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Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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Romzug ersucht. Und »wie unentbehrlich, wie nützlich er bei diesem Unternehmen der Kirche war, hat sich schon bald gezeigt« (Vita Norberti).
    Selbst der einzige Punkt, in dem der Papst dem deutschen Kaiser entgegenzukommen schien, war letztlich zugunsten des Papsttums selbst.
    Die Sache betraf die riesigen Mathildischen Güter, künftiges Streitobjekt zwischen Kaisern und Päpsten. Die Gräfin hatte 1111 Kaiser Heinrich V. zum Erben ihrer ursprünglich für das Papsttum (S. 271) vorgesehenen, äußerst umfangreichen Besitzungen gemacht. Jetzt aber belehnte und belohnte sozusagen Innozenz, nachdem er den deutschen Herrscher wegen seiner religiösen Haltung, seiner Verteidigung der Kirche, all seiner Mühen und Geldgaben »für den heiligen Petrus« kräftig gelobt, mit dem Allodium der Mathilde, »unter der Bedingung, daß Du Uns und Unseren Nachfolgern jährlich hundert Pfund Silber entrichtest, und daß nach Deinem Tode die Gesamtmasse der Güter ohne Abzug und Lasten an das Recht und die Herrschaft der heiligen römischen Kirche zurückfalle« (et post tuum obitum proprietas ad ius et dominium sanctae Romanae ecclesiae cum integritate absque diminutione et molestia revertatur).
    Damit hatte der schlaue Papst all das, was er scheinbar dem deutschen Reich zukommen ließ, dem es ja seit 1111 schon gehörte, sich und seinen Nachfolgern geschenkt, was Lothar durch seine Annahme nicht nur authentisierte, sondern wofür er auch noch eine jährliche Zinszahlung von hundert Pfund Silber versprach. Ob der zum Kaiser Gekrönte aber nun als Lehnsmann des Papstes, als dessen Untertan gleichsam, vor der Öffentlichkeit stand oder nicht, Papst und Kurie sahen es so. Und als Innozenz zum erstenmal Herr auch in Rom war, der Kaiser tot und Rivale Anaklet tot, ließ er, »der edle, vornehm gesinnte Papst« (Bischof Otto von Freising), seinen Triumph an eine Wand des Laterans malen: er thronend über dem gebeugten, mit gefalteten Händen die Kaiserkrone empfangenden Lothar, dazu die Beischrift:
    »Vor dem Tore beschwört der König die Rechte der Römer, Wird dann des Papstes Vasall (post homo fit papae); von ihm empfängt er die Krone.«
    Kaiser Friedrich I. Barbarossa bestand gegenüber Papst Hadrian IV. auf Vernichtung des Gemäldes und erlangte sie. 30
    Lothars Romzug hatte im Grunde nichts geändert. Und nach seinem Abmarsch aus der Stadt, die er nie wieder betrat, ging dort der Kampf der beiden Päpste weiter, wobei ein Frangipane umkam und Innozenz noch im Sommer bei Nacht zur See – angeblich, damit er seinen Brüdern näher, seinem gläubigen Anhang leichter erreichbar sei – nordwärts floh und dann nach Art so vieler seiner Vorgänger nicht aufhörte, vom Kaiser, der ja zurückmarschiert war, ohne gegen Roger vorgegangen zu sein, einen neuen Romzug zu fordern, der für Innozenz nicht rasch genug kommen konnte; »unablässig arbeiteten seine Sendlinge« (Bernhardi).
    Im Sommer 1133 eroberte Roger in Kürze fast ganz Süditalien. Innozenz war über Siena nach Pisa entwichen. Und da der Sizilianer sogar in Konflikt mit Konstantinopel geriet, bemühten sich jetzt die Griechen und der Papst gemeinsam, Kaiser Lothar zu einer weiteren Invasion zu treiben. Der hl. Bernhard reiste deshalb eigens nach Deutschland, und der Heilige Vater befahl zur Stärkung des deutschen Heeres Bischöfen und Äbten die Teilnahme am Krieg. 31

Ein zehnjähriger Landfriede, ein großer Krieg und die Erbärmlichkeit des Menschengeschicks

    Otto von Freising beschreibt die Zeit zwischen Lothars beiden Italienzügen 1133 und 1136 mit den vielsagenden Sätzen: »Von Rom kehrte der Kaiser nach Deutschland zurück. Bald darauf hielt er um die Mitte der Fastenzeit in Bamberg einen allgemeinen Reichstag ab; hier versöhnte er sich durch Vermittlung des Abtes Bernhard von Clairvaux mit den beiden Herzögen Friedrich und Konrad; nachdem so der Friede wiederhergestellt und in Frankreich und Deutschland überall Ordnung geschaffen war, sagte er erneut einen Zug nach Italien an.«
    Die alte Erfahrung bestätigt sich: sorgten die christlichen Führer jener Jahrhunderte umfassend für Friede und Ordnung, begannen sie gewöhnlich einen neuen Krieg. Denn einmal beiseite die notorische Volksverblödung, Ausbeutung und systemimmanente Heuchelei, lebten diese christlichen Reiche und Reichen von nichts mehr als von Eroberung und Raub: der alles – vom kulturellen Klingklang bis zum klerikalen Singsang – tragende Grund, die scheinbar gottgewollte Daseinsbasis. So

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