Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert
Regentschaft für den unmündigen Thronfolger über sieben Jahre hin in bisher unüblicherweise dessen junge, um 955 geborene Mutter Theophanu, wobei zwei Prälaten maßgeblich mitsprachen: Erzbischof Willigis und der Kanzler Bischof Hildibald von Worms, der Fälscher von 18 Königsurkunden zu seinen Gunsten (S. 522).
Theophanus Abkunft ist nicht sicher geklärt. Vermutlich war sie die Tochter des byzantinischen Kaisers Romanos II. Gewiß aber war sie politisch talentiert, ehrgeizig, sogar gebildet, auch fromm. Dementsprechend widmete sie sich nach Ottos II. Tod 983 der Erziehung ihres Sohnes. Zwei ihrer Töchter wurden Nonnen, Sophie Äbtissin von Gandersheim (S. 574 ff.), Adelheid Äbtissin von Quedlinburg, ihre Enkelin Theophanu Äbtissin von Essen. (Später machte Otto III. während seiner Anwesenheit in Italien [seit 997] die Äbtissin Mathilde von Quedlinburg, seine Tante, zu seiner Stellvertreterin in Sachsen.)
Ottos II. Witwe urkundete nicht nur gelegentlich als »Theophanu von Gottes Gnaden Kaiserin«, ja, mit dem maskulinisierten »Theophanius imperator augustus«, »Herr Kaiser Theophanius« (falls kein Kopisten-Irrtum vorliegt), sondern sie regierte jedenfalls zunächst auch das Reich ziemlich straff. Natürlich war sie vom hohen Klerus umgeben und auch der Thronfolger in dessen Hand. 987 bestellte sie zum Lehrer des Siebenjährigen ihren Günstling Johannes Philagathos, einen Griechen aus Kalabrien, der durch Otto II. im Jahr 980 Kanzler von Italien, durch die kaiserliche Witwe 988 Erzbischof von Piacenza wurde, ein sehr selbstbewußter Prälat, der als Gegenpapst noch ein entsetzliches Schicksal hatte (S. 556 ff.). Und 989 übertrug Theophanu Ottos Erziehung dem sächsischen Kapellan Bernward, dem späteren Bischof von Hildesheim, einem das Kreuz wie das Schwert gleichermaßen sicher handhabenden Heiligen, der noch beträchtlichen Einfluß bei Hof bekam.
Nach dem unerwarteten Tod der jungen Kaiserin in Nymwegen am 15. Juni 991 regierte bis zu Ottos Mündigkeit 994 seine mehr als sechzigjährige Großmutter Adelheid. Die verwandtschaftlich mit halb Europa verbundene Mutter Ottos II., Schwester König Konrads von Burgund und Schwiegermutter König Lothars von Frankreich, »die Mutter der Königreiche«, wie sie Gerbert von Aurillac nannte, war wieder sehr fromm und endete als Heilige (Fest 16. Dezember). Selbst das Lexikon für Theologie und Kirche gibt (in der 1. Auflage von 1930) zu: »Unter dem Einfluß Adalberts von Magdeburg wirkte Adelheid bei Otto für die Machtstellung der Kirche.« (Die 3. Auflage von 1993 spricht nur noch von ihrem »politischen Einfluß«.) Von der Quedlinburger Äbtissin Mathilde unterstützt, bewies sie in der Tat weit mehr Geschick bei der Begünstigung des Klerus als bei der Führung der Reichsgeschäfte. Sie gründete zahlreiche Klöster und verschwendete das Königsgut mit wachsender Frömmigkeit immer häufiger an Kirchen, denen sie gleich zu Beginn ihrer neuen Macht eine Schenkung nach der anderen zukommen ließ.
Allein die Abtei Selz (Unterelsaß), ihre Lieblingsstiftung, wo sie in ihren letzten Lebensjahren, ehe sie 999 »froh in die ewige Heimat einging«, meist wohnte, bekam in den drei Jahren ihrer Reichsverwesung zehn Höfe, sieben Hufen, drei Wälder, die Einkünfte mehrerer Kirchen und Kapellen sowie Immunität, Wahlrecht, Markt, Münze, königlichen und päpstlichen Schutz. So konnte Gott kaum umhin, »an ihrem Grabe zahlreiche Wunder« zu wirken (Thietmar). Ungefähr die Hälfte aller erhaltenen Schenkungsurkunden Adelheids nennen Klöster als Empfänger. Auch sie selbst residierte nicht in Pavia, der alten langobardischen Königsstadt, sondern im Nonnenkloster SS. Salvator und Julia, vielleicht weil dessen Einkünfte und ausgedehnter Besitz als Basis für den Wiederaufbau der Macht geeigneter waren. Die Herrin des Reiches stand unter dem Einfluß der cluniazensischen Reform, war selbst eine Hauptstütze derselben und mit den Äbten Majolus und Odilo von Cluny (letzterer ihr Biograph) befreundet.
Nicht zu vergessen ist unter diesen kaiserlichen Damen Ottos I. gelegentlich schon erwähnte Tochter Mathilde, die der Vater bereits im Alter von 11 Jahren zur Quedlinburger Äbtissin machen ließ. Sie spielte eine sehr politische Rolle besonders unter ihrem Bruder Otto II., den sie auf Italienzügen begleitete, und unter Otto III., als dessen Stellvertreterin sie in Sachsen fungierte.
Auf all diese dominae imperiales, zumal auf Theophanu und die hl. Adelheid,
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