Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
Einspruch des Königs, dessen Thronerhebung der Papst unterstützt hatte, überliefert ist.
Nun nützte der so anfechtbar aufgestiegene Honorius II. die kirchenpolitisch relativ ruhigere Zeit nach dem Wormser Konkordat nicht nur zum Ausbau theologischer Doktrinen. Anderes bewegte und bewegt die Stellvertreter gewöhnlich sehr viel mehr.
Da war zum Beispiel der Kirchenstaat, für den die päpstlichen Friedensfürsten stets die Waffen hoben, schien die Stunde günstig. Kleinere und größere Buschkämpfe mit den Herren von Latium etwa oder mit anderen gab es häufig. So führten die Heiligen Väter zwischen 1121 und 1129 fast Jahr für Jahr Krieg mit den Grafen von Ceccano und deren Genossen. Halb Rom lag in Trümmern, die Kirchen, zu Festungen umgebaut, starrten oft von Waffen, besonders die Kathedrale von St. Peter, und Honorius II., der sein heiliges Amt erst Ende Dezember 1124 angetreten, schwang schon im März nächsten Jahres das Kriegsbeil gegen Gottfried, Landulf und Rainald von Ceccano. Er brannte mehrere Orte und Kastelle nieder, eroberte 1126 Segni und Vicolo und führte auch 1127 und 1128 Fehden. 22
Ein weit größeres Feld freilich eröffnete sich ihm seinerzeit in Süditalien, wo er die Expansion Rogers II. von Sizilien zu stoppen suchte, um selbst das Land zu regieren.
Roger II. war ein Brudersohn Robert Guiscards, und sein Vater, Roger I., hatte einst Sizilien erobert (S. 226), das nun Roger II. mit Kalabrien und Apulien zu einem Königreich vereinen wollte. Er dominierte dort deutlich, und ein so starker Nachbar, der zudem sehr eigenmächtig Kirchenpolitik trieb, war dem Papst nicht genehm; so drängte er, wie schon Gregor VII., auf eine Spaltung Süditaliens. Dort war im Juli 1127 in Salerno Herzog Wilhelm von Apulien, ein Enkel Robert Guiscards, jung und ohne Nachkommen gestorben. Roger II., sein Vetter, hatte dem Wilhelm schon Kalabrien abgekauft und wollte jetzt auch den Rest des Herzogtums für sich. Dem Papst als Oberlehnsherr bot er dafür viel Geld und zwei apulische Grafschaften. Honorius II. aber, auf Spaltung sinnend, belehnte den Robert von Capua, erhob ihn zum Fürsten, schloß Roger II. aus der Kirche aus, verfluchte ihn wiederholt und führte, noch im Winter 1127/1128 und im darauffolgenden Sommer zwei Feldzüge gegen ihn. Dabei trabte er beim zweiten selbst an der Spitze von 200 oder 300 Rittern. Und weitere Verbündete stießen zu ihm. Überdies verhieß er jedem, der im Krieg für den heiligen Petrus den Tod fände, den ganzen, jedem Überlebenden aber bloß den halben Sündennachlaß. Ja, wer wollte da noch überleben!
Doch es kam gar nicht zu der vom Papst gewünschten Schlacht. Der kluge Roger, mit seinen Truppen in der Minderheit, wich den Gegnern aus, hielt sie hin, ließ sie wochenlang in der Juli-, der Augusthitze schmoren, bis Robert von Capua den Strapazen, wie er erklärte, nicht gewachsen, sich absetzte und andere ihm folgten. Auch der Heilige Vater trat darauf den glanzlosen Rückzug an, ja, lenkte rasch ein, indem er am 23. August 1128 vor Benevent, wo er einst Roger II. gebannt, nun mit dem Herzogtum Apulien belehnte, was diesen rechtlich ermächtigte, auch bisherige Verbündete des Papstes zu bekämpfen. Und kaum hatte Honorius Benevent im Rücken, erhob sich das Volk, stach den von ihm eingesetzten Rector, verkrochen unter den Gewändern eines Messe lesenden Priesters, kaltblütig am Altar zusammen, schleppte den noch Lebenden durch die Straßen und steinigte ihn zu Tode. 23
Honorius II. war gebrochen und überlebte seine Niederlage nicht lang. Zu Beginn des Jahres 1130 erkrankte er schwer. Kanzler Haimerich, der eine Minderheit der Kardinäle anführte, brachte den Todkranken vom Lateran in das Kloster S. Gregorio, nahe den Festungen der Frangipani, seiner Freunde. Und kaum war Honorius in der Nacht auf den 14. Februar 1130 gestorben, ließ ihn der mächtige Kanzler, der natürlich sein einflußreiches Amt weiter behalten wollte, sogleich und ohne die geringste Feierlichkeit auf dem Klosterfriedhof provisorisch verscharren, um rasch, alles in aller Heimlichkeit, handstreichartig, den nächsten Heiligen Vater wählen zu können. Und noch in der Nacht rief man den Kardinaldiakon Gregorio Papareschi als neuen Papst, Innozenz II. (1130–1143), aus, riß den Toten wieder aus seiner Grube und führte beide Stellvertreter Gottes, den toten und den lebenden, in den Lateran, wo Honorius in einer Gruft verschwand und Innozenz die Insignien seiner »Würde« bekam.
Drei
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