Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
Deutschland die Dinge zur Entscheidung getrieben. Heinrich, so unermüdlich um Kriegsdienste bemüht wie der Papst, hatte gründlich gerüstet, dann, bei einem Vorstoß auf Sachsen, Erfurt, einen Besitz der Mainzer Kirche, geplündert und verbrannt und schließlich, unter fortgesetzter wilder Verheerung des Landes, die Elster erreicht. Und dort prallten am 15. Oktober 1080 bei Hohenmölsen unweit Zeitz die Truppen beider Könige aufeinander.
Heinrich hatte sich zuvor, wie guten Christen zusteht, kirchlicher und himmlischer Hilfe versichert, hatte sich unter den Schutz der hl. Gottesgebärerin gestellt und die Kirche von Speyer überaus reich beschenkt. Die Erzbischöfe von Köln, Hamburg, Trier sowie weitere hohe Kleriker – sechzehn Prälaten insgesamt steckten in seinem Heer, wohl fast alle mit ihrer Soldateska – lieferten ihm geistlichen Zuspruch. Ja, noch unmittelbar vor dem Gemetzel intonierten die Priester ein wieder sehr christlich klingendes Gebet: »Gott, dessen die Rache ist, o Herr! Gott, dessen die Rache ist, erscheine!«
Gleichwohl verlor Heinrich IV. auch diese Schlacht, ging ein Teil seines Heeres in der Elster unter, vor allem durch die Feldherrenkünste Ottos von Northeim, während der Salier selbst kein begabter Schlachtenlenker, auch schon früh in die Flucht und weit vom Mordplatz fortgerissen worden war. Dabei hatten die im königlichen Lager weilenden Bischöfe kraft eines falschen Gerüchts bereits begeistert gesungen: »Herr Gott, Dich loben wir!« Wenig später aber traf die Leiche eines bayerischen Grafen ein, erscholl der Schrei: »Flieht, flieht!«, fiel das Lager mit all seinen Schätzen an Gold, Silber, Münzen, an kostbaren Kirchengefäßen, Gewändern, an Waffen und Pferden sowie dem aus Erfurt mitgeschleppten Raub dem sächsischen Sieger anheim.
Dennoch geriet Heinrich die Niederlage zum Vorteil. War Gegenkönig Rudolf von Rheinfelden doch nicht nur am Unterleib schwer verwundet worden, sondern hatte im Gemetzel auch die rechte Hand verloren, die Schwurhand, mit der er einst Heinrich die Treue gelobt; und er starb kurz darauf; »starb«, wie seine Grabplatte im Merseburger Dom verkündete, »für das Gesetz der Väter ... als heiliges Opfer des Krieges. Der Tod war ihm Leben; denn er fiel für die Kirche.« Ja, der Krieg heilig, das Blut für die Kirche, und der Tod das Leben, jeder Wert, wie üblich, verkehrt.
Nicht der Gegner des Papstes aber, wie vom Papst prophezeit, war gefallen, nein, sein Partner. Und der Verlust der rechten Hand, womit er einst Heinrich die Treue geschworen, wirkte tief auf die Mentalität der mittelalterlichen Menschen. 68
Rudolfs Tod war der schlimmste Schlag für die päpstliche Deutschlandpolitik. Denn Heinrich, sein Anhang und weithin das Volk sahen im Ende seines Widersachers ein Gottesurteil. Und was die Heinricianer beträchtlich stimulierte, entmutigte die deutschen Gregorianer. Erst am 6. August 1081 wählte eine kleine Gruppe schwäbischer und sächsischer Fürsten in Ochsenfurt am Main Hermann von Salm aus dem Hause Luxemburg zum Nachfolger des gefallenen Gegenkönigs. Und Ende des Jahres krönte ihn Erzbischof Siegfried von Mainz in Goslar, wo er gewöhnlich residierte.
Der neue Mann, dessen Erhebung der Papst emsig betrieben hatte, war eine bedeutungslose Figur. Als Voraussetzung für seine Anerkennung verlangte Gregor von ihm Gehorsam gegenüber all seinen Befehlen. Und Vasallenhuldigung bei der ersten Begegnung. Ein Friedensangebot Heinrichs dagegen wies der Römer ab und wiederholte seine Exkommunikation und die seiner Anhänger. »Die Hauptsache schien ihm, den Bürgerkrieg in Deutschland nicht erlöschen zu lassen« (Haller). Doch trotz einiger Schlachtenerfolge konnte sich der Lützelburger nur in Ostsachsen halten, mußte sogar vorübergehend zu den Dänen fliehen und zog sich zuletzt wieder nach Lothringen zurück. 69
Inzwischen hatte Heinrich im Frühjahr 1081 die Alpen überschritten, um endlich Gregor aus Rom zu vertreiben, dort seinen in Brixen aufgestellten Papst einzuführen und selbst die Kaiserkrone zu gewinnen. Und während er über Verona und Ravenna ungehindert vorrückte, rüstete der Papst, befestigte er Burgen, verstärkte die Mauern der Städte, besonders natürlich die Roms. Auch versuchte er noch einmal, Robert Guiscard von seinem Unternehmen gegen Byzanz abzuhalten und ihn statt dessen in den Krieg gegen den deutschen König zu ziehen. Der Normanne aber dachte nicht daran und stach um den 20. Mai von Otranto
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