Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
Heinrich II., der typische, so die Quellen, »episcopus palacii«, »episcopus de palacio«, dem es viel weniger um sein geistliches Amt ging als um seine Stellung bei Hof. Er wünschte einen allmächtigen deutschen Führer, der besonders mit den Bischöfen regieren und diese natürlich so stark wie möglich machen sollte. Dem hl. König und Kaiser zuliebe konnte er sogar die hl. Kirche angreifen, die Abtei Breme etwa oder das Bistum Ivrea, die er zu usurpieren, um ihre Machtmittel zu bringen versuchte.
Doch so unskrupulös und bloß auf seinen Vorteil bedacht wie der Bischof war auch der Fürst. Ja, er brachte es fertig, auf Kosten des ihm ganz ergebenen Oberhirten Leo, seines treuesten Gefolgsmannes in Italien, vorzugehen. Entzog er ihm doch die Machtbasis, womit ihn Otto III. – wider den aufständischen Arduin – großzügig ausgestattet, um ausgerechnet das militärische Potential des Markgrafen von Ivrea zu mehren als Gegengewicht gegen den Markgrafen Odelrich-Manfred von Turin. 59
Beim ersten Versuch, Arduin mit einem Expeditionskorps unter Otto von Worms, dem Herzog von Kärnten (978–983 und 995–1004), zu zähmen, holte man sich Anfang Januar 1003 im oberen Brentatal eine schwere Schlappe. Arduin, der als frommer Christ gerade das Weihnachtsfest begangen hatte, erwies sich als weit überlegen. Die Deutschen, klagt Thietmar, wurden »leider größtenteils aufgerieben, niedergemacht und der Ehre des Siegs beraubt«. Und Arduin konnte bald darauf der Einweihung der Basilika des Klosters Fruttuaria durch den heiligmäßigen Abt Wilhelm beiwohnen.
Auf der anderen Seite befahl der fromme Heinrich, besonders vom hohen Klerus, u.a. von Bischof Otbert von Verona, abermals dringend gebeten und erwartet, jetzt einen neuen Krieg zur Fastenzeit 1004, den er dann hauptsächlich mit Bischöfen und ihren Kontingenten führte; wie ihn denn auch auf seinen weiteren Italienfahrten vor allem Prälaten begleiteten. Eigens ging er vorher nach Magdeburg, um dort die Hilfe des hl. Mauritius, des Helden der thebaischen Legion und noch immer berühmten Reichsheiligen, zu erflehen (vgl. S. 93), ließ sich darauf in Augsburg von Bischof Siegfried hofieren und bewirten und beging, fast ausschließlich mit bayerischem Klerus und bayerischem Adel unterwegs, nach einem strapaziösen Marsch über die Alpen am 9. April 1004 in Trient den Palmsonntag. Hier, wo sich offenbar wieder nur Bischöfe um ihn scharten, gewiß die weitaus meisten mehr ihren Vorteil als den der Krone im Sinn, schloß er zwecks guten Fortgangs der Sache noch eine Gebetsverbrüderung mit seinem Anhang.
Nun beseitigte man zuerst Arduins Besatzung in den Brenta-Klausen (bei Primolano), indem man sie teils in die Flucht, teils über die Steilhänge in den Abgrund stürzte, wo sie im reißenden Wasser der Brenta umkamen. Dann feierte Heinrich festlich »am Ufer des Flusses ... das Letzte Mahl des Herrn, die Weihe des hl. Öls, Leiden und hl. Auferstehung des Herrn« (Thietmar) und erwarb sich, weil er so in der Karwoche dem Blutvergießen Einhalt gebot, das besondere Lob seines Biographen Adalbold von Utrecht.
Viele Prälaten gingen jetzt gleich zu Heinrich über, selbst solche, die politisch kaum aktiv waren, wie Bischof Sigefred von Piacenza oder Bischof Landolf II. von Brescia, ein Bruder des Mailänder Erzbischofs Arnulf II. (998–1018). Auch dieser, erst Parteigänger Ottos III., dann anscheinend Arduins, den er zumindest heuchlerisch gefördert, wechselte nun schnell wieder die Front. Er kam Heinrich in Bergamo entgegen und krönte ihn am 14. Mai 1004 in Pavia zum »rex Langobardorum« – in derselben alten Krönungskirche San Michele, in der zwei Jahre zuvor Arduin gekrönt worden war.
Dem triumphalen Jubeltag folgte schon in der nächsten Nacht ein verheerendes Massaker. Hatten sich die Einheimischen doch »in knechtischer Frechheit« erhoben, zusammengerottet und die Pfalz belagert. Der König, der aus dem Fenster springen mußte, ließ die meist außerhalb lagernden Franken, Schwaben, Lothringer die Stadt stürmen, wobei es ein schauerliches Blutbad gab. »Die Größe des Gemetzels zu beschreiben ist unmöglich« (Looshorn). Auch der junge Giselbert, Bruder der Königin Kunigunde, fiel. Kurz, das grandiose Fest ging grauenhaft in Mord und Brand unter. Man schlachtete die Pavesen, plünderte die Leichen und äscherte den größten Teil der Stadt ein.
Nachdem Pavia aber »mit Feuer und Schwert« (Hermann von Reichenau) gebändigt, der Aufstand »in
Weitere Kostenlose Bücher