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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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südlich der Loire gelegene Land war besonders stark von römischer Kultur geprägt und, nach Kirchenschriftsteller Salvian, im 5. Jahrhundert der reichste Teil Galliens. Bisher weitgehend selbständig, hatte Aquitanien unter dem Zustrom heidnischer Basken u.a. mancherlei Formen von Partikularismus entwickelt; so wurden die »Romanen« von den Franken häufig verspottet, diffamiert. Während der vielen Feldzüge gegen die aquitanischen Herzöge, gegen ihren ins Kloster gesteckten Herzog Hunald (IV 484) sowie gegen dessen schlimmer als jedes Tier gejagten, dann heimtückisch ermordeten Sohn Waifar (IV 372 f.), haben die Franken Aquitanien »systematisch verwüstet, um durch Schädigung der Wirtschaft den Widerstand zu brechen« (Claude). Nach acht mörderischen Kriegen rang Pippin III. das Land nieder, doch wurde es weder von ihm noch von Karl »dem Großen« recht bezwungen.
    839 nun kam es im Herbst zu einer Heerfahrt Ludwigs gegen den eigenen Enkel – eine besonders unverschämte Attacke, weil dessen Vater Pippin I. in all seinen letzten Jahren stets unverbrüchlich zu Kaiser und Reich gehalten hatte. Kaum aber war Pippin tot, gab Ludwig die Enkel kaltblütig preis und begann, »die Ordnung in Aquitanien herzustellen«. Übte Pippin II. doch mit seinem Anhang, »überall umherziehend, wie es solcher Leute Art ist ..., Raub und Tyrannei«, behauptet jedenfalls Oberhirte Ebroin von Poitiers, das Haupt der Kaiserlichen. Daher bat der »edle Bischof« den Herrscher, »diese Krankheit nicht lange um sich greifen zu lassen, sondern bei Zeiten durch seine Gegenwart Heilung zu bringen, bevor diese Pest die Mehrzahl anstecke« (Astronomus).
    Der fromme Ludwig machte sich also stark für »die Ordnung«, die »Heilung« und – auch dies durch zwei Jahrtausende klerikale Schlagwörter wider alles, was priesterlicher Eigensucht nicht paßt – gegen »Krankheit«, »Pest«, hoffend, »mit Gottes Hilfe als Sieger aus Aquitanien« zurückzukehren. Er hatte starke Verbände aufgeboten, errang in einem strapaziösen Kleinkrieg auch Teilerfolge. Doch wurden seine Truppen durch »schwere Drangsale« dezimiert, durch einen entnervenden Guerillakrieg, zumal um die Felsennester der Auvergne, durch allerlei Streif- und Beutezüge, eine lähmende Hitzewelle, eine Seuche, »während die Übrigen unter den größten Schwierigkeiten zurückkehrten«.
    Auch im Norden erschütterten Aufstände Ludwigs Oberhoheit.
    So zog im Herbst 839, indes Majestät selbst »den Freuden der Jagd in den Ardennen« frönte, ein ostfränkisch-thüringischer Heerbann unter den Grafen Adalgar und Egilo gegen die Sorben, ein sächsischer gegen die Obodriten und Linonen. Elf feste Plätze der Sorben wurden erobert, ihr König Czismislaw fiel im Kampf, sein Nachfolger mußte Geiseln stellen und Land abtreten.
    Der Kaiser begab sich ins Winterquartier nach Poitiers, der seinerzeit reichsten Stadt Aquitaniens, feierte da die Feste der Geburt, der Erscheinung des Herrn, der Reinigung der seligen Maria, der reinen Magd, mühte sich zugleich um Unterjochung der Aquitanier und empfing eine neue Hiobsbotschaft: Sohn Ludwig beanspruchte »in seinem schon lange gewohnten Übermut die Herrschaft des Reiches bis zum Rhein« (Annales Bertiniani).
    Der Vater nämlich hatte sich im Jahr zuvor auf dem Wormser Hoftag mit Lothar, dem »verlorenen Sohn« (Nithard), in einem reichlich schmählichen Handel ausgesöhnt, ausgerechnet mit dem ungetreuesten, ihn am meisten drangsalierenden seiner Söhne. Und dies – angeblich unter dem Beifall aller – auf Kosten des dabei (bis auf Bayern zwischen Lech und Donau nebst den östlichen Alpenländern) enterbten Ludwig. So suchte der Monarch den jungen Karl zu schützen, um dessentwillen er ja gerade auch den Kindern seines Sohnes Pippin ihr rechtmäßiges Erbe geraubt hatte. Jetzt vertrieb er Ludwig, indem er ihm durch Thüringen »bis an die Grenze der Barbaren« folgte, so daß dieser sich den Rückweg durch das Slawenland auch noch erkaufen mußte und nur »mit großer Mühe« (Annales Fuldenses) nach Bayern heimkehren konnte. 75
    Doch gleich darauf verschwand der Herrscher selbst vom Schauplatz seines bewegten Erdenlebens.

Des Kaisers Tod

    Ludwig der Fromme, dessen Lunge verschleimt, dessen Brust geschwächt, der überhaupt vorzeitig altersgeschädigt und zudem durch ein unheilbares Geschwür, vielleicht ein Lungenemphysem, geschlagen war, begann unter häufigen Brustbeklemmungen, mit Brechreiz und bei gänzlichem Widerwillen gegen

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