Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert
viele Kriege führen, mußte er mit dem Schwert des Reiches Grenzen mehren und erweitern und, wiewohl »mild« zu den Seinen, »den Feinden furchtbar« (terribilis) sein.
Wie auch immer, Karlmann, »in der Ordnung der Reichsangelegenheiten ungemein tüchtig« (Regino), hatte, gierig offenbar von Anfang an nach Macht, nicht nur wiederholt die fränkischen Grafen im Ostland bekämpft, sondern auch seinen Aufstand wohl vorbereitet, hatte, friedliebend, wie er nun einmal war, 858 mit Rastislav von Mähren, dem Landesfeind, Frieden geschlossen, um Krieg gegen den eigenen Vater zu führen. Und mit Hilfe des Mährers bemächtigte er sich »eines großen Teils des väterlichen Reiches bis zum Inn« (Annales Bertiniani).
Dabei unterstützte ihn sein Schwiegervater, der mächtige Graf Ernst, »der erste unter den Adligen«, »der erste unter den Freunden des Königs«, nebst seinem gesamten Anhang, etlichen weiteren Grafen und dem Abt Waldo. Auch Graf Ernst hatte früher in Böhmen gekämpft, hatte dorthin 849 einen ostfränkisch-bayerischen Heerbann geführt, und 855 wird er wieder als »ductor« der gegen die Böhmen ziehenden Krieger genannt. Jetzt aber verlor Graf Ernst wohl wegen seiner »Untreue« seine Lehen. Ebenso entsetzte Ludwig die gräflichen Brüder Uto und Berengar sowie ihren Bruder Abt Waldo, die zu Karl dem Kahlen gingen. Und dem Slawenfürsten Pribina kostete Karlmanns Bund mit Rastislav das Leben. Der Prinz opferte ihn dem Mährer; Nachfolger in Pribinas Fürstentum am Plattensee wurde sein Sohn Kozel.
Karlmann selbst aber, der mit Rastislavs Beistand dem Vater einen großen Teil seines Reiches genommen hatte, bekam nach seiner Unterwerfung diesen Reichsteil wieder, mußte jedoch dem Senior 862. in Regensburg einen Sicherheitseid leisten. Er schwur ihm, »gegen dessen rechtmäßige Gewalt fernerhin nichts in böswilliger Absicht zu unternehmen«, kümmerte sich indes – der offiziöse Bericht bleibt etwas unklar – wenig darum, sodaß Ludwig 863 mit einem Heer gegen ihn zog, »um seinen Sohn zu bezwingen« (Annales Fuldenses). Dabei wurde dieser von seinen besten Truppen unter Graf Gunakar verraten. Der öffnete nämlich dem König durch die Preisgabe der Schwarzafurt am Semmering die Zugänge nach Karantanien (Kärnten), und so bekam der Verräter des Verräters diese Markgrafschaft.
Karlmann gelobte wieder eidlich Unterwerfung, blieb mehr als ein Jahr in Regensburg in »freier Haft«, aus der er jedoch 864 erneut entfloh, worauf er abermals abtrünnig wurde, bis er sich endgültig mit dem Vater versöhnte. Er lieferte ihm anfangs der 870er Jahre sogar den »König der Mähren« aus, und Ludwig der Deutsche ließ den später sehr christlich blenden und in einem Kloster verschwinden (S. 228) 58
Verrat war in diesen hochgeborenen katholischen Kreisen so macht- wie karrierefördernd und darum selbstverständlich. Man sieht das auch gleich wieder an Karlmanns höchstem politischem Würdenträger, seinem Erzkaplan und Erzkanzler, dem Erzbischof Thietmar von Salzburg (874–907). »Auf Thietmar stützte Karlmann seine politischen Pläne« (Schur). Beim Komplott aber der bayerischen Großen, einschließlich der Bischöfe, vor allem gegen Karlmanns Sohn Arnulf, ging Erzbischof Thietmar 879, noch zu Lebzeiten des schwerkranken Karlmann, zu Ludwig III. über.
Diesem zweiten Sohn Ludwigs des Deutschen, Prinz Ludwig (III. dem Jüngeren, um 835–882), unterstanden Ostfranken, Sachsen und Thüringen. Nach einem frühen Abfall hatte er sich schon 862 »mit den schwersten Eiden« (districtissimis sacramentis) verpflichtet, »seinem Vater künftig treu zu bleiben« (Annales Bertiniani), wofür er mit einer Grafschaft und der Abtei des hl. Crispin belohnt worden ist. Dann jedoch zettelte der jüngere Ludwig gleich drei Aufstände wider den Vater an: 866, 871 und 873.
Aber schließlich war Ludwigs III. Ratgeber, der Leiter seiner Hofkapelle und Hofkanzlei, kein anderer als Liutbert, »der Stadt Mainz edler Erzbischof« (863–889). Die »Fuldaer Jahrbücher« nennen diesen Edlen zwar einen »Friedliebenden«, vielleicht weil er 874 die Sorben und Siusler jenseits der Saale mitten im Winter bereits »durch Plünderung und Brand«, ohne Kampf ... in die alte Knechtschaft zurückbrachte. Doch konnte der Mainzer Metropolit auch ganz schön das Schwert schwingen, etwa 883 »nicht wenige« Normannen, 885 »sehr viele« niederstrecken – freilich auch wieder »Holz vom Heiligen Kreuze« tragen.
Das alles schließt sich
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