Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
Vom Netzwerk:
ihm, fielen aber, umgestimmt durch Bernhard von Clairvaux und König Heinrich I., von ihm ab. Ähnlich ging es in Deutschland. Nach monatelangem Schwanken und einer heftigen Verleumdungskampagne gegen Anaklet anerkannte man schließlich, unter dem entscheidenden Einfluß des Magdeburger Erzbischofs Norbert, gleichfalls Innozenz im Oktober 1130 auf dem Reichstag und der Synode zu Würzburg unter Lothar III. Um seine Gunst hatten beide Päpste sich bemüht, Anaklet eher etwas zurückhaltender, Innozenz immer etwas eifriger, da er zweifellos mit mehr Unrecht Papst geworden, weshalb er auch – am 11. Mai 1130 – behauptete, Anaklet trachte ihm mit Dolch, Gift und jeglichem Verrat nach dem Leben.
    Anaklets II. Hauptbundesgenosse blieb Roger II., der zielstrebige Eroberer. In der Bulle vom 27. September 1130 machte der Römer Apulien, Kalabrien, Sizilien zum erbberechtigten Königreich. Im strikten Gegensatz zum Vertrag von Benevent erkannte er Roger auch die Herrschaft über Capua und Neapel zu, sogar ein Aushebungsrecht im päpstlichen Benevent. Die Salbung des Königs erfolgte mit großem Pomp im Dom von Palermo noch an Weihnachten durch einen Erzbischof der Insel in Gegenwart von Anaklets Legaten.
    Rogers Würde stammte gewissermaßen von Anaklet II., und dessen Macht wiederum stand und fiel mit Roger II,, einem der bedeutendsten Regenten seiner Zeit. Gegen die Opposition des Papstes und der beiden Kaiserreiche schuf er das neue sizilianische Königtum mit einem gemeinsamen Recht und einer wohlorganisierten Bürokratie. Er erwarb die Achtung seiner Völker, die 1154 seinen Tod betrauerten. Und er gewann mäzenatischen Ruhm, indem er vorzügliche Köpfe, Gelehrte, Dichter, Künstler der arabischen wie lateinischen Kultur, an seinem Hof versammelte. Auch legte Roger II. 1131 den Grundstein zu der ungewöhnlich eindrucksvollen Kathedrale von Cefalù. 25

Wie Innozenz II. mit König Lothar umging

    Papst Innozenz II. hatte schon am 18. Februar 1130 von König Lothar noch im laufenden Jahr einen Romzug erbeten – das große Thema seines Pontifikats. Und mit einem solchen Zug verband sich natürlich Krieg, Krieg gegen seinen Widersacher Anaklet, Krieg gegen dessen Stütze Roger von Sizilien. Doch Lothar, umworben von beiden Päpsten, war unentschlossen, war zunächst keinesfalls für Innozenz gestimmt, duldete dessen Legaten nicht einmal in seiner Nähe. Dafür hatte freilich der hl. Norbert um so mehr sein Ohr, und der Magdeburger und die Legaten bearbeiteten die deutschen Bischöfe. So erkannte die Synode von Würzburg, die der König im Oktober zur Entscheidung der Sache einberufen hatte, Innozenz an und verwarf Anaklet. Lothar akzeptierte den Spruch, und Innozenz, glücklich über seinen Sieg, erbat alsbald durch eine Bischofsgesandtschaft von dem deutschen Monarchen eine Zusammenkunft.
    Sie fand auf dem Reichstag in Lüttich 1131 statt.
    Zuvor aber hatte er noch eine Begegnung mit Ludwig von Frankreich, danach mit Heinrich von England, der mehr Anaklet zuneigte, dann jedoch, um nicht aus der Reihe zu tanzen, der Entscheidung der beiden Fürsten folgte. Stolzgeschwellt und siegessicher ritt Innozenz im März auf einem Schimmel in Lüttich ein, und Lothar leistete im Beisein von beinah drei Dutzend Bischöfen, fast allen deutschen, mehr als fünfzig Äbten, darunter auch Bernhard von Clairvaux, und vielen weltlichen Großen dem Papst den Marschall- und Stratordienst, zu deutsch die Arbeit eines Stallknechts: er führte sein Pferd bis zu seiner Wohnung am Zügel und half ihm beim Absteigen. All dies war von beträchtlicher symbolischer Bedeutung und mehr, zumal die römische Kurie aus dem officium marscalci und officium stratoris, der Pflicht des Vasallen gegenüber dem Lehnsherrn – nach kurialistischer Fiktion erstmals von König Pippin 754 Papst Stephan II. geleistet (IV 380) –, die Lehnsabhängigkeit des Kaisers vom Papst abgeleitet hat.
    Lothar bedachte den Herrn mit reichen Geschenken, mit Festmahlen, und erklärte sich vor allem zur Militärhilfe, zur Rückeroberung Roms für den Papst und zur Beseitigung seines Rivalen Anaklet bereit – wohl die größte Erwartung, mit der Innozenz nach Lüttich gekommen war. Der Kirche noch immer sehr willfährig gesinnt, versprach der König »ohne Zögern« (Otto von Freising) seinen Beistand, ließ auch gleich die Fürsten die Heerfahrt beschwören. Doch als er selbst vom Papst eine – gewiß nicht geringe – Gegenleistung forderte, ein Entgegenkommen in der Frage der

Weitere Kostenlose Bücher