Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
Löwen wie seinem Onkel Welf, ausgesöhnt und sie überreich entschädigt hatte, trat er im Oktober 1154 seinen ersten Italienzug an, dem dann noch fünf Italienfahrten folgen sollten; sechzehn Jahre seiner 38jährigen Herrschaft verbrachte Barbarossa im Süden. Vom Lechfeld bei Augsburg aus zog er im Herbst mit einem ziemlich kleinen Heer -1800 Rittern, was knapp 5000 Bewaffneten entspricht – durch Tirol und über den Brenner, um, gemäß dem Vertrag mit dem Papst, Rom zu unterwerfen und, wozu auch die rebellischen Barone Apuliens drängten, Sizilien zu bekriegen.
Gewisse Schwierigkeiten, beschönigend gesagt, gab es aber zunächst mit den oberitalienischen Städten. Sie waren in einem brutalen Wettlauf um die Vorherrschaft begriffen (Pisa etwa gegen Genua, Venedig gegen Ancona, Padua gegen Verona) und zum Teil schon auf den letzten Reichstagen von Ulm, von Würzburg, besonders stark aber in Konstanz durch diverse Vertretungen beim »König der Römer« vorstellig geworden: lauter Handels- und Industriestädte bereits, die durch ihren starken wirtschaftlichen Aufschwung in der ersten Hälfte des Jahrhunderts ihre geistlichen Herren verdrängt und als kleine Stadtrepubliken (mit eigenen Konsulaten in Genua, Bologna, Verona, Parma) immer mehr Königsrechte, die sogenannten Regalien, usurpiert hatten – an erster Stelle das mächtige Mailand, das schon seit 1097 über eigene Konsuln verfügte. Alle Gewalt, alles Geld der königlichen Bischöfe und Grafen, alle sogenannten Hoheitsbefugnisse überhaupt seit Heinrichs IV. Zusammenbruch im ausgehenden letzten Jahrhundert, all das war immer mehr und ohne jede Entschädigung an die Stadtgemeinden gefallen. Doch nur ein Teil von ihnen unterwarf sich, darunter Pavia, die alte Langobardenhauptstadt. Viele andere feste Orte, in der Lombardei, der Toskana, der Romagna, mußten vom König unterworfen werden.
Barbarossas großer Gegner aber wurde Mailand.
So ließ er im Dezember 1154 gefangene Mailänder in Landriano an Pferdeschwänze binden und durch den Schmutz ziehen, auch die das Heer mit dem Notwendigsten versorgenden Händler berauben, danach das ziemlich stark bevölkerte Rosate ausplündern und einäschern. Galliate folgte am hl. Weihnachtstag, Brücken wurden zerstört, Felsennester, Burgen Mailands bis auf die Grundmauern verbrannt, und den König versetzte diese Vernichtung »in freudigste Stimmung« (Otto von Freising). Nachdem die Truppen die reichen Lebensmittelbestände von Chieri (östlich von Turin) vertilgt hatten, ließ der große Schwabe auch diese Stadt in Flammen aufgehn. Am 1. Februar 1155 wurde Asti, dessen Bischof Anselm beim Kaiser »über die Frechheit der Einwohner« schwere Klagen vorgebracht, eingenommen, ausgesäckelt und gleichfalls dem Feuer überlassen. Sicher jeweils Grund für weitere fröhliche Stimmungen der Majestät mit den schneeweißen Zähnen ... Schrieb doch gerade damals auch der bischöfliche Onkel Otto in seinen »Taten Friedrichs«, daß sich »also jetzt die Zustände zum Besseren gewendet haben und auf die Zeit des Weinens die Zeit des Lachens, auf die Zeit des Krieges die Zeit des Friedens gefolgt« sei. Und wird nicht auch heute durch die Geschichtswissenschaft der »maßvolle Grundcharakter Barbarossas« (Appelt) betont, seine, trotz gelegentlicher Härte und Grausamkeit, doch alles überstrahlende »milte« und »maze«? 8
Am 14. Februar 1155 kam Tortona an die Reihe; es war mit Mailand verbündet, mit Pavia verfeindet und wurde zwei Monate vom königlichen Heer eingeschlossen.
Die Tortonesen, die sich in die enge Burg geflüchtet, wo sie angesichts des Schicksals der bereits verbrannten Städte verzweifelt widerstanden, erlitten bei dieser »berühmten Belagerung« (Otto von Freising) alle mögliche Drangsal – vielleicht die schlimmste durch den Mangel an Trinkwasser, da der edle Barbarossa die Quelle zunächst durch »faulende und stinkende Leichen von Menschen und Tieren« verschmutzen, dann, da auch dies die Gier der Durstenden nicht abhielt, durch brennende Fackeln mit Flammen aus Schwefel und Pech ungenießbar machen ließ.
Die mit den Bewohnern umzingelten Priester und Mönche machten am hochheiligen Karfreitag sogar eine Art Bittprozession samt Kreuzen, Weihrauchfässern und dem üblichen Brimborium durch die geöffneten Tore. Und nun wurde des Königs Herz fast von Mitleid erfaßt. Nach außen freilich blieb er hart und hieß die um Abzug Bittenden in ihre Hölle zurückkehren. »Er bemitleidete zwar das
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