Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
Kirchenschatzes (den er immerhin noch hatte) einschmelzen ließ, um weitere Güter kaufen und Burgen bauen zu können. Denn Grund und Boden, die Liegenschaften wollte man in jedem Fall mehren. Verschlang deshalb etwa die Gastung, die Aufnahme des umherreisenden Monarchen, der Unterhalt des königlichen Gefolges auch viel, bemühten sich geradezu ehrgeizige, auf Steigerung von Renommee und Besitz bedachte Kirchenfürsten zumindest seit dem 11. Jahrhundert um solch kostspielige Königsvisiten in ihrer Residenz. 7
Der friedliche Krieger
Daß die Kirche dem schon früh als spes imperii, als »Hoffnung des Reiches« geltenden Thronfolger, dem ringsum als gottesfürchtig, kraftvoll gerühmten, bald – jede Parallele ethisch vernichtend – König David, bald dem »großen« Karl, dem »großen« Otto an die Seite gestellten Heinrich III. gewogen war, kann kaum überraschen. Aber auch die Männer der Wissenschaft preisen ihn, alles in allem, bis heute, anerkennen generös die Heinrich von Lehrern und Wegbereitern vermittelte ideelle Basis seiner Herrschaft, seine christliche Fürstenethik, und dies, obwohl Selbstaussagen dazu fast völlig fehlen, auch entsprechende zeitgenössische Stimmen sehr dürftig sind. Doch sieht die Zunft ihn von einem »sensiblen Rechtsbewußtsein« (Boshof), von »hohem Pflichtgefühl«, »einem besonderen Ethos ... der christlichen Königsherrschaft« geleitet (Handbuch der Europäischen Geschichte), sieht ihn »von den Idealen des Friedens (pax) und der Gerechtigkeit (iustitia)« (Struve), »ganz von religiösem Geiste« erfüllt (Fleckenstein), ja keinen König vorher »von tieferem religiösem Ernst beseelt« (Fuhrmann). Selbstverständlich hatte er »höchste Ehrfurcht ... gegenüber den Schöpfungen der Kirche«, eine »geradezu priesterlich zu nennende Auffassung der Regierungsziele« (Meyer von Knonau), war sein »weltliches Herrschertum von priesterlichem Charakter« (Hlawitschka), nahezu das Schlimmste, was man einem Politiker nachsagen kann. Ja, er machte sich gar »die religiöse Friedensforderung in ihrer ganzen Konsequenz zu eigen« (Handbuch der Kirchengeschichte).
Was das heißt, läßt das katholische Werk schon wenige Zeilen darauf ahnen: »Weltliche Fürsten bekamen den Willen eines auf stetige Mehrung der Königsgewalt bedachten Herrschers zu spüren.« Denn mehrt ein Souverän stetig und spürbar seine Macht, geht es da sehr friedlich zu? 8
In Wirklichkeit gleicht diese bis heute lobumstrickte Herrschaft
praktisch
doch verdammt der früherer Regierungen, und nur ihr Umgang mit der Macht, ihre Gewaltausübung interessieren hier.
Das wird indes gerade bei Heinrich III. meist kaschiert. »Als rex et sacerdos«, meint etwa Heinz Wolter, »gründete er sein Königtum in weitaus stärkerem Maße als seine Vorgänger auf die christlich-sakrale Wurzel seiner Herrschaft, die ihm nicht nur Auftrag, sondern vor allem auch innere Verpflichtung war. Von daher nimmt es auch nicht wunder, daß die wirklich neuen Züge der Kirchenherrschaft des zweiten Saliers weniger in seinen äußeren Auftritten und Handlungen (!) – hier folgt er weitgehend (!) der von seinen Vorgängern begründeten Tradition – als vielmehr in seiner inneren Einstellung zu seinem Herrscheramt zu finden sind, die sich entsprechend der Eigenart unserer Quellen jedoch nur schwer erhellen läßt.«
Ist aber Heinrichs III. faktische Politik »weitgehend« wie die seiner Vorgänger, was uns, noch einmal, allein angeht, was soll dann seine angeblich neue innere Einstellung, zumal sie sich aufgrund der Quellen auch »nur schwer erhellen läßt«!? 9
Zwar vollzog sich der Machtwechsel – erstmals seit 973! – problemlos. Doch so unbestritten und strahlend das Regiment des knapp Zweiundzwanzigjährigen (und mit 39 Jahren Sterbenden) begann und in vieler Hinsicht, zumindest nach den Kriterien der herkömmlichen, seine Regierung gern zu den Kulminationspunkten römisch-deutschen Kaisertums zählenden Historiographie blieb, seine Machtinteressen kollidierten mit den Stammesinteressen der Herzöge von Bayern, Kärnten, Sachsen, besonders von Lothringen, mit Fürsten, die sich zu sehr in den Hintergrund gedrängt, durch den autokratischen Führungsstil verletzt, von der Reichspolitik ausgeschlossen fühlten, wie weite Kreise der Herrenschicht überhaupt.
So spannen sich langwierige innenpolitische Auseinandersetzungen an, wobei es – trotz aller von verbeamteten Claqueuren beklatschten Frömmigkeit und Friedensliebe
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