Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
erweiterten Fassung (u.a. um das Gebiet von Narni, Terni, Spoleto vermehrt) vom Regenten überreichen. Ja, in dem Paktum wurde dem Römer auch noch das Kloster Fulda samt dem Recht der Abtsweihe tradiert sowie das Bistum Bamberg seinem Schutz unterstellt, wofür er »als Zins« jährlich einen Schimmel forderte.
Bezeichnenderweise weilte seinerzeit in Bamberg – ganz offensichtlich abgesprochen mit Benedikt – auch der Bareser Meles, dem Heinrich den Titel »Herzog von Apulien« verlieh, womit er Ansprüche auf Unteritalien erhob. Hier hatten ja schon die Ottonen angegriffen, hatte Otto II., ausdrücklich kirchliche Ansprüche verfechtend, bei Capo di Colonne fast das ganze deutsche Heer verloren (V 536 ff.).
Meles starb bereits am 23. April und wurde mit fürstlichen Ehren im Bamberger Dom beigesetzt. Der Kaiser aber bereitete den Krieg auch wieder typisch »geistlich« vor: am 22. September durch seine Teilnahme am Fest der Thebäischen Legion bei Bischof Arnulf von Halberstadt, am 24. September durch seine Präsenz bei der Einweihung des neuen Domes von Quedlinburg, am 1. Oktober anläßlich einer weiteren Kircheneinweihung in Merseburg und am 2. November mit einer dritten Kirchenweihe in Bamberg. Und zu allem kam noch eine Gebetsverbrüderung.
Das deutsche Heer, vorwiegend Bayern, Schwaben und Lothringer, brach im November 1021 von Augsburg auf und wurde nach Überquerung des Brenners Anfang Dezember in Verona durch Gewalthaufen vieler oberitalienischer Prälaten verstärkt, darunter die Bischöfe von Aquileja, Verona, Vercelli, Piacenza, Parma, von Treviso, Ceneta, Feltri, Belluno sowie weitere »weltliche« Herren. Man feierte noch das Fest des Friedens, Weihnachten, in Ravenna, dann rückten die Oberhäupter der westlichen Christenheit mit starken Kräften gegen die – ja gleichfalls ganz christlichen – Byzantiner in drei Heeressäulen vor: unter dem neuen Kölner Erzbischof Pilgrim, zuvor Kanzler für Italien, im Westen über Rom; unter dem Patriarchen Poppo von Aquileja in Mittelitalien; unter dem hl. Heinrich und dem Heiligen Vater selbst mit den weitaus größten Truppenverbänden längs der adriatischen Küste.
Der mit Byzanz paktierende Abt Atenulf von Monte Cassino floh beim Anmarsch des Kölner Metropoliten, einen Haufen von Urkunden und Klosterschätzen im Gepäck, und ertrank mit all seinen Begleitern bei einem Schiffbruch auf dem Weg nach Konstantinopel. Seine Stelle nahm der deutschfreundliche Theobald ein. (Und der Kaiser schrieb die Heilung von seinem Blasenleiden auf Monte Cassino einem ganz persönlichen Eingreifen des hl. Benedikt zu, was wieder den Mönchen des Mönchsvaters und besonders den Reformklöstern zugute kam.)
Auch sonst gab es kleinere Lichtblicke der Abendländer, wozu man, freilich nur sehr eingeschränkt, den Aufstieg der Neffen des Herzogs Meles zu Grafen und Vasallen rechnen kann. Doch noch die Einnahme der Grenzfestung Troja, im Norden Apuliens, zwischen Benevent und Foggia, gelang nach wochenlanger Belagerung durch den Imperator. Sie wurde nicht erobert, sondern ergab sich (und war zwei Jahre später schon wieder unter byzantinischer Botmäßigkeit). Überhaupt kam es zu keiner Schlacht, keinem wesentlichen Umschwung. Der kluge Bojoannes wartete die heiße Jahreszeit ab, die Auswirkung des Klimas, den Ausbruch verheerender Krankheiten im gegnerischen Lager. Mehrere Magnaten fielen der Seuche zum Opfer, auch Bischof Rudhard von Konstanz, der Abt Burchard von St. Gallen. Und noch jahrhundertelang pilgerten St. Gallener Mönche zur Begräbnisstätte des Abts und berichteten daheim die Wundermären.
Schon im Sommer 1022 hatte man den Rückmarsch angetreten und brachte u.a. den Bruder des ertrunkenen Abtes von Monte Cassino, den Fürsten Pandulf von Capua, um seines Landes beraubt, in Ketten über die Alpen. Und Heinrich hielt kaum ein Jahr nach seinem Weggang von Deutschland in Quedlinburg wieder einen Hoftag; hinter sich einen Feldzug mit schweren Verlusten an Menschenleben und Geld. Byzanz indes hatte seine Machtstellung in Unteritalien gegen das westliche Christentum behauptet.
Allerdings kämpften bereits die Ritter aus der Normandie seit 1017 an päpstlich-kaiserlicher Seite auf der Apenninenhalbinsel, jene neue Macht aus dem Hause Hauteville, die bald, unter Ausnutzung diverser regionaler und überregionaler Rivalitäten, Sizilien, Kalabrien, Apulien dominierte und ein bedeutendes Reich errichten sollte. 90
Auf dem Rückweg aus dem Krieg kam es im August 1022
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