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Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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Anhänger Anaklets, der Abt Rainald, der auch ins Lager beider Christenhäupter kam, wo man sich zunächst eine ganze Woche darüber erhitzte, ob das Kloster der römischen Kirche direkt oder dem Reich als Reichsabtei und reichsunmittelbares Fürstentum unterstehe. Denn der Papst gedachte den schismatischen Abt zu entfernen, der Kaiser nicht. Vorerst blieb er auch im Amt. Doch später ließ ihn Lothar auf Druck des Papstes fallen. Er hatte bei Problemen mit diesem ja fast immer den kürzeren gezogen. Als Innozenz aber die Neubesetzung vornehmen wollte, drückte der Herrscher, der wohl kaum sehr geschwellt auf eine lange Romhörigkeit zurückschauen mochte, seinen Kandidaten, den von Innozenz strikt abgelehnten Lothringer Wibald durch, wenn auch erst nach der Drohung mit dem Bruch zwischen Kirche und Reich.
    Indes gab es eine noch gewichtigere Kontroverse.
    Innozenz nämlich glaubte, der Kaiser habe alle Eroberungen in Unteritalien für ihn, den Papst, die römische Kirche gemacht. Deshalb wollte auch er allein über die Verleihung des Herzogtums Apulien entscheiden. Der Kaiser aber war ganz anderer Meinung. Sah er sich doch, durchaus in Übereinstimmung mit der Mehrheit seiner Großen und dem Heer, als Fortsetzer der von Heinrich dem Heiligen mit Meles von Bari (S. 114 ff.) begonnenen Süditalienpolitik. So verlieh er Apulien zuletzt gemeinsam mit dem Papst, indem beide zugleich die Fahne des Herzogtums erfaßten und den Grafen von Alife und Caiazzo, den Normannen Rainulf Drengot, als Herzog einsetzten. Er hatte Apulien für seinen Schwager Roger II. mit erkämpft, war dann freilich, verlassen von der nach Sizilien zurückkehrenden Gattin, Rogers erbitterter Feind und im April 1135 Bundesgenosse des Papstes geworden. Mit der gemeinsamen Belehnung hatte man das Problem natürlich nur vordergründig gelöst, in Wirklichkeit bloß ein neues geschaffen, den Herzog zum Diener zweier Herren gemacht. 36
    Doch die kaiserlichen Truppen, auch durch Seuchen gefährdet, hatten den Krieg für die Kirche bereits satt. Erst recht war Lothar selbst rundum abgekämpft, erschöpft. Seine Tage gezählt wissend, trachtete er nach Deutschland zurück. Er zog an Rom vorbei, wo Anaklet gebangt haben dürfte, leistete aber dem ihn noch begleitenden Innozenz einen letzten Dienst, indem er Anaklet das Kloster Farfa entriß und dabei einen reichen, befestigten, heftig widerstehenden Ort nach seiner Eroberung verbrennen, die Einwohner abstechen oder in Abgründe zu Tode stürzen ließ.
    Vor diesem Szenario verabschiedete sich der Heilige Vater, während der hinfällige Kaiser, durch häufigen Widerstand hindurch, weiter nach Norden strebte, da und dort kleine Gemetzel veranstaltete und gelegentlich ein paar »Übeltäter« ihrer Nasen beraubte.
    Die Vergeblichkeit seines Italien blutig verheerenden Kriegszuges aber zeichnete sich schon ab. Denn Roger, bereits von Sizilien nach dem Festland übergesetzt, drang dort vor, nun seinerseits eine Blutspur ziehend, feindliche Städte zerstörend, sogar, wie in Capua, Kirchen nicht schonend, plündernd, Nonnen schändend, auch das Gebiet Monte Cassinos heimsuchend und dem kaiserlichen Abt Wibald, der sich ihm zu nähern suchte, androhend, fiele er in seine Hände, würde er ihn unfehlbar hängen lassen; worauf der zur Nachtzeit heimlich mit vierzehn Mark Silber aus seiner Abtei Richtung Deutschland verschwand.
    Lothar eilte immer rastloser, immer kränker nordwärts und Sachsen zu. Im späten November überquerte der Hochbetagte im Beisein der treuen Richenza, die ihn auf dem Zug begleitet und zunehmend häufiger vertreten hatte, bereits vom Tod gezeichnet, den Brenner. Er kam bis in die Nähe der bayerischen Grenze und starb am frühen Morgen des 4. Dezember 1137, schon auf dem Gebiet seines Schwiegersohnes Heinrich, in einer elenden Bauernhütte des Dorfes Breitenwang bei Reutte in Tirol – »ein Memento«, so Otto von Freising, »an die Erbärmlichkeit des Menschengeschicks hinterlassend«. Nur seine Leiche gelangte noch in die ersehnte Heimat und wurde am 31. Dezember in Königslutter beigesetzt. 37

9. Kapitel

Der erste Stauferkönig, Kreuzzüge wie vom Fließband und ein Heiliger Kirchenlehrer
    »Wibald ..., der Abt von Corvey und später von Stablo und geschätzter kirchlicher Ratgeber Konrads III. und, so kann man sagen, der eigentliche Kanzler des Reiches. Wibald ist einer der Hauptverantwortlichen für Konrads Politik gegenüber der römischen Kirche, eine Politik, die genauso hörig-ergeben

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