Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
Vom Netzwerk:
verewigte Verdammung.
    Anastasius hatte im Herrschaftsgebiet von Kaiser Ludwig II. Schutz gefunden und dieser mehrfach abgelehnt, den Flüchtling auszuliefern, worum der Papst sich unablässig mühte. Und als jetzt römische Gesandte Benedikts Wahldekret pflichtgemäß dem Kaiser zu überbringen suchten, wurden sie unterwegs, in Gubbio (Umbrien), durch einen der führenden Köpfe der Kaiserlichen, Bischof Arsenius von Orte, dem Vater des Anastasius, abgefangen und für diesen umgestimmt, so daß sie sich am Hof für ihn verwandten.
    Nachdem Benedikts Wahl für ungültig erklärt, der offiziell aus der Kirche ausgestoßene Anastasius aber, wohl etwas außerhalb der Legalität, in Orte zum Papst gemacht worden war, kehrte er in Begleitung von kaiserlichen Gesandten nach Rom zurück, wo zunächst viele zu ihm übergingen und er neue Gesandte Benedikts III. in Ketten legen ließ. Darauf begann er sein Regiment in St. Peter mit der Beseitigung seiner an der Wand verewigten Schmach sowie dem Zertrümmern und Verbrennen von Heiligenbildern, wobei er mit der Axt (schließlich war er ein ausgezeichneter Kenner der Kirchengeschichte) sogar die Figuren Christi und Marias zusammenschlug. Dann ließ er die Türen des Laterans aufbrechen, setzte sich auf den Päpstlichen Stuhl und befahl die Vertreibung seines in der Basilika auf einem anderen Stuhl thronenden Gegners.
    Diese Aufgabe löste der Bischof Romanus von Bagnorea. Mit einer von Waffen starrenden Schar drang er in die Kirche ein, stieß Benedikt vom Sessel und riß ihm, unter Mißhandlungen, die Papstgewänder herunter. Doch konnte sie der Malträtierte dank der Volksgunst und einer Umorientierung der Kaiserlichen – nach dreitägigem allgemeinen Fasten – wieder anlegen, während nun Papst Anastasius um seine Insignien gebracht, mit Schimpf aus dem Palast getrieben, vermöge der kaiserlichen Missi aber bloß in Hausarrest überführt worden ist. Ja, Benedikt ließ zwar das Verfluchungs-Dokument in St. Peter wiederherstellen, doch den Expapst, wenn auch nur als Laie, wieder in die Kirche aufnehmen, und allmählich stieg er erneut erstaunlich auf.
    Bereits Benedikts Nachfolger, Nikolaus I., machte Anastasius zum Abt. Er gab ihm gleichsam als kleine Kompensation für alle erlittene Unbill durch Mutter Kirche die Leitung und Einkünfte des Klosters der Heiligen Jungfrau in Trastevere, zog ihn aber auch schon als »eine Art Geheimsekretär«, als Konsulent, besonders in byzantinischen Belangen, heran, wobei Anastasius die Gelegenheit nutzte, ihn belastendes Material im päpstlichen Archiv zu vernichten. 15

Nikolaus I. – ein päpstliches Pfauenrad, »...als ob er der Herr des Erdkreises wäre«

    Nikolaus I. (853–867) war der Sohn eines Klerikers und wuchs sozusagen im Lateran heran. Er gewann unter drei Päpsten, Sergius II., Leo IV. und Benedikt III., dessen erster Berater er bereits war, immer größeren Einfluß. Und als Benedikt starb, der Kardinalpriester Hadrian zu kandidieren sich weigerte, trat Nikolaus an die Stelle des verstorbenen Papstes, und zwar, wie die Annales Bertiniani, die bedeutendste Fortsetzung der 829 abbrechenden Reichsannalen, melden, »mehr infolge der Anwesenheit und durch die Gunst des Königs Ludwig und seiner Großen als durch die Wahl der Geistlichkeit«. 16
    Kaiser Ludwig II. nämlich war kurz vor Benedikts Tod aus Rom abgerückt, dann jedoch sofort zurückgekehrt und hatte dem Diakon Nikolaus zur Befriedigung seines Ehrgeizes verholfen. Und Nikolaus revanchierte sich sogleich auf seine Weise bei dem abermals aus Rom abgereisten Ludwig durch einen Abschiedsbesuch. Umringt von Klerus und Adel ließ er bei der Ankunft sein Pferd ein Stück weit vom Kaiser am Zügel führen, sich darauf in dessen Zelt bewirten, reich beschenken und beim Aufbruch erneut den erniedrigenden Stratordienst leisten.
    So stolz begann dieses Pontifikat.
    Angeblich hatte ja schon Pippin III. im Januar 754 in seiner Pfalz Ponthion gegenüber Stephan II. nach dessen winterlicher Alpenüberquerung das demütigende Ritual zelebriert. Doch die fränkische Quelle (die Annales Mettenses Priores) weiß davon nichts. Vielmehr zeigt sie den Papst samt Gefolge in Sack und Asche flehentlich vor Pippin am Boden ..., was auch andere Berichte nahelegen (IV 380).
    Mittlerweile freilich hatten sich die Machtverhältnisse verändert, waren Fürstentümer und Königreiche versunken und die römischen Prälaten, nicht ohne ihr Zutun, weiter nach oben gelangt. Jede Menge Gewalt, Fehden,

Weitere Kostenlose Bücher