Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
Territorium zu erweitern suchten, was unter diesem Salier nicht schwerfiel. Dem Utrechter Bischof Bernold übertrug der Monarch neben mancherlei größeren Schenkungen auch zwei Grafschaften, darunter die vordem Herzog Gozelo gehörende Grafschaft Drenthe. Die Oberhirten Lüttichs (dessen Bürger erstmals um 960 anläßlich einer Revolte gegen ihren Bischof Everachus genannt werden) besaßen damals Privilegien in den wichtigsten Städten des Maaslandes, besaßen natürlich auch ländliche Grundherrschaften, Eigenklöster, große Abteien, ihre dritte Grafschaft kam 1040 dazu, selbstverständlich alles auf Kosten weltlicher Herren. Und ähnlich brachten die Seelenhirten von Metz die Herrschaftsrechte in ihre Hand, sie bestimmten Grafen, Vögte, prägten Münzen, betrieben Jahrmärkte und Export bis in den Mittelmeerraum. Der Metzer Bischof Dietrich II. von Luxemburg, ein Bruder des Erzbischofs Adalbero von Trier und der hl. Kunigunde, bekämpfte ja sogar deren Gemahl Heinrich den Heiligen (S. 65 ff.). Im allgemeinen aber standen die durch die kaiserliche Politik begünstigten Bischöfe natürlich zum Herrscher, und dieser setzte sie, wie anderwärts, etwa in Sachsen (S. 179), bewußt als Gegengewicht wider die weltlichen Magnaten ein. 11
Als sich der Konflikt mit dem Grafen Dietrich IV. von Holland (1039–1049) und dem Reich samt Reichskirche ausweitete, rückte der König noch 1046 persönlich ins Feld. Er hatte das Osterfest in Utrecht begangen, entriß darauf dem Markgrafen einen Gau und feierte das Pfingstfest in Aachen. Dietrich aber koalierte im folgenden Jahr mit dem Grafen Balduin V. von Flandern (1035–1067), gegen dessen Vater Balduin IV. schon Heinrich der Heilige im Krieg gelegen. Und er machte gemeinsame Sache mit Gottfried dem Bärtigen, dem Herzog von Oberlothringen, der neben anderen Schlägen wider den König im Oktober 1047 Verdun plünderte und verbrannte, wobei auch der Kirchenschatz und das Archiv zugrunde gingen und das Elend groß war. Gottfried entschädigte indessen bald die Kirche, die seinen Anspruch auf die Grafschaft Verdun immerhin anerkennen mußte, durch Ländereien und andere bedeutende Geschenke. Auch leistete er Kirchenbuße; ja, er soll auf dem Boden bis zum Hochaltar des Doms gekrochen und dort gegeißelt worden sein.
Dietrich von Holland schlug gegen die benachbarten Bistümer, besonders gegen Utrecht, los, das sich, wie die anderen geistlichen Herrschaften, auf seine Kosten bereicherte. Heinrich III. griff das weithin überschwemmte Holland zum zweitenmal an, wurde jedoch mit schweren Verlusten zurückgetrieben. Die große, gebäudereiche Kaiserpfalz Nimwegen, 1036 Ort seiner Vermählung mit Gunhild von England, ging bis auf den Grund in Flammen auf, diverse Reichsburgen und das Bistum Lüttich kapitulierten. Dem Dietrich von Holland aber legten die Seelenhirten Bernulf von Utrecht, Dietwin von Lüttich und Adalbero III. von Metz mit einigen anderen edlen Rittern im eisigen Winter des Januar 1049 bei Dordrecht einen Hinterhalt und töteten ihn. 12
Nur durch vielfältigen Beistand von außen, militärischen wie geistlichen, wurde Heinrich III. seiner gefährlichen Gegner Herr. Der Krieg nahm zuletzt europäische Dimensionen an. Die Könige Sven von Dänemark und Eduard von England leisteten gegen den Grafen von Flandern Flottenhilfe, und Papst Leo IX., der mehrere Wochen an Heinrichs Seite weilte, was kriegsentscheidend war, verhängte über Balduin und Gottfried den Bärtigen den Bann. Darauf streckten im Sommer 1049 erst Gottfried, dann Balduin die Waffen.
Gottfried saß bis 1051 bei Erzbischof Eberhard von Trier in Haft (der ein Jahrzehnt später selbst in Gefangenschaft geriet) – und leitete dann in Goslar am Heiligen Weihnachtsfest die Hinrichtung zum Tod Verurteilter »heretici«, vielleicht aus Lothringen. Und 1054 überraschte er durch einen ungewöhnlichen Coup. Er heiratete, von Heinrich mißbilligt, seine Verwandte Beatrix, die Tochter Friedrichs II. von Oberlothringen und Witwe des 1052 ermordeten mächtigen Markgrafen Bonifatius von Tuszien, worauf Gottfried ein Jahrzehnt eine führende, vom König nicht zu erschütternde Rolle in Italien spielte, wo sein Bruder Friedrich als Stefan IX. sogar Papst geworden ist.
Balduin aber schlug bereits 1050 wieder los, gewann auch den Hennegau für sich, worauf jedoch Heinrich, nachdem er in Maastricht noch den Kopf des hl. Servatius erworben, mit großer Heeresmacht in Flandern einfiel und es fast bis Valenciennes
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