Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
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Nach einer Durchsuchung des Kardinalgepäcks, das belastende Schriftstücke enthielt und eine der üblichen pekuniären Schröpfreisen verriet, wurden die Legaten ausgewiesen und die Grenzen für deutsche Geistliche, die ohne bischöfliche Erlaubnis nach Rom reisten, gesperrt. Der Kaiser aber erklärte in einem brisanten Rundschreiben an den deutschen Klerus, wie er die päpstlichen Gesandten gehindert habe, mit Hilfe von vielen gleichlautenden Briefen und untersiegelten Blättern »ihr Gift in gewohnter Weise über die deutschen Kirchen zu verspritzen, die Altäre zu entblößen, die geweihten Gefäße fortzuführen, von den Kreuzen die Vergoldung abzuschaben«. Auch den Papst prangerte er als Friedensstörer an, als Verbreiter »des Bösen«, und wies vor allem die Auffassung vom Kaisertum als Lehen der Kirche als »Lüge« zurück.
Der Papst seinerseits protestierte gegen die unerhörte Behandlung seiner Legaten, »unserer fähigsten Brüder«, und verlangte von den deutschen Bischöfen »eine Schutzmauer um das Haus des Herrn«. Doch überraschenderweise ergriffen die Prälaten einhellig die Partei des Kaisers. Und da der bereits ein gewaltiges Heer sammelte, zuckte der Papst zurück und ließ durch zwei weitere, im Juni 1158 in Augsburg erscheinende Kardinäle in einer wortreichen Epistel voller freundlich fadenscheiniger Ausreden die ganze Sache als Mißverständnis hinstellen. 20
St. Peter in Flammen, Barbarossa im Zenit seines Ruhms und »eine wunderbare tödliche pestilentia«
Sogleich begannen die Platzbehaupter mit der Zernierung Roms. Ende Juli tauchte auch der Kaiser, benachrichtigt von den Vorgängen und von Gegenpapst Paschalis herbeigerufen zum »Schneiden der Saat, zur Ernte der Trauben«, mit seiner Soldateska vor den Stadtmauern auf. Roms Eroberung, die Gefangennahme Alexanders gar, war ihm weit wichtiger als jeder Sieg über die Normannen. Schon in Apulien stehend, war er in Eilmärschen herangerückt und trieb sein Heer noch aus dem Marsch zum Sturm.
Eine Attacke auf die Engelsburg wies die päpstliche Leibgarde ab. Doch am 29. Juli 1167 eroberte der Kaiser die gleichfalls nur von Päpstlichen verteidigte Leostadt, tags darauf erstürmten er und seine erzbischöflichen Heerführer die Peters-Basilika, damals eine komplette, von Waffen starrende Festung mit Wurfmaschinen auf dem Dach. Man hatte zuvor Tage, eine ganze Woche lang stets von neuem vergeblich versucht, St. Peter zu erobern, bis die stets umsonst anstürmenden Deutschen in die danebenstehende Kirche der »allerseligsten Jungfrau Maria« Feuer warfen, worauf deren Heiligtum völlig niederbrannte, dabei das Feuer aber auf St. Peter übersprang und auch ein kleiner Teil der Kathedrale in Flammen aufging.
Der Sohn König Konrads und Vetter des Kaisers, Friedrich IV. von Rothenburg, ließ die Domtüren mit Äxten zertrümmern. Im Innern St. Peters, dessen Vorbauten im Feuer standen, schlachtete man wie auf dem Schlachtfeld weiter. Überall lagen die Erschlagenen, Erstochenen, selbst die Altäre und das angebliche Apostelgrab waren blutüberströmt. Aber kaum gereinigt, erscholl ein jubelndes Tedeum in der Kathedrale, wie sich das für fromme Katholiken gehört, auch wenn sie (nur) andere fromme Katholiken massakriert haben. 48
Von St. Peter aus trat Friedrich in Unterhandlungen, schlug Klerus und Senat eine Abdankung beider Päpste sowie eine Neuwahl durch beide Parteien vor. Römer und Kardinäle waren bereit, Papst Alexander fallenzulassen. Als Pilger verkleidet floh er auf einem Boot über den Tiber zum Meer, gerade ehe pisanische Kriegsschiffe die Stadt auch vom Fluß her abriegelten. Friedrich war enttäuscht, hatte aber immerhin Rom und darin nun seinen Papst, Paschalis III., der schon am 30. Juli, nur einen Tag nach der Dom-Schlacht, in den Lateran zog und am 1. August »den Herrn Kaiser Friedrich und die durchlauchteste Kaiserin Beatrix«, Stammutter aller künftigen Staufer, in St. Peter krönte »mit Kronen aus reinstem Gold, die mit vielen kostbaren Steinen geschmückt waren« (Lodeser Anonymus).
Barbarossa stand im Zenit seines Ruhmes.
Nord- und Mittelitalien lagen wieder in Ketten, die Römer selbst waren bezwungen (auch 400 Geiseln in seiner Hand), und man hatte seinen Papst in St. Peter inthronisiert. Doch nur wenige Tage darauf stürzte der Staufer aus der Höhe seiner Macht, vernichtete eine im Lager vor Rom ausbrechende Seuche, die alte Heimsuchung des Sumpffiebers, Malaria wohl – alsbald als
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