Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
bevor er 1158 starb, bat er seinen Schüler und Vertrauten, den geistlichen Historiographen und Dichter Rahewin, um die Fortsetzung des Werkes. Mit ausdrücklicher Betrauung des Kaisers fügte Rahewin dann Ottos ersten beiden Büchern noch die Bücher III und IV hinzu, wobei er, prinzipiell mit Otto übereinstimmend, doch weniger geschichtstheologisch als dieser, sondern mehr historisch interessiert war. 5
Ich kann mir nicht die Wiedergabe gleich des ersten Satzes des illustren Bischofs versagen. »Die Absicht aller«, so nämlich eröffnet er sein Vorwort, »die vor uns Geschichte geschrieben haben, war es, so meine ich, die glänzenden Taten tapferer Männer zu preisen, um die Menschen zur Tatkraft anzuspornen, die verborgenen Handlungen der Feiglinge dagegen entweder zu verschweigen, oder, wenn sie ans Licht gezogen werden, nur zu erwähnen, um die gleichen Sterblichen abzuschrecken.«
Denn was Otto von Freising, mit dem die mittelalterliche Universalhistoriographie bekanntlich kulminiert, aller früheren Geschichtsschreibung nachrühmt, »die glänzenden Taten tapferer Männer zu preisen«, das eben, meine ich, ist Vorsatz und Leitbild auch der späteren geblieben. Oder bejubelt die herkömmliche Historik nicht bis heute die strahlenden Sieger, die »Großen«, und qualifiziert alles in deren Schatten mehr oder weniger ab? Da die »Sternstunden«, die Triumphe? Dort das allübliche Versagen? Der graue Alltag der Geschichte? Untergang und Nacht? Als ginge nicht der Horror gerade von ihren Heroen aus! Der größte gerade von ihren Größten!
Auch von Friedrich Barbarossa wissen wir, daß ihm immer wieder aus den »Taten« seiner Vorgänger, auch der antiken Cäsaren, vorgelesen werden mußte. Daß er sich »auch in seinem Handeln und in seinen Auffassungen immer wieder von dem mitbestimmen« ließ, was die alten Kaiser in vergleichbaren Lagen getan (F.-J. Schmale). Daß er sich oft direkt, oft namentlich auf die »Großen« bezog, auf die »großen« Abendländer, die »großen« Deutschen, auf Karl »den Großen«, auf Otto »den Großen« ... 6
Freuden eines Königs
Friedrich folgte zunächst der Süditalienpolitik seines Vorgängers. Er koalierte weiter mit Byzanz, um das Normannenreich zu erobern. Das setzte auch eine gute Beziehung zum Papsttum voraus, die Fortdauer des bis fast zuletzt überaus freundlichen Verhältnisses seines Vorgängers zur Kirche. Friedrich sah und hatte in den deutschen Bischöfen wichtige Helfer, ja mehrere von ihnen wurden die hervorragendsten Stützen seines Staates. Er unterrichtete auch Papst Eugen III. von seiner Wahl, und dieser erteilte ihm, obwohl gar nicht darum gebeten, seine Zustimmung – benigno favore sedis apostolicae. Krone und Episkopat, Schwert und Bannstrahl sollten weiter zusammenwirken, vor allem natürlich auch König und Papst gemäß der tradierten Lehre von den zwei gemeinsam die Welt regierenden Gewalten.
So jedenfalls dachte sich das Friedrich I. Barbarossa. Im Vertrag zu Konstanz vom 23. März 1153, geschlossen zwischen dem König und den Legaten des Papstes, sieben Kardinälen (!), verpflichtete sich Friedrich zur Unterwerfung Roms, zur Sicherung des Kirchenstaates und der päpstlichen »Rechte«. Er garantierte, Frieden weder mit Sizilien noch den Römern ohne Einverständnis des Papstes zu schließen und dem »König der Griechen«, dem byzantinischen basileus, der in Italien wieder Fuß zu fassen suchte, »diesseits des Meeres« keine territorialen Konzessionen zu machen.
Dafür verlangte Friedrich allerdings handfeste Gegendienste. Der Papst mußte ihm die Kaiserkrönung versprechen und, auf Verlangen, die Exkommunikation seiner Gegner. Ferner durfte er keine Festsetzung der Griechen auf italienischem Boden dulden, sondern hatte solche Versuche von sich aus zurückzuschlagen. Auf Friedrichs Wunsch ließ der Papst auch die kinderlose Ehe des Königs mit seiner ersten Gattin Adela von Vohburg scheiden, offenbar wegen Ehebruch, sowie seinen Gegner, den Erzbischof von Mainz, der seine Königswahl hatte verhindern wollen, nebst anderen Friedrich nicht genehmen Bischöfen absetzen und neue, ihm genehme inthronisieren. Friedrich suchte allmählich den Episkopat seines Vorgängers, des »Pfaffenkönigs« Konrad, durch mehr der Krone ergebene Prälaten zu ersetzen. So wurde etwa sein Kanzler Arnold von Seelenhofen Metropolit von Mainz (und 1160 ermordet). 7
Nachdem Friedrich sich auf dem Reichstag zu Goslar im Juni 1154 mit den Welfen, Heinrich dem
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