Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
Gotteshaus, in Santa Maria in Turri, stets ein treuer Verteidiger der römischen Kirche zu bleiben – zwölf Jahre später brannten seine Soldaten Santa Maria in Turri nieder. In St. Peter aber zelebrierte seinerzeit der Pontifex den Gottesdienst und krönte Friedrich »mit Gottes gnädiger Barmherzigkeit« (Otto Morena), wobei Hadrian bezeichnenderweise das Ritual so änderte, »daß die Unterordnung des Kaisers unter den Papst deutlich wurde« (Kelly) – im Grunde das gleiche Spielchen also wie bei Barbarossas »Stalldienst«. Das zeigt eine Fülle von Details. So salbte Hadrian den Staufer nicht vor dem Hauptaltar, sondern vor einem Seitenaltar; nicht mit Chrisma, sondern nur mit dem Öl der Katechumenen; ja, das für die Krönung besonders bedeutsame Ritual der Thronsetzung unterbleibt völlig. Kurz, die Zeremonie demonstrierte auf Schritt und Tritt »die Abhängigkeit des Kaisers vom Papst«, was so weit ging, daß der Kaiser zu einem bloßen »Amtswalter« (Cardini) des Papstes gemacht wurde.
Die Römer aber, empört über die kaiserlich-päpstliche Kooperation, wütend über die Krönung ohne ihr Einwilligen, machten noch am selben Nachmittag, als Kaiser und Papst bei einem Festbankett saßen, einen Blitzangriff über die Tiberbrücken auf die Leostadt, um den Papst gefangenzunehmen. Denn wie gewöhnlich haßten sie die Päpste noch mehr als die Kaiser, haßten sie zumal den Briten Hadrian, der sie stets hochmütig und hart behandelte und noch nicht einmal ihre Sprache verstand. »Lange kämpfte man auf beiden Seiten unentschieden«, berichtet Bischof Otto, »schließlich aber hielten die Römer den hitzigen Angriffen unserer Leute nicht mehr stand und mußten zurückweichen. Da konnte man sehen, wie unsere Krieger ebenso schrecklich wie kühn die Römer töteten, indem sie sie niederstreckten, und niederstreckten, indem sie sie töteten, als ob sie sagen wollten: Empfange jetzt, Rom, statt arabischen Goldes deutsches Eisen! Das ist das Geld, das dir dein Kaiser für deine Krone zahlt. So wird von den Franken die Kaiserkrone gekauft ... Dieser Kampf zog sich fast von der zehnten Stunde des Tages bis zur Nacht hin. Es fielen dabei oder ertranken im Tiber fast tausend, gefangengenommen wurden an die zweihundert und unzählige verwundet ...« 12
Bischof Otto, begeistert von der Abschlachtung, spricht von einem »großartigen Sieg«, ja er behauptet, indes auf gegnerischer Seite fast tausend Menschen umkamen, wurden auf der eigenen »wunderbarerweise nur einer getötet und einer gefangengenommen«. Die Wunsch-Wunder eines Bischofs! Und eines allseits bis heute hochgefeierten Historikers. Wir besitzen aber eine Aussage über die Schlachtopfer auch von dem Lodesen Otto Morena, einem Laien. Er war Richter seiner Stadt, 1143 Konsul und hinterließ eine Schrift über die Taten Kaiser Friedrichs I. in Italien, eine Quelle »von höchstem Wert« vor allem wegen der »Gewissenhaftigkeit und vorzüglichen Detailkenntnis« (Prelog) des Verfassers; »durchgehend von außerordentlicher Genauigkeit in den Einzelheiten«, »von penibler Bemühung um äußerste Präzision der Wiedergabe von Situationen und Vorgängen« (Schmale). Während freilich Bischof Otto eiskalt lügt, von den Deutschen seien »wunderbarerweise nur einer getötet und einer gefangengenommen« worden, teilt der Laie Otto Morena kurz und bündig und nur allzu einleuchtend mit: »auf beiden Seiten wurden viele auf der Kampfstätte getötet, viele verwundet ...« (multis etiam ab utraque parte in campo interfectis multisque vulneratis).
Schon am 19. Juni 1155 brach Friedrich, der Rom nicht hatte betreten können, sein Lager ab, nahm alle Kardinäle und den Papst als Flüchtlinge mit sich und wurde von diesem nebst seinen Truppen kurz darauf am Fest Peter und Paul von jeder Schuld an dem römischen Blutbad absolviert. Denn wer als Soldat für den eigenen Fürsten im Kampf gegen die Reichsfeinde sein Blut vergieße, sei nach göttlichem wie irdischem Recht nicht »Mörder«, sondern »Rächer« – ganz evangelisch gesprochen. 13
Pakt mit dem Feind
Der sizilische König Wilhelm I. (1154–1166), nach schwerer Krankheit schon totgesagt, stieß im Frühjahr 1156 mit einer starken, größtenteils aus Moslems bestehenden Truppe in Kalabrien vor, schlug nicht nur die Griechen vernichtend, sondern setzte auch den Kirchenstaat immer mehr unter Druck. Und nun, angesichts des allgemeinen Zusammenbruchs, ging Papst Hadrian IV., »in voller Freiheit«, wie er
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