Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
ernannt. Der zerstörte nicht nur die paganen Heiligtümer, sondern entsündigte sogar die vom alten Glauben schwer verseuchte, die götzendienerische See, indem er mehrere mit Chrisam beschmierte Steine in sie versenkte. Doch bevor er den einen durch den andren Wahn beseitigt hatte, starb er im Gefängnis. Auch das Bistum Kolberg, von Otto III. dem polnischen Erzbistum Gnesen einverleibt, gab seinen Ungeist auf. Und Pommern schmückten noch lange prächtige, reiche Tempel, ja die Bewohner sollen das Christentum gehaßt und auf seine Bekenner herabgesehen haben. 61
Weiter westwärts hatte Heinrichs Thronkonkurrent im Norden, der mächtige Markgraf Ekkehard von Meißen, die Slawen in Schach gehalten, die Milzener in der späteren Oberlausitz wieder unterworfen. Kaum aber war Ekkehard bei seinem Werbefeldzug 1002 tückisch getötet worden (S. 18 f.), nützte Polenherzog Boleslaw die Gelegenheit. Er stürmte sogleich, alles verwüstend, bis zur Elbe, wobei er Tausende von Gefangenen mitfortführte, die wichtigen Burgen Bautzen und Strehla an sich brachte, dann auch noch die Mark Meißen. Er mochte sich im Recht sehen, einmal infolge naher Verwandtschaften – seine Tochter Reglindis war mit Markgraf Ekkehards Sohn Hermann verheiratet, seine Schwester mit Ekkehards Bruder, dem Markgrafen Gunzelin von Meißen; mochte sich im Recht sehen aber auch als »Mitarbeiter am Imperium«, an der geplanten Erneuerung des römischen Reiches, wozu ihn Otto III. anno 1000 in Gnesen gemacht (V 571 ff.).
Heinrich fand verständlicherweise keine Zeit einzugreifen. Doch als ihm am 25. Juli 1002 in Merseburg die sächsischen Fürsten huldigten, war auch Boleslaw dabei. Der Partner Ottos III. wurde jetzt sogar mit einem Teil dessen, was er gerade überfallen und besetzt hatte, belehnt, mit der Mark Lausitz und dem Milzener Land (bei Bautzen). Heinrich gab ihm aber nicht die Mark Meißen mit der strategisch wichtigen Burg und förderte auch nicht die polnische Kirche. Und fast wäre Boleslaw in Merseburg, wo auch die Erzbischöfe von Bremen und Magdeburg samt vielen Amtsbrüdern weilten, Opfer eines Attentats geworden. Suchte ihn doch noch vor seinem Abzug eine Schar Bewaffneter, »wahrscheinlich Baiern«, zu erschlagen, »während der König tatenlos zusah« (Fried). Mehrere Polen wurden schwer verwundet, viele ausgeraubt. Was Wunder, daß Boleslaw den Herrscher selbst als Urheber des Streichs verdächtigte, daß er auf dem Rückweg beiläufig die Burg Strehla verbrannte, wieder eine Menge Gefangener mitschleppte und zum Abfall von Heinrich aufrief, der seinerseits »auf die geheimen Umtriebe des Slawen« zu achten befahl. 62
Boleslaw Chrobry, einer der bedeutendsten Politiker Polens, wurde rasch immer mächtiger, ja, intendierte als erster ein von Deutschland ganz unabhängiges panslawistisches Reich. Wahrhaft skandalöse Verhältnisse in Prag, sogenannte Thronwirren, kamen ihm dabei zustatten.
Die böhmischen Herzöge Boleslav, Vater, Sohn und Enkel, waren alle drei gut katholisch und alle drei gute Mörder.
Boleslav I. der Grausame brachte seinen Bruder Wenzel um (V 403 ff.). Sein Sohn Boleslav II. der Fromme ließ angeblich zwanzig Kirchen bauen und auf Ottos III. Abodriten-Feldzug 995 die Burg Libice kurz vor dem St. Wenzels-Fest (28. September) überfallen und alle anwesenden Mitglieder des Slavnikiden-Hauses, seine Rivalen um die Dominanz in Böhmen, killen. Boleslavs II. des Frommen Sohn, Boleslav III., sorgte nicht nur für Liquidierung des Burggrafen Rikdag von Meißen »aus dem Hinterhalt« (V 545), sondern verfolgte auch seine katholischen Geschwister. Seinen Bruder Udalrich versuchte er im Bad zu ersticken und trieb ihn dann samt der Mutter außer Landes. Beide flohen im Sommer 1002 nach Bayern zu Herzog Heinrich, dem künftigen König. Seinen Bruder Jaromir (= »durch Kraft berühmt«) ließ Boleslav III. entmannen; und später, 1034, wurde der Entmannte, von Konrad II. dem Udalrich als Mitregenten aufgezwungen, unter diesem auch noch geblendet und eingekerkert, 1035 ermordet.
Herzog Jaromir, der Verbündete Heinrichs II., um weiter kurz vorauszublicken, hatte dem deutschen König auf vier Feldzügen gegen Polen »mehrmals wertvolle militärische Hilfe« (Hilsch) geleistet. Als er aber, mitten im Krieg, 1012, von Udalrich gestürzt und vertrieben wurde, hielt ihn Heinrich als eventuelles Druckmittel gegen den neuen Herzog in Utrecht fest. Auch Udalrich, Boleslav des Frommen jüngster Sohn, war rabiat. So ließ er 1014
Weitere Kostenlose Bücher