Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
vehementen Kampf für die »Rechtgläubigkeit«. Dabei attackierte er zum Beispiel nicht nur die Häresie Tanchelms, sondern bezichtigte sogar Abt Rupert von Deutz, »Bahnbrecher und Meister der betenden mystischen Gotteswissenschaft, mit heiligmäßigem Lebenswandel« (Lexikon für Theologie und Kirche), der »Ketzerei«, einen Gregorianer, der als Seliger, Heiliger, da und dort als Kirchenlehrer geehrt wird (Ordensfest 4. März). 20
Noch im Jahr 1130 wurde in Sachsen Heinrich Raspe I., der Bruder des Grafen Ludwig von Thüringen und Fahnenträger des Königs, gemeuchelt, ohne daß man die Täter entdeckte. Liquidiert wurde seinerzeit auch der mit Lothar befreundete friesische Graf Burchard von Loccum. Die Untat geschah auf dem Boden eines Kirchhofs, der als Asyl galt. Und der König selbst rächte sich für »Ausschreitungen« der Bürger von Halle, indem er durch ein Truppenkontingent – denn bloße Bürger traktierte man gewöhnlich anders als den Adel – manchen die Glieder abschneiden, andern die Augen ausstechen, wieder andere wenigstens erheblich schröpfen ließ.
Im Sommer 1132 fiel Friedrich »dux Suevie de Sthouf« über die welfischen Güter in Südschwaben her. Und nachdem er geraubt, verwüstet, niedergebrannt hatte, zahlte ihm Heinrich von Bayern mit gleicher Münze heim, indem er die staufischen Gebiete plünderte, verheerte, vernichtete, Aktionen mit Feuer und Schwert, doch ohne tiefere Bedeutung, außer daß sich eben der Herren edler und christlicher Charakter so edel wie christlich offenbaren konnte.
Noch während des Winters 1132/1133 rückte Herzog Heinrich in Verfolgung seiner territorialen Pläne gegen den Bischof von Regensburg vor, konnte aber nur dessen Vorstädte brandschatzen. Und noch Anfang Februar ruinierte er die gesamten Güter des Grafen Otto von Wolfratshausen, eines Bischofsneffen, und äscherte auch dessen Burg Ambras am Inn ein. Nur Wolfratshausen selbst schonte der fromme Heinrich, um die »heilige Fastenzeit« nicht zu verunehren. Doch holte er es bald nach, zernierte die Burg, raubte sie aus und brannte sie ab. Wie in Bayern wüteten in Schwaben und in Norddeutschland Fehden. Und 1134 besiegte Lothar den Schwabenherzog völlig.
Man rückte in diesem Jahr von zwei Seiten, der Kaiser von Norden, Schwiegersohn Heinrich von Osten her, gegen die Staufer vor. Ulm, ihre schwäbische Hauptstadt gegen Bayern, wurde von ihnen verlassen, schließlich der Ort von den Gegnern erstürmt und alles, mit Ausnahme der Kirchen, im Feuer vernichtet, anschließend der größte Teil Schwabens verheert, die Burgen geschleift; noch nie, hieß es, habe ein König das Land so furchtbar bestraft. Die Staufer verloren ihren Anhang, der zum Kaiser eilte, um Gnade flehte, bis Friedrich selbst in Fulda sich gebrochen in Lothars Hand gab. Und der päpstliche Legat, Kardinal Gerhard, der den Herrscher seinerzeit ständig begleitete, befreite Friedrich von einem gleich dreifachen Bann: dem des deutschen Klerus 1127 (Würzburg), dem des Honorius II. 1128 (Rom), dem des Innozenz II. 1131 (Lüttich). 21
Kämpfe der Päpste und Gegenpäpste und Kardinalkanzler Haimerichs Regie
Papst Calixt II. war im Dezember 1124 gestorben, und die Kardinäle hatten einstimmig einen neuen Herrn gewählt, der sich Coelestin II. nannte. Man sang gerade das Tedeum, als ein Frangipane mit einer Horde Draufgänger und im Einverständnis mit dem Kardinalkanzler Haimerich, dem nun in zwei Pontifikaten politisch maßgeblichen Mann der Kurie, das fromme Gremium auseinanderjagte und den Kardinal Lambert von Ostia, Verhandlungsführer beim Abschluß des Wormser Konkordats, zum Papst Honorius II. (1124–1130) machen ließ. Durch enorme Bestechungen, die Leo Frangipane und der aus Burgund stammende, an der Kurie dominierende Kanzler Haimerich (1123–1141), der auch den nächsten Papst noch durchbrachte, einsetzten, gewannen sie die Führer der Partei Coelestins, den Stadtpräfekten Petrus und Pierleone, worauf Coelestin, gezwungen oder überredet, resignierte. Obwohl kanonisch gewählt, wenn auch weder geweiht noch inthronisiert, gilt er als Gegenpapst.
Lothar gab seine Wahl und Krönung gleich in Rom bekannt. Das war üblich. Ob er den Papst durch Bevollmächtigte, den nach Italien zurückkehrenden Legaten Kardinal Gerhard von S. Croce und die beiden Reichsbischöfe Burchard von Cambrai und Heinrich von Verdun, um eine Bestätigung der Wahl bat, ist nicht sicher. Doch steht fest, daß Honorius sie bestätigte und dagegen kein
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