Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
das Papsttum, war der unermüdlich die Fäden ziehende, die Rebellen stützende, mit Sizilien und Byzanz konspirierende Alexander III., hinter dem fast die gesamte außerdeutsche Kirche des Abendlandes stand – »die Kirche war es, die den Kaiser besiegte und aus Italien zu flüchten zwang« (Haller). 51
Das Dritte Lateranum (1179), Alexanders Tod und die Nachfolger
Alexander III. mischte sich massiv auch in die Verhältnisse anderer Reiche ein.
So in den Streit König Heinrichs II. von England (1154–1189) mit Thomas Becket, der als Kanzler und enger Vertrauter Heinrichs dessen Politik auch dann durchführte, wenn sie der Kirche opponierte. Als Erzbischof von Canterbury aber bekämpfte er den König an der Seite des Papstes, was er mit seinem Leben bezahlte; vier königliche Ritter brachten ihn am 29. Dezember 1170 in der Kathedrale um. Alexander, der sich zunächst aus Furcht vor einem Anschluß Heinrichs an den Gegenpapst Viktor IV. auffallend halbherzig, ja doppelzüngig verhielt, sprach den ermordeten Metropoliten bereits drei Jahre später heilig. Die Einmischung des schottischen Königs Wilhelm I. (1165–1214) in die kirchliche Investitur ahndete er mit dem Interdikt. Dagegen war Alfons I. von Portugal (1139–1185) mit dem Beinamen »der Eroberer«, der Sieger über die Mauren, der Begründer des Ritterordens von Aviz, ein Mann nach seinem Herzen; ihm bestätigte er das Recht auf Portugals Krone, natürlich gegen einen Lehnseid und jährlichen Tribut. 59
Einige seiner wichtigsten Verfügungen erließ Alexander III. auf dem von über 400 Bischöfen und Äbten aus vielen Ländern besuchten Dritten Laterankonzil von Januar bis März 1179. Gut zu wissen dabei, daß Alexander als »der erste große Rechtsgelehrte auf dem Papstthron« (Kelly) gilt und viele seiner Entscheidungen ins Kirchenrecht eingingen.
Auf päpstliche Empfehlung beschloß das Konzil die Anwendung von Gewalt gegen »Ketzer« mit Hilfe des weltlichen Arms, eine Verfügung, die sich besonders gegen Katharer und Albigenser richtet und auf der Gleichsetzung der Häresie mit dem »crimen lesae maiestatis«, dem Verbrechen der Majestätsbeleidigung beruht. Export von Waffen und Kriegsmaterial in mohammedanische Länder wurde verboten. Canon 24 bestimmte: alle, die den Ungläubigen Eisen, Waffen und Holz zuführten oder auf sarazenischen Korsarenschiffen Dienste verrichteten, sollen exkommuniziert, ihrer Güter beraubt und von denen, die ihrer habhaft werden, verknechtet werden. Innozenz III. wiederholte das Gesetz 1215, und Gregor IX. nahm es in seine Dekretalen auf. Auch ein sehr alter antijüdischer Erlaß, der Christen den Dienst bei Juden verbot, wird vom Konzil wiederholt und jetzt auch auf Sarazenen ausgeweitet (c. 26). Ferner kündigt die Versammlung einen Kreuzzug gegen alle Kirchenfeinde an – der erste Versuch, mit einem Kreuzzug auch gegen Christen vorzugehen, wobei jeder Krieger einen zweijährigen Ablaß, jeder, der fiel, die ewige Seligkeit zugesichert bekam.
Bedeutsam wurde auch, daß das Dritte Lateranum den Päpsten die »plenitudo potestatis« zuerkannte, die Vorherrschaft über jede weltliche und irdische Macht. Hier gipfelt der hierokratische Größenwahn, der da in direkter Linie von Gregor VII. über Alexander III. zu Innozenz III. führt, dem mächtigsten Papst der Geschichte.
Grundlegend und noch im 20. Jahrhundert gültig wurde die Verfügung, daß jede künftige rechtmäßige Papstwahl eine Zweidrittelmehrheit der Kardinäle erfordere. Klerus und Volk waren damit endgültig ausgeschlossen – im strikten Widerspruch zu den ältesten Überlieferungen. 60
Nur mit Hilfe deutscher Waffen war Papst Alexander in seine Bischofsstadt gelangt. Und bald nach dem Lateranum mußte er der republikanischen Kommune wieder weichen und konnte sich auch in der Umgebung Roms nur dank der Truppe des Erzbischofs Christian halten. Als dieser im September 1179 für ein Jahr in Gefangenschaft geriet, erhoben Alexanders Gegner sogleich den Kardinal Lando von Sezze, ein Jahr nach der Unterwerfung Calixts, zum neuen (vierten) Gegenpapst namens Innozenz' III. (1179–1180). Er amtierte aber nur wenige Monate in einem Kastell zwischen Palombara und Rom, einer kleinen Festung, die einem Bruder von Gegenpapst Viktor IV. gehörte. Alexander kaufte diesem Ritter für eine namhafte Summe kurzerhand seinen Gegner samt Burg und kleinem Gefolge ab und ließ den Bruder in Christo in lebenslänglicher Gefangenschaft im Kloster La Cava
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