Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
»Ungläubigen« ließen ihn leben. Doch als er Jahre später wieder glücklich in sein Bistum zurückgekehrt war, brachten ihn die Christen um. Markgraf Arduin ging nämlich im Kampf für seine Grafschaftsrechte gegen Petrus vor, unterstützt durch den Archidiakon Vercellis und viele um ihre Freiheit ringenden kleinen Leute. Am 17. März 997 drangen sie in die Stadt ein, töteten Bischof Petrus und verbrannten seine Leiche gleich mit der Kirche. (Auch im Streit mit Bischof Warmud von Ivrea standen dem Markgrafen die geringen Vasallen sowie Hintersassen des Bischofs samt den Einwohnern bei. Wiederholt mußte der Bischof flüchten.)
Als sich Arduin im April 999 auf der römischen Synode in St. Peter verteidigte, bekannte er seine Teilnahme an der Liquidierung des Prälaten. Im Beisein von Kaiser und Papst wurde er als Bischofsmörder verurteilt, als öffentlicher Feind geächtet, sein Hab und Gut nebst dem seines Anhangs zugunsten der Kirche von Vercelli konfisziert. Sie war die Hauptnutznießerin dieser Verdammung. Sie bekam die eingezogenen Güter, die Grafschaftsrechte von Stadt und Grafschaft Vercelli, die Grafschaft Santhià obendrein. Und in ähnlicher Weise wurden damals die Bistümer von Ivrea und Novara privilegiert.
Auch halste die hauptsächlich von italienischen Bischöfen besuchte Synode dem Grafen persönlich eine schwere Buße auf: »er sollte seine Waffen niederlegen, kein Fleisch mehr essen, weder Mann noch Frau mehr küssen, kein linnenes Gewand tragen, solange er gesund sei nicht länger als zwei Nächte an einem Ort verweilen, bis an sein Lebensende den Leib des Herrn nicht mehr empfangen und sich zur Buße an einen Ort zurückziehen, wo er niemanden von denen, die gegen ihn ausgesagt hatten, verletzen könne oder in den Mönchsstand eintreten.« 58
Doch obwohl Arduin schon wiederholt exkommuniziert worden war, wurde er bereits drei Wochen nach Ottos III. Tod am 15. Februar 1002 in der alten Krönungsstadt Pavia zum König von Italien erhoben (1002–1015).
Die Bischöfe von Asti, Como, Cremona und Lodi, zumeist reich von ihm begabt, hingen dem Bischofsmörder bedingungslos an, die von Mailand, Brescia, Piacenza, Pavia spielten zumindest mit. Bischof Petrus von Asti (992–1005), offenbar ein Sittenstrolch schlimmster Sorte, den Papst Silvester II. mehrfach vor ein Konzil forderte, war nach seiner Ordination 992 sofort nach Deutschland gereist, um sich von Otto III. Besitz und Privilegien seines Sprengels bestätigen zu lassen. Gleich nach Ottos Tod aber wechselte er zu König Arduin über. Bischof Petrus III. von Como (983–1002), unter Otto III. alsbald Erzkanzler für Italien, wurde nach Ottos Tod sofort Erzkanzler Arduins. Bischof Odelrich von Cremona (973–1004), von den sächsischen Kaisern mit Gunstbeweisen, mit Herrscherurkunden und Placita, mit städtischen Einkünften, Gütern, Mühlen, Häfen, Zöllen, Fischereirechten etc. etc. nur so überschüttet, scheint bei Arduins Machtübernahme sein Parteigänger gewesen zu sein. Und der Klerus von Ivrea stand anscheinend ebenso fest zu ihm wie die übrige Einwohnerschaft der Mark, zumal das einfachere Volk, das durch ihn wohl eine Verbesserung seiner Verhältnisse erhoffte, vor allem eine Lockerung der weltlichen Gewalt der Geistlichen.
Doch obgleich Arduin jetzt Kompromisse machte, Konzessionen »im Stil Ottos III.« (Fasola) an die Bischofskirchen, einzelne Kleriker auch durch Drangsal und Verfolgung zu ihm standen, eilte noch im selben Jahr Leo von Vercelli, das reichstreue Haupt einiger Prälaten – darunter der politisch wie militärisch engagierte Bischof Otbert von Verona (992–1008) – mit reichen Geschenken zu Heinrich II., um ihn gegen Arduin zu treiben.
»Heinrice, curre, propera, te expectant omnia, Numquam sinas te principe Harduinum vivere.« (»Spute dich, Heinrich, eile! Alle erwarten dich. Laß Arduin nicht leben, solange du König bist!«)
So bedrängte am 11. November 1002 Leo in Regensburg als Sprecher der italienischen Opposition den König. Mit aller Inbrunst rief er ihn zu Ardiuns Vernichtung auf – die Sprache eines Seelenhirten, der auch die Verdammung des dann furchtbar verstümmelten, ohne Augen, Ohren, Nase, Lippen, Zunge blind, sprachunfähig und fast taub seinem Schicksal überlassenen Gegenpapstes Johann XVI. Philagathos maßgeblich mitbetrieb (V 556 ff!)
Leo von Vercelli (999–1026), seit 996 der kaiserlichen Hofkapelle angehörend, war der bedeutendste Reichsbischof Italiens unter Otto III. und
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