Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
Christentum.
Dieses setzte sich denn auch kraft der Gewalt des Königs in ganz Dänemark durch. Das Heidentum dort »auszurotten« war für ihn »Ehrensache« (Wetzer/Welte). Zunächst bestimmte er dafür angelsächsische Priester, ließ für die neuen Bistümer auf den dänischen Inseln die Prälaten in England weihen und errichtete die ersten Bischofssitze in Dänemark. Aber dann wollten an diesem großartigen Geschäft, wobei Knud sein Füllhorn über Klöster und Geistlichkeit ausschüttete und auch über Papst Johann XIX., den berüchtigten Blitzkarrieristen (S. 134), doch lieber andere beteiligt sein. Unwan, der Erzbischof von Hamburg-Bremen, duldete keine von Deutschland unabhängige dänische Nationalkirche. Also ließ er kurzerhand den von Aethelroth von Canterbury zum Oberhirten von Roskilde, Seeland, geweihten Gerbrand aufgreifen und gefangensetzen. Und beraubte den Bruder in Christo so lang seiner Freiheit, bis er ihm den für Bremer Suffraganbischöfe üblichen Obedienzeid schwor. Hier fügte sich Knud schließlich im Interesse seiner deutschfreundlichen Politik und wurde ein enger Freund des Bremer Metropoliten.
In England selbst hatte er sich den Weg zum Thron »durch Blut und Leichen« gebahnt (Breßlau), das ist nun mal der Weg der »Großen«; hatte er Einflußreiche hinrichten lassen, auch Mitglieder der königlichen Familie getötet oder ins Exil geschickt. Für das katholische Handbuch der Kirchengeschichte indes – denn der Weg der »Großen« ist stets auch der Weg der katholischen Kirche – war dies noch viel zuwenig, hätten dort die »staatszersetzenden Kräfte« noch »energischer bekämpft werden müssen«! Den eigenen Schwager und Lebensretter ließ Knud wegen eines unbedachten Spottes über seine, des Königs, Flucht im Kampf meuchlerisch ermorden.
Als Knud Ende 1027 aus Rom zurückkehrte, nannte er sich nicht nur König aller Engländer, Dänen, Norweger, sondern auch teilweise der Schweden. Und sein weites Reich bot der Kirche »für die Missionierung des Nordens ganz eigene Möglichkeiten« (Handbuch der Kirchengeschichte). 23
Nun, diese ganz eigenen Möglichkeiten bestanden, wie anderwärts auch, vor allem in der Praktizierung von Gewalt. Die Mission allein wäre »im hohen Norden in der Wut, mit der die skandinavischen Reiche das Christentum verfolgten, untergegangen«. Nicht durch die Mission, durch Knud »den Großen« kam »das Christentum in dem nordischen Reiche zum Sieg« (Schöffel). Denn auch im Norden verlief die »Bekehrung« häufig brutal, wie die Quellen »in vollem Umfange« bestätigen (Kummer). Für den Christen begann der Mensch doch erst nach der Taufe in ›Seinem Namen‹ (i hans nafni). Wer sich nicht taufen ließ, wurde auch hier verteufelt; wie ja überhaupt der Teufel, den es im Heidentum, sagt Andreas Heusler, nicht gab, im neuen Volksglauben die Hauptrolle spielte; allgegenwärtiger war als die Allgegenwart Gottes.
Fast alles bisher Heilige wurde in den Dreck gezerrt, die Mission von weltlichen und geistlichen Fürsten vorangepeitscht. »Stirb oder laß dich taufen!«: bald die allgemeine Devise. Der Urenkel Harald Schönhaars (vgl. V 470 ff.), der norwegische König Olaf I. Tryggvason (994/995–999/1000), trat 994 auf den Scillyinseln zum Christentum über. Es geschah nach militärischen Diensten bei König Waldemar von Hólmgard (Novgorod) und nach Wikingerfahrten in Nord- und Ostsee, die ihn angeblich die neue Religion schätzen lehrten. Und so führte er sie endgültig und landesweit ein, »zum Teil gewaltsam« (H. Ehrhardt), ja »alle Mittel« gebrauchend, »Belehrung, Geschenke ... blutige Rache« (Wetzer/Welte). Er zerstörte heidnische Tempel und errichtete christliche, verzichtete aber nicht auf Vielweiberei (vgl. S. 414).
Vollendet wurde die Christianisierung Norwegens dann mit aller Härte durch König Olaf II. Haraldsson den Dicken (1016–1030), einen wilden, schlachterfahrenen Wikinger – und einen Heiligen wieder (Fest 29. Juli). Er habe Olafs I. »Missionswerk«, schreibt selbst das Lexikon für Theologie und Kirche, »teilweise mit Gewalt« zum Abschluß gebracht und so Norwegen »der christlichen Völkerfamilie« eingereiht. In der Tat, Olaf II. vollendete die Unterjochung der kleineren Häuptlinge und ließ die Ungetauften scharenweise vernichten. Er ließ die noch heimlich zu ihren Festen Kommenden überfallen, berauben, niedermachen, oft so grausam wie möglich. Blenden, Verstümmeln, Töten, Frauenschänden, alles war unter
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