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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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St. Peters betrachtete, war ein durchaus frommer Christ. Er hatte die Mission Adalberts gefördert, auch dessen Leichnam den heidnischen Prußen abgekauft und diesen in der Marienkirche von Gnesen beisetzen lassen. Allerdings hatte er auch das christliche Reich bedrängt, hatte er Pommern, Breslau, Krakau erobert und sich zum ersten König Großpolens gemacht, das damals vom Baltischen Meer im Norden bis zum Kamm der Sudeten und Karpaten im Süden reichte und vom Land der Russen bis zur Oder.
    Polen war rasch immer mächtiger geworden, ein begehrter Bundesgenosse für die katholischen Kämpfer. »Hand in Hand mit dem Papst konnte der Kaiser jetzt ruhig die Organisierung der Ostmission, die Otto I. hatte abbrechen müssen, von neuem in Angriff nehmen« (Hauptmann). 18
    Dabei mag beiden der Märtyrertod des Adalbert von Prag sehr erwünscht gewesen sein. Dieser Sohn des Fürsten Slavnik von Libice (gest. 981) – der Namensgeber der mit den Premysliden vielleicht verwandten, sicher aber scharf konkurrierenden und von ihnen Ende September 995 ausgerotteten Slavnikiden (vier seiner Söhne kamen um, der fünfte fiel ein knappes Jahrzehnt später) – Adalbert hatte angeblich nicht mehr die Lasterhaftigkeit seiner Diözesanen ertragen (oder, wie andere meinen: die Reibereien mit seinem Oberherren Boleslav II., dem die Slavnikiden zu mächtig schienen). Der Bischof reiste nach Rom, wurde von Papst Johann XV. zur Rückkehr genötigt, geriet wieder in Konflikte, eilte erneut nach Rom, Gregor V. schickte ihn abermals zurück. Er weilte noch bei Kaiser Otto III. in Mainz, mit dem er das Schlafgemach teilte (S. 551), und ging dann zu den heidnischen Prußen (Pruzzen).
    Diese Altpreußen, deren Religion, eng verwoben noch mit der Natur, zahlreiche heilige Berge, Bäume, Wälder, Gewässer kannte, wehrten sich erbittert gegen ihre Christianisierung. Erst nach mehr als zweihundertjährigen Kämpfen, die besonders im 13. Jahrhundert durch den Deutschen Orden bis zur Entvölkerung ganzer Gebiete führten (S. 466), konnten die Prußen zur Annahme der Frohen Botschaft gezwungen, erst im 17. Jahrhundert endgültig mit den Deutschen verschmolzen werden.
    Bischof Adalbert wollte schon seinerzeit die Prußen »mit dem Zaume heiliger Verkündigung« bändigen, wurde aber rasch Blutzeuge, was er angeblich immer ersehnt hatte (obwohl er ja vor den eigenen Diözesanen wiederholt davongelaufen war – mehr noch vermutlich vor dem Böhmenherzog Boleslav II., dem Ausrotter der Slavnikiden, freilich auch Erbauer zahlreicher Kirchen und Klöster, daher »der Fromme«). Nun kaufte Polenfürst Boleslaw Chrobry »sofort um Geld Kopf und Glieder des herrlichen Märtyrers los« (Thietmar), und man errichtete gleichsam über der Leiche im Jahre 1000 das Erzbistum Gnesen. Ja Kaiser, Papst und Boleslaw selbst waren einverstanden, ihn zum König zu erheben. Doch vermutlich protestierten die Fürsten. So konnte Otto beim Festschmaus dem »Freunde und Bundesgenossen«, dem »Bruder und Mitarbeiter am Reiche« die eigene Krone nur symbolisch aufs Haupt setzen. 19
    Noch Bischof Thietmar aber, der den »verschlagenen« Polen alles andere als schätzt, meldet von diesem, Otto III. habe in Gnesen »einen Tributpflichtigen zum Herrn gemacht« (tributarium faciens dominum); und fleht Gottes Erbarmen auf den Kaiser herab, weil er Boleslaw »so hoch erhöhte«, daß der sich »unablässig erfrechte, Höherstehende allmählich in Untertänigkeit herabzuziehen, sie mit dem billigen Köder vergänglichen Geldes zu locken und zum Schaden für Knechte und Freie zu fangen«.
    Die polnische Seite sieht dies natürlich anders. In der ältesten Chronik des Landes erscheint der Piastenstaat, jetzt Polonia genannt, innerhalb des imperium als ein Deutschland ebenbürtiges Reich. Herzog Boleslaw selbst, dieser »athleta Christi«, dieser »rex christianissimus«, wie ihn die Zeitgenossen preisen, wird mit römischen Ehrentiteln überhäuft. Er wird »populi Romani amicus et socius«, Freund und Bundesgenosse des römischen Volkes, wird »frater et cooperator imperii«. Auch berichtet die älteste Chronik Polens, Otto habe dem Polenfürsten an kirchlichen Ehren übertragen, »was im Reiche der Polen zum Imperium gehörte«.
    Nun schrieb freilich Gallus Anonymus, der südfranzösische Benediktiner, seine »Cronica et gesta ducum sive principum Polonorum« erst im frühen 12. Jahrhundert. Und er war überdies in der Kapelle Boleslaws III. Krzywousty (Schiefmund, 1085–1138) tätig,

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