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Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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verwüsteten das Land bis Gnesen. Sie plünderten offene Dörfer, äscherten sie ein, brachen Burgen und machten auch größere Städte, wie Krakau, dem Erdboden gleich.
    In Gnesen wurde aus der blutrünstigen Heerfahrt dann ein frommer Pilgerzug. Denn in Gnesen war das Grab des hl. Adalbert (V 551 ff.), hier geschah, kaum ohne Zutun des Bischofs Severus, ein Wunder, hier fastete man drei Tage, betete, tat Buße und raubte endlich – nicht ohne Zustimmung des bestochenen Papstes Benedikt IX. – Adalberts Reliquien und die weiterer Märtyrer des Jahres 1004. Man ließ sie ebenso nach Prag mitgehn wie mehr als hundert beutelbeladene Wagen und eine Menge Gefangene, alle die Hände gefesselt und den Hals in Eisen.
    Kosmas von Prag (gest. 1125), der verheiratete Priester und Dekan des dortigen Domstifts, für den katholische Polen wie katholische Deutsche »Erbfeinde« sind, zählt diese grandiose Translation der Heiligen in der ersten Chronik seines Landes, der Grundlage und bleibenden Einstellung »der gesamten böhmischen mittelalterlichen Geschichtsschreibung« (F. Graus), zu den ruhmreichsten Ereignissen von Böhmens Geschichte. Andererseits rechnet die älteste Polenchronik dieselbe Translation den größten Unglücksfällen polnischer Geschichte zu. Und wir erkennen darin die christliche Moral so vieler Jahrhunderte, das pervertierte Denken des Abendlands: Wie wenig bedeutet es doch seinen Führern, Tausende von lebendigen Menschen gewaltsam zu Leichen zu machen, und wieviel seinen Verführten, ein paar wer weiß wie alte Leichen, Knochen, Knöchlein zu haben, galten sie nur als »heilig«!
    Bischof Severus, der das groß gewordene Böhmen auch kirchlich aufzuwerten suchte, betrieb bei dem Tuskulanerpapst Benedikt IX. Prags Erhebung zum Metropolitansitz, die Schaffung einer eigenen Landeskirche, was der Lösung des Prager Bistums aus dem Mainzer Metropolitanverband gleichgekommen wäre. Doch was vor einigen Jahrzehnten den Polen und Ungarn glückte, mißlang den Böhmen. Und als Heinrich III. Bretislaws Überfall auf das unter deutscher Oberhoheit stehende Polen rächen wollte, gab Bretislaw zunächst klein bei und seinen Sohn Spitignew in Geiselhaft, rüstete aber gegen Heinrich, indem er sich zugleich mit Ungarn verband. Darauf stieß der deutsche König im August nächsten Jahres, als große Überschwemmungen im Reich viele Menschen das Leben kosteten, mit zwei Heeren gegen Böhmen vor. Das von ihm selbst geführte und von Bayern aus einfallende Kontingent erlitt jedoch eine Niederlage, den Verlust vieler Ritter und Großen, darunter eine Reihe königlicher Vasallen, Graf Reginhard, der Majordom und Fahnenträger von Fulda, sowie die meisten Krieger dieses Klosters. Dagegen hatten sich die von Norden kommenden Truppen unter Markgraf Eckehard von Meißen und dem hl. Erzbischof Bardo von Mainz (Fest 15. Juni) durch Bestechung des Grafen Prikos die Pässe des Landes geöffnet, worauf sie alles, was ihnen in den Weg kam, mit Feuer und Schwert vertilgten. 15
    Bretislaw zeigte sich im folgenden Jahr verhandlungsbereit, doch der deutsche König bestand auf bedingungsloser Unterwerfung und drang auch jetzt wieder mit zwei Heeressäulen, deren eine abermals Markgraf Eckehard und der hl. Bardo führten, auf Prag vor. Dabei »verwüstete er alles mit Raub und Brand«, ließ auch Mähren angreifen und erzwang »durch die Not« (Hermann von Reichenau) die Kapitulation des Böhmen, vor der allerdings Bischof Severus schon zum Kaiser übergelaufen war.
    Bretislaw erflehte, so steht in den Altaicher Annalen, die Erlaubnis, »sich mit seinem ganzen Reiche und den Seinen zu ergeben und die Gnade des Cäsars, wie es diesem und den Seinen gefiele, zu suchen«. Zwar durfte er Schlesien behalten, nicht aber seinen polnischen Raub. Er mußte rückständige Tribute zahlen und die deutsche Oberhoheit anerkennen. Auch hatte er fünf Geiseln zu stellen, je einen Sohn von vier Großen des Landes sowie einen eigenen – und übergab sie mit der Erklärung, der König dürfe sie bei Nichterfüllung des Vertrags umbringen mit jeder ihm beliebigen Todesart. 16
    Wie gegen Böhmen suchte Heinrich III. seine Machtposition auch gegen Ungarn auszubauen.

Heinrich, »der fromme Friedensbringer«, bekriegt das katholische Ungarn

    Nach dem Tod seines Sohnes Emmerich hatte Stefan I. seinen Neffen, den Sohn des Dogen von Venedig, Peter Orseolo, 1031 zum Thronfolger designiert. Und nach Stefans Tod 1038 folgte ihm Peter als König (1038–1041,

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