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Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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sicher; auch und gerade in Sachsen, wo Heinrich III. das durch reiche Silbervorkommen – damals die besten Europas – florierende Goslar zu seiner Hauptpfalz, zur »salischen Residenz« erkor, auch das Dom- und Pfalzstift St. Simon und Juda gründete, um hier bevorzugt seine Hofkapläne heranziehen zu lassen; in Sachsen, wo er vor allem die Kirche, besonders die Bistümer Hildesheim und Halberstadt begünstigte, sie überschüttete fast mit Schenkungen, mit Zoll, Münze, Gericht, mit Fährgerechtigkeit, mit einer Reihe von Grafschaften; wo er gegen die oppositionellen billungischen Herzöge die Pläne des ambitiösen Erzbischofs Adalbert von Hamburg-Bremen (1043–1072) gefördert und schließlich, gewiß nicht zuletzt, auch die eigenen Herrschaftspositionen im Harzraum laufend verstärkt und gegen die Interessen der Magnaten das Reichsgut systematisch ausgebaut hat.
    Hier in Sachsen also entging der Regent im Herbst 1047 auf dem Königshof Lesum gerade noch einem Anschlag anscheinend des Billungers Thietmar. Der Graf, ein Bruder Herzog Bernhards II., wurde im gerichtlichen Zweikampf durch den Ankläger, seinen Vasallen Arnold, so schwer verwundet, daß er drei Tage später starb. (Ein Sohn des Getöteten ließ darauf Arnold zwischen zwei Hunden an den Beinen aufhängen und so lange hin und her zerren, bis er tot war.)
    Noch kurz vor seinem Hingang im unvollendeten 39. Lebensjahr trachtete dem Kaiser 1055 ein Fürstenkomplott erneut nach Krone und Leben, u.a. Herzog Konrad I. von Bayern, Herzog Gottfried der Bärtige (S. 167 f.) und Bischof Gebhard III. von Regensburg (S. 176 f.). Der Onkel des Monarchen, der vergeblich zu leugnen suchte, kam vor ein Fürstengericht und in Haft. Er war jedoch bald wieder frei, auch wieder Bischof von Regensburg, während man einen seiner Mitverschwörer, den in der Ostmark begüterten Laien (!) Richwin, zum Tode verurteilt und seine Güter konfisziert hat. 21
    In dieser von dauernden Ränken, Positionskämpfen, Fehden, Kriegen wild zerrissenen Welt, dieser christlichen Welt, führten also diverse »Herrschaftsträger«, vor allem Bischöfe, im späten 10. Jahrhundert in Südfrankreich, wo in Aquitanien der Terror der waffentragenden Schichten besonders floriert haben soll, einen Sonderfrieden ein. Er bekam im Lauf der Zeit verschiedene Namen, pax, pactum pacis, restauratio pacis et iustitiae, pax et treva Domini, woraus dann um 1040 die Verkürzung pax Dei, Gottesfriede, hervorging. Aber auch die Formen und Zeiten differierten, die Räume, die Örtlichkeiten, die Personengruppen. Und, interessant, der Klerus stützte sich jetzt nicht nur auf den Staat als Ganzes, sondern trat auch in einen unmittelbaren Kontakt zum Rittertum, ja, ein Papst wie Gregor VII. spielte dieses gegen den Staat aus, schickte es geradezu in den Krieg gegen ihn. 22
    Im ersten Drittel des 11. Jahrhunderts, zu Beginn der Salierzeit, gelangte die Gottesfriedensbewegung – gefördert vom französischen König, der sich davon eine Stärkung seiner Stellung versprach – aus Aquitanien nach Nordfrankreich und Burgund, schließlich nach Spanien, Italien, dem Deutschen Reich. Und hier eben soll sie seit 1043 auf die »Friedensmaßnahmen« Kaiser Heinrichs III. eingewirkt haben, »und zwar im Sinne einer Steigerung zu einem umfassenden ›Friedensprogramm‹« (Reinhold Kaiser). Recht eigentlich aber griff sie erst nach 1080 auf das Reich über, als es gespalten und vom ständigen Krieg geschlagen war.
    Die bekannte Cicero-Frage erhebt sich: cui bono?; doch stets die »Kernfrage der Kriminalistik nach dem Tatmotiv bei der Aufklärung eines Verbrechens« (Duden). Und vielleicht hilft die neue Frage weiter: Wer initiierte die (göttliche) Sache, den guten Himmelsvater selbst einmal beiseite?
    Nun, kein Zweifel, vor allem der Episkopat, der in der »zerfallenden Ordnung« in erster Linie seine riesigen Kirchengüter schützen, seinen Reichtum retten wollte. Wobei er selbstverständlich nicht nur an sich dachte, keineswegs; sondern auch und gerade an seine lieben Nächsten, die »inermes pauperes« zumal, die waffenlosen Elendshaufen. Denn all die Ausgehungerten, Darbenden, Getretenen, die Witwen, Waisen, Wehrlosen standen den Kirchenfürsten doch stets am nächsten! Kurz, die pacta pacis waren ursprünglich ein Pro-domo-Akt des hohen Klerus, waren eine Art Sozialjustiz von Bischöfen und Äbten, die sich gut pastoral erklären ließ als fromme Schutz- und Sorgepflicht der Hirten für die Schafe. 23
    Mit den Hierarchen

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