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Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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schlimme Los des Klerus (!), aber er freute sich über das Schicksal des hochmütigen Volkes, das, wie er aus diesen Anzeichen erkannte, fast ohne Hoffnung und der Verzweiflung nahe war.«
    Nun, immer Grund für ein gutes christkatholisches Herz, sich herzlich zu freuen. Tortona wurde nach zweimonatiger Belagerung nicht durch Waffen, sondern, wie so häufig bei Zernierungen im Mittelalter, durch Hunger und Durst bezwungen und durch Vermittlung des Abtes Bruno von Chiaravalle in Bagnolo am 18. April 1155 übergeben, da Friedrich dem Abt versprochen hatte, die Stadt in ihrem Stand zu lassen. Tatsächlich aber wurde sie vollständig ausgeraubt, in Asche gelegt und dem Erdboden gleichgemacht. Nach einer alten Quelle sollen die Pavesen Barbarossa Geld gegeben haben, damit er Tortona zerstören lasse.
    Nach all diesen soldatischen Triumphen konnte sich Friedrich I. Barbarossa am folgenden 24. April in einer pomphaften Krönungszeremonie in der Kirche San Michele von Pavia die eiserne Krone des Königs von Italien aufs stolze Haupt setzen. In der Tat war der geleistete Terror in diesen ersten sechs Monaten südlich der Alpen beachtlich, dagegen die Bilanz, auf das Wesentliche hin gesehn, »nicht sehr ermutigend« (Cardini). 9

Barbarossa wird Kaiser – und einige Randerscheinungen

    Anfang Juni erschien der König vor Rom.
    Dort war inzwischen auf Eugen III. und den kurzen, kaum fünfmonatigen Pontifikat des hochbetagten Anastasius' IV. im Dezember 1154 Nikolaus Breakspear als Hadrian IV. (1154–1159) gefolgt, bis heute der einzige Engländer unter allen Päpsten. Hadrian IV., ein armer Schreiber- und Mönchssohn, war selbstbewußt und herrisch. Als römischer Legat hatte er zwischen 1150 und 1153 die norwegische Kirche organisiert, die schwedische reformiert, und als eine »Frucht« davon heimste Rom seitdem von beiden Ländern den »Peterspfennig« ein. Hadrian wollte den Vorrang des Papsttums vor den Kaisern, während Barbarossa ein Reich wie unter Karl I. und Otto I., den beiden »Großen«, erstrebte, was schlecht harmonierte.
    Doch mit Römern und Normannen hatte der Pontifex eher größere Probleme. So verhängte er zunächst über seine aufsässigen Diözesanen kurz vor Ostern ein Interdikt, was nie zuvor ein Papst gegen Rom selbst hatte anzuwenden gewagt. Hadrian aber nahm die Verwundung eines von den zunehmend priesterfeindlichen Römern gedolchten Kardinals zum Anlaß dafür. Der Termin vor Ostern war gut kalkuliert. Es gab nun keine Gottesdienste mehr in Rom, kein Glockenläuten, keinen Sakramentenempfang, kein Bestatten der Toten in geweihter Erde. Die Römer bangten deshalb um die Pilgerbesuche, bangten um ihr Fremdengeschäft, sie übergaben zwar nicht die Stadt, aber wiesen Arnold von Brescia aus, was der Papst beabsichtigt hatte. Wenige Menschen mochten ihm verhaßter sein als dieser so lautere, leidenschaftliche, so wortgewaltig die kirchlichen und zumal kurialen Zustände geißelnde Geist, der die Überheblichkeit, Habsucht, Heuchelei, die mannigfache Verderbtheit gerade des Kardinalkonvents angeprangert, der diesen als Bank- und Schacherhaus, eine Spelunke von Räubern gebrandmarkt hat, welche die Geschäfte der Pharisäer und Schriftgelehrten betreiben im Christenvolk. »Selbst der Papst ist nicht, was er zu sein behauptet, ein apostolischer Mann und Hirte der Seelen, sondern ein Blutmensch ist er, der Mord und Sengen mit seinem Amte heiligt, ein Peiniger der Kirchen und Ängstiger der Unschuld; nichts anderes treibt er auf dieser Welt, dann daß er sein Fleisch pfleget; die eigenen Beutel füllt er an und fremde Beutel leert er aus ...«
    Durch Barbarossa, der Arnold gefangennahm, bekam ihn der Papst in seine Gewalt, und der Präfekt von Rom, Petrus I. von Vico, ließ ihn in Monterotondo heimlich hängen. Mit großer Gefaßtheit starb er, seine Leiche wurde verbrannt, die Asche in den Tiber gestreut. (Im 20. Jahrhundert geht ein künftiger Papst, Paul VI., als Gymnasiast in ein Lyzeum »Arnaldo di Brescia«.)
    Es gab aber einen zweiten und noch gefürchteteren Gegner Hadrians, König Wilhelm I. von Sizilien, der im Frühjahr 1155 in Salerno weilte, der Ceprano hatte in Flammen aufgehen, Benevent angreifen lassen und vom Papst gebannt worden war, der nun dringend Barbarossa um Hilfe bat. 10
    Am 8. Juni 1155 traf Hadrian, der immer noch nur in Roms Vorstadt, im Palast des Vatikans, residieren konnte, den defensor Ecclesiae bei Sutri, einen für analoge Begegnungen bereits berühmten Ort. Doch schon

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