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Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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verwüstete, auch jetzt allerdings Balduins Expansionsdrang nur vorübergehend dämpfend. Gegenseitige Kriegszüge folgten, wobei zunächst Thuin und Huy in Flammen aufgingen, der Kaiser im Sommer 1054 erneut nach Flandern vorstieß und nach Einnahme der wichtigen Grenzfeste L'Ecluse die Besatzung zum großen Teil niedermachen, dann die Orte des Landes ausrauben und einäschern ließ. Doch alle Erfolge des imperialen »Friedensbringers« (Wipo), des »von tieferem religiösem Ernst« (Fuhrmann) Beseelten als jeder König zuvor, saßen nicht so recht. Trotz großen Blutvergießens nahm der lange Kampf gegen den Grafen seinen Fortgang, bekam Heinrich die lothringische Opposition, deren historische Bedingtheit er offenbar falsch eingeschätzt, lebenslang nicht mehr ganz in den Griff, blieb zumal der Norden des Landes ein andauernder Krisenherd. Und nach seinem Tod ging der Krieg für Balduin zu Ende, wurde während der Regentschaft der Königin Agnes sein Sohn Balduin VI. mit Hennegau belehnt. 13
    Mehr noch als der Westen freilich und die dortigen Angrenzer beschäftigten Heinrich III., zumal in den Anfangsjahren seines Regiments, die Randländer im Osten.

Krieg gegen Polen und Böhmen und »das ehrwürdige Zeugnis des Alten Testaments«

    In der Nachfolge Kaiser Ottos III. suchte Heinrich Polen, Böhmen und Ungarn in seine Herrschaft einzubeziehen, die Hegemonialstellung des Reiches zu wahren und natürlich neue militärische Aufmarschräume zu schaffen.
    Die Erstarkung Polens mußte den deutschen Herren ein ständiges Ärgernis sein, die Königskrönung Boleslaws I. und Mieszkos II. anno 1025 eine kaum erträgliche Provokation. Schon Heinrich der Heilige führte ja drei große Kriege gegen das Land (S. 83 ff.), darunter sieben Feldzüge zwischen 1004 und 1017 unter seinem eigenen Kommando. Nachfolger Konrad II. war in vier Jahren immerhin dreimal persönlich Befehlshaber eines Vorstoßes gegen Polen, dem in dreißig Jahren, zwischen 1002 und 1032, nicht weniger als vierzehn deutsche Heerfahrten galten, im Durchschnitt also fast in jedem zweiten Jahr eine Invasion.
    Das entspricht indes ganz und gar einer christlichen Tradition, die bis aufs Alte Testament zurückreicht – »denn das ehrwürdige Zeugnis des Alten Testaments«, wie Kaplan Wipo weiß, »belehrt uns durch sein fruchtbares Bemühen um eine gründliche Darstellung der Urvätergeschichten vorbildhaft darüber, daß wir auch die Frucht neuer Ereignisse in die Scheuer des geistigen Besitzes einbringen müssen. Wir machen uns klar, daß Abraham seinen Brudersohn Loth im Kriege befreit hat, wir wissen, daß die Kinder Israel viele Feinde besiegt haben. Uns stehen vor Augen die Schlachten König Davids, die Weisheit Salomos, die Klugheit Gideons und die Kämpfe der Makkabäer, denn viele haben darüber geschrieben.« Das gibt derselbe Autor von sich, der mit probater pfäffischer Doppelzüngigkeit in einer Art Königsethik den Frieden und die Friedenswahrung über alles, den Herrscher als Friedensfreund (amicus pacis) preist und den Friedensfreund als Freund Christi (amicus Christi), gleichsam als Stellvertreter Gottes auf Erden – ein Programm, dem sich Heinrich III. »tief verpflichtet gefühlt« (Boshof). 14
    Nicht verwunderlich somit, daß Polens raschem Aufstieg sein noch rascheres Ende folgte, das jähe Fiasko des Piastenstaates. Mieszko II., der fast alle Nachbarn, der auch die polnische Adelsopposition und nicht zuletzt die beim Thronwechsel übergangenen Verwandten gegen sich hatte, wurde von Westen und Osten her eingekreist und 1031 gestürzt. Mit Hilfe russischer Truppen und der des deutschen Kaisers kam nun Stiefbruder Bezprym auf den Thron und erwies sich, während Mieszko und dessen jüngster Bruder Otto nach Böhmen flohen, sofort der deutschen Seite gefügig. Er lieferte Konrad II. Krone und Kroninsignien aus, wurde aber schon wenige Monate darauf ermordet. Zwar kehrte jetzt Mieszko zurück, doch nur als einer von drei Teilherrschern, von denen zwei sehr rasch, noch vor ihm, starben (vgl. S. 146).
    Nach dem Tod Mieszkos II. folgte ihm sein Sohn Kasimir I. Restaurator (1034–1058) als Herzog von Polen, das jetzt Empörungen, Krisen, Kriege nur so schüttelten. So nützte Böhmenfürst Bretislav I., der 1029 schon Mähren erobert hatte, die Stunde und fiel 1039 auch in Polen ein, an seiner Seite der 1031 vom Mainzer Erzbischof Bardo ordinierte Bischof Severus von Prag, der noch besonders hervortrat. Die beiden Herren besetzten Schlesien und

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