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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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durch die Gunst von Hugo Abbas (S. 259 f.) seit 883 Nachfolger Hinkmars in Reims, war eine politische »Schlüsselfigur« (Hlawitschka), ein Seelenhirte, der Reims befestigte, die Abtei St-Bertin, der auch die beiden ersten bischöflichen Burgen, in Omont und Epernay, errichten ließ, vor allem aber war Fulco ein geistlicher Opportunist erbaulichsten Schlages. Zunächst hatte er den durch den Papst adoptierten Herzog Wido von Spoleto favorisiert, diesen herbeigerufen und ihn, kurz vor Odos Wahl, in Langres durch den dortigen Bischof Geilo zum König krönen lassen. Geilo, vordem Anhänger des Thronräubers Boso, verdankte Boso beträchtliche Besitzzuteilungen und erwartete nun wahrscheinlich weitere Vorteile von Wido. Und Fulco war mit Wido verwandt und hätte gern einen seiner Sippe mit der westfränkischen Königskrone gesehen.
    Angesichts der tatsächlichen Machtverhältnisse resignierte Wido freilich und kehrte nach Italien zurück. Erzbischof Fulco aber unterwarf sich nach dem Fehlschlag mit Wido König Odo und legte auf ihn im Frühjahr 888 einen Treueid ab. Um sich indes vor Isolierung zu bewahren, seine Macht zu stützen, suchte Fulco noch im Juni Arnulf von Kärnten während des Reichstags in Frankfurt auf und bot jetzt ihm die Krone Westfrankens an. Begleitet wurde der Erzbischof bei diesem edlen Unterfangen von den Bischöfen Dodilo von Cambrai, Honorat von Beauvais, Hetilo von Noyon, dem aus seinem Bistum verjagten Erzbischof Johannes von Rouen sowie dem Abt Rudolf von St. Omer und St. Vaast; letzteres jenes Kloster bei Arras, in dem seinerzeit ein Mönch die Jahrbücher von St. Vaast, die Annales Vedastini, niederschrieb. 21
    Aber Arnulf hatte durch das Debakel Karls des Dicken wohl erkannt, daß das großfränkische regnum von einem einzelnen kaum noch zu regieren war. So verzichtete er nicht nur auf das Westreich, sondern auch auf Italien und die Provence. Er entließ Erzbischof Fulco »ohne Rat und Trost« und traf sich mit Odo (nach dessen Triumph über die Normannen am 24. Juni in den Argonnen) im August 888 in Worms. Dort schloß er mit ihm ein Freundschaftsbündnis, schickte ihm eine Krone, mit der Odo am 13. November 888 in Notre-Dame zu Reims, in Anwesenheit ostfränkischer Gesandter, sich ein zweites Mal krönen ließ – eine »Befestigungskrönung« –, und zwar durch den Reimser Erzbischof Fulco!
    Doch spätestens 892 kehrte Fulco auch dem von ihm gekrönten Odo wieder den Rücken und verschwor sich gegen ihn, u.a. mit den Bischöfen der Reimser Kirchenprovinz, die zu seinem Anhang zählten, wie Riculf von Soissons, Hetilo von Noyon und Herilandus von Thérouanne; von außerhalb der Provinz stieß Bischof Teutbald von Langres dazu, der Fulco sein Bischofsamt verdankte. Und am 28. Januar 893 weihte kein anderer als Erzbischof Fulco in Reims nun Karl III. den Einfältigen (893–923), den Sohn Ludwigs des Stammlers, einen gerade dreizehnjährigen Jungen, zum König (sein Beiname stammt aus späterer Zeit). Zwar war er ein Karolinger, der letzte Nachkömmling ihrer westfränkischen Linie, somit ein durchaus rechtmäßiger Reichserbe. Doch Fulco hatte Odo vier Jahre lang, von 888 bis 892, als rechtmäßigen König anerkannt, ihm auch Treue geschworen – – und jetzt lesen wir: »Und alle verschworen sich gegen König Odo« (Annales Vedastini). 22
    Freilich machte nicht Karls »Legalität« den Prälaten zu seinem Fürsprecher, sondern »die offenkundige Feindschaft und der Haß gegen Odo«. Unermüdlich agitierte er wider diesen und für seinen Schützling. Angeregt von Fulco, ergriff auch Papst Formosus für Karl Partei, billigte Odo aber weiterhin den Königstitel zu. Und nach Ostern 893 zog das Reimser Kirchenhaupt unter Mitnahme des jungen Königs gar mit Truppen gegen Odo. Dieser jedoch lehrte sie laufen, drang in die Francia ein, verwüstete, raubte, entvölkerte, belagerte Reims, das Karl im September 893 mit einem starken Heer befreite. »Und so kommen wechselweise auf beiden Seiten viele ums Leben; man verübt gewaltig viel Böses, unzählige Räubereien und beständige Plünderungen« (Regino von Prüm). – Gerade auch Kirchen und Klöster waren seit langem und weithin immer wieder geplündert, geraubt, zerstört worden, und natürlich von gläubigen Christen.
    Dann schließt man einen Waffenstillstand, worauf Erzbischof Fulco Hilfe für Karl den Einfältigen sucht, zunächst, indem er gegen Wido Stellung nimmt, bei Arnulf, dann bei dessen erbittertem Gegner Wido, den er auch

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