Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
einem Meer von Blut« (Holtzmann) niedergeworfen worden war, wurde der Heilige ganz mild und gab strengen Befehl, »die noch Übrigen zu verschonen«. Ja, Heinrich der Gute verzichtete sogar darauf, »sofort Rache zu nehmen ..., denn der Polenkrieg hatte bereits begonnen« (Hlawitschka). Er suchte das feste Kloster S. Pietro in Cielo d'oro auf, ließ dort die noch vorhandenen Pavesen demütig um Gnade bitten und nahm auf einem Hoftag in Pontelungo die Huldigung der restlichen Lombarden entgegen. Dann zog er »aus Liebe zum hochheiligen Bischof Ambrosius« nach Mailand, hielt das hochheilige Pfingstfest bei Lugano und gedachte in Straßburg der Geburt »des hochwürdigsten Vorläufers Christi«, wobei »der Herr durch ihn ein Wunder« wirkte. Darauf reiste er nach Mainz, »wo er die Schwelle des Hl. Bischofs Martin«, des Schutzpatrons der Stadt, »bittflehend betrat und das Fest der Apostel in Ehrfurcht beging«. Doch in Sachsen schien es dem Heiligen erneut hohe Zeit, daß er, wieder mit Thietmar zu sprechen, »alle seine ihm und Christus getreuen Vasallen auf Mitte August zum Kriegszuge entbot«.
Nachdem Heinrich im Frühsommer 1004 für fast zehn Jahre in den Norden zurückgekehrt war, soll Arduin ganz durch Leo von Vercelli niedergekämpft worden sein und dieser den Besitz von mehr als hundertfünfzig Getreuen Arduins – Capitane, Valvassoren, Iudices – eingeheimst haben. Die deutsche Seite jedenfalls pries Bischof Leo als den, der Arduin um die Krone gebracht – den letzten Nationalkönig Italiens vor Viktor Emanuel (Re Galantuomo = König Ehrenmann 1861–1878)! Ruiniert und vom Anhang des Kaisers immer mehr in die Enge gedrängt, kroch der Gedemütigte, völlig entmachtet, kränkelnd bereits und mit rasiertem Bart, im Kloster Fruttuaria, das er gegründet, zuletzt in eine Mönchskutte und starb am 14. Dezember 1015.
Doch auch vom hl. Heinrich hatten die Italiener genug. (Nach seinem Tod brannten die Pavesen die Königspfalz nieder, jene traditionsreiche Stätte, wo einst die Langobarden, die Karolinger, die Ottonen ihre Feste, Siege, Triumphe genossen.) Und kein anderer als Bischof Leo von Vercelli schrieb bald dem Kaiser, daß es nach Arduins Tod schlechter um die deutsche Sache stehe als zu Lebzeiten des Gegenkönigs. 60
Nicht gut um die deutsche Sache stand es auch im Osten, in Böhmen und zumal in Polen, wo Heinrich II. eine völlig neue Politik eingeleitet hat.
Heinrichs des Heiligen Kriege gegen das katholische Polen
Zwischen 1004 und 1018 unternahm der König, der seine Hauptaufgabe in der Unterjochung des Ostens sah, auch Feldzug auf Feldzug gegen Polen. Es waren drei lange Kriege, die den Heiligen, mit Unterbrechungen durch andere Aktivitäten, eineinhalb Jahrzehnte beschäftigten, fast seine ganze Regierungszeit. Und die einen Teil der christlichen Welt erstaunten, erzürnten, galten sie doch einem katholischen Land, einem Fürsten gar, Boleslaw I. Chrobry (992–1025), der die erfolgreiche deutschfreundliche Politik seines Vaters Mieszko I. (V 563 f.) fortgeführt und den Heinrichs Vorgänger Kaiser Otto III. noch vor kurzem zum »Freund und Bundesgenossen« (amicus et socius), zum »Bruder und Mitarbeiter am Reiche« (frater et cooperator imperii) erklärt, dem er die eigene Krone symbolisch aufs Haupt gesetzt hatte. Hand in Hand wollte Boleslaw mit ihm und dem Papst die »Ostmission« betreiben (V 568 ff., bes. 571). Und er bekriegte ja auch seit 995 persönlich, Seite an Seite mit Otto, die heidnischen Liutizen und Abodriten.
Aber nun wurde er plötzlich zum Hauptfeind des hl. Kaisers (gemacht). »Der Slawe empfing zur Schande wieder das gewohnte Joch, so daß er mit Tributen dient, wie er es früher tat«, frohlockte Bischof Leo von Vercelli. Doch Boleslaw widersetzte sich bald immer erfolgreicher, und er handelte dabei, wie alle anderen Fürsten, wenn sie so handeln können: er nutzte die Chance zur Vergrößerung der eigenen Macht. Begehrten doch beide, der Pole wie der Deutsche, das gleiche: eine offensive Großmachtpolitik und, zu deren Festigung, die Verbreitung der Frohen Botschaft, was den Osten eben fünfzehn Jahre lang zum Kriegsschauplatz machte.
Boleslaw Chrobry hatte das Christentum bereits nach Pommern zu bringen versucht, nicht zuletzt wohl, um sich einen Zugang zum Meer zu erschließen. Und nachdem er den Pommern die Oberherrschaft aufgezwungen, wurde gleich mit der Mission begonnen, wurde das Bistum Kolberg gegründet und der deutsche Priester Reinbern zum Bischof
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