleppten sie wie Vieh mit sich, ihrer Lust zu frönen, und verwüsteten ganz Pannonien bis zur Vernichtung« (Annales Fuldenses). Nicht von ungefähr ruft Bischof Liutprand von Cremona erregt: »O blinde Herrschsucht des Königs Arnulf! o unseliger, schmerzlicher Tag! Um ein einziges Menschenkind zu demütigen, wird ganz Europa in Not und Jammer gestürzt. O blinder Ehrgeiz! wie viele Frauen machst du zu Witwen, wie viele Väter beraubst du ihrer Kinder, wie vielen Jungfrauen raubst du die Ehre, wie vielen Priestern Gottes samt ihren Gemeinden die Freiheit; wie viele Kirchen veröden durch dich, wie viele bewohnte Gebiete legst du, verblendeder Ehrgeiz, wüst!« 17
    Nach dem Ungarnsturm schien es den Bayern freilich an der Zeit, mit den Mährern Frieden zu schließen. Doch lange dauerte er nicht. Zwar kaum wegen innerstaatlicher Miseren, großer Hungersnöte, die gerade seinerzeit weite Teile Ostfrankens heimsuchten. Zweimal, 895 und 897, meldet sie der Annalist fast gleichlautend »im ganzen Land Baiern, so daß man an sehr vielen Orten vor Hunger starb«. Aber auch 893 hatte man gehungert, 889 sogar eine übermäßig schwere Hungersnot erlitten, natürlich nicht die Edelschicht. Bei ihr fiel statt dessen ins Gewicht, daß mittlerweile Herzog Swatopluk I., dieser »Urquell jeder Treulosigkeit«, dieser nach Menschenblut dürstende Vampir, 894 gar »unselig sein Leben« beendet hatte – und natürlich nicht ohne zuletzt noch die Seinen zu beschwören, »nicht Liebhaber des Friedens zu werden« (Annales Fuldenses), sondern Feinde der bösen Nachbarn zu bleiben.
    Und das wollten ja auch die Nachbarn.
    König Arnulf, nicht zu Unrecht sich immer stärker fühlend, wußte jedenfalls, was zu tun war. Erst hielt er im Sommer 897 auf der Pfalz Tribur eine Reichsversammlung ab, dann »suchte er das Kloster Fulda auf, um zu beten«. Danach empfing er auf dem Königshof Salz an der Saale Boten der Sorben, hernach böhmische Herzöge in Regensburg, die Hilfe gegen ihre Feinde, die Mährer, forderten, »von denen sie damals häufig, wie sie selber bezeugten, auf das härteste bedrängt wurden. Diese Herzöge nahm der König und Kaiser freundlich auf, sprach ihnen reichlich Worte des Trostes zu und ließ sie froh und durch Geschenke geehrt in ihr Vaterland abziehen; und die ganze Herbstzeit jenes Jahres verweilte er in den benachbarten Orten nördlich von Donau und Regen, auch in der Absicht, mit seinen Getreuen bereit zu sein, wenn für das oben genannte Volk seine Hilfe nötig wurde« (Annales Fuldenses). 18
    Dies war begreiflicherweise bald der Fall. Denn Swatopluks Söhne Mojmír II. und Swatopluk II. hatten zwar nach ihres Vaters Tod mit den

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