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Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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Reichskirche, der wiederholt den Thronfolger gegen seinen Vater ausgespielt hat. Und schließlich beeinflußte den »rex doctus« auch der Hofkaplan und Biograph Konrads II., Wipo.

Noch mehr Besitz und Macht für die Prälaten
    Als caput ecclesiae kommandierte Heinrich die Kirche wie wenige zuvor. Er ernannte die Prälaten so selbstverständlich wie sein Vater, und keine Frage, daß auch hier ihre Tauglichkeit für den Reichsdienst den Ausschlag gab. Sogar das Absetzen eines Bischofs scheute er nicht, wenn er es auch durch eine Synode beschließen ließ. Ebenso bedenkenlos aber verfügte er über die Mönche. Immer wieder griff er bei Abtswahlen ein, wobei das Wahlrecht keine Rolle spielte. Dem Kloster Tegernsee wies er in einem einzigen Jahr, 1042, drei verschiedene Vorsteher zu. Und eigenmächtig setzte er die. Äbte auch in Weißenburg ein, in Corvey, Lorsch, Limburg, Fulda, Ebersberg, Quedlinburg, Gandersheim, Essen sowie in italienischen Klöstern. 5
    Dennoch wundert es wohl nicht, daß dieser von kleinauf geistlich intensiv indoktrinierte, sehr religiöse, wie es heißt auch zur Askese neigende, ja, sich oft geißelnde Fürst eng mit der Kirche kontaktierte, auch mit den Repräsentanten klerikaler Reform, mit dem hl. Kirchenlehrer Petrus Damiani, dem hl. Abt Hugo von Cluny, den er 1051 sogar zum Taufpaten seines Sohnes Heinrich (IV.) bestimmte, wundert es nicht, daß dieser sich als Gesalbter des Herrn, als vicarius Christi begreifende zweite und mächtigste Salier seine Gunst besonders dem hohen Klerus, den Klöstern schenkte und über sie verschwenderisch die Fülle seiner Gaben ausgoß.
    Heinrich III. verlieh und bestätigte Bischöfen und Äbten (gelegentlich, wie in Stablo, mitten im Hochamt) jede Menge Immunitäten, Pfründen, Schutzbriefe, Gütergeschäfte, Hörige, gut zu versilbernde Hoheitsrechte, Ländereien, Forste, Wildbann, Marktrechte – ein vom friesischen Raum bis nach Italien praktiziertes Verfahren.
    Dabei waren die Kirchenfürsten mehr als reich. Patriarch Poppo von Aquileja etwa verfügte allein auf dem Markt dieser Stadt über dreißig Kaufstände und über zwanzig in der Hafenstadt Pilo. Dazu kamen Eigentumsrechte an den Flüssen, an beiden Ufern, mit dem Recht die Fischerei zu betreiben, Mühlen, Häfen anzulegen, Schiffslandeplätze, Übergangsstellen und dafür Abgaben zu kassieren, Wassergelder, Ufergelder, Pfahlbefestigungsgelder (aquatica, ripatica, palifictura). Fast alle größeren Wasserläufe Oberitaliens gehörten den Bischöfen.
    Weiter nahmen die Prälaten ganze Grafschaften entgegen, in der Zeit von Otto III. bis Heinrich III., in rund 70 Jahren, mindestens 37. Und wie kompensierte der hochgepriesene, die Kirche mit Gütern und Privilegien überhäufende homo religiosus das (ja nicht nur dadurch) seinem Fiskus entstehende Defizit? Durch »brutale Konfiskationen bei Laien« (Fuhrmann). Er nahm also meist dem weltlichen Adel, was er dem geistlichen gab.
    Dafür hatte man ihm natürlich, wie den früheren Herren, nach dem Do ut des-Prinzip entsprechend beizuspringen, das servitium regis zu leisten und, dem Friedlichen, beinah laufend Kriegsdienst. Pars pro toto wieder nur ein Beispiel: der adelsstolze Erzbischof Adalbert von Hamburg-Bremen (der sich gern als Nachkomme Ottos II. und der Kaiserin Theophano ausgab, aber der dritte Sohn des sächsisch-thüringischen Grafen Friedrich von Goseck war). »Der große Gottesmann«, berichtet der redliche Domscholar Adam von Bremen, der Adalbert doch auch viel Edles, Gutes nachrühmt, nicht zuletzt Keuschheit, Mäßigkeit, nahm »an so vielen Heereszügen nach allen Ländern freiwillig mit den Seinigen im Schweiße seines Angesichts teil«, an Kriegsfahrten, »welche der Erzbischof nach Ungarn, Slavanien«, das heißt gegen die Liutizen, »Italien und Flandern mit dem Kaiser unternahm ... jede einzelne derselben mit großen Unkosten für das Bistum und mit schweren Belästigungen der Familie verknüpft«; weshalb ja auch Heinrich, der Friedliebende, Fromme, die »unermüdliche Ausdauer« des Erzbischofs »in Kriegszeiten ... bewundernd rühmte« (Meyer von Knonau). 6
    Wurden die Prälaten aber auch mit Herrschaftsrechten, Besitz überhäuft, verschlang die enorm aufwendige Machtpolitik doch Geld wie Heu. Obwohl beispielsweise dem Kloster St. Trond die Pilgerscharen Summen spendeten, daß die Mönche mit dem Zählen nicht nachkamen – von anderen Gaben zu schweigen, war der Abt angeblich derart in Geldnot, daß er einen Teil des

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