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Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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hervor und leitete die Wende ein. 39
    Ja, immer etwas in petto haben! – Die Madonna allein genügt nicht. Auch nicht die ganze Dreifaltigkeit. Der Papst hatte noch die Bankiers. Und er hatte Karl. Und Karl hatte noch seine »Kerntruppe«. Und den Hinterhalt. Auch der Hinterhalt macht Geschichte. Das Hinterhältige überhaupt. Es vor allem.
    Ungefähr 4000 Menschen lagen am Abend auf dem Schlachtfeld, elend krepiert, in der Mehrzahl vermutlich Provenzalen und Franzosen. Doch Karl I. von Anjou berichtete noch am selben Tag begeistert dem Papst, die Anzahl der Gefallenen übertreffe die von Benevent. »Die Freudenbotschaft, welche alle Gläubigen der Welt so lange ersehnt haben, biete ich Euch, Heiliger Vater, jetzt wie Weihrauch dar, und ich bitte Euch: Vater, erhebet Euch und eßt von dem Jagdwild Eures Sohnes ...«
    Ja, Stil als Spiegel keiner schönen Seele zwar, aber einer hohen, einer hochgestellten, höchsten. Und nachdem der König, Ludwig des Heiligen Bruder, dem Heiligen Vater das Resultat von Tausenden unsäglich schändlich abgemurkster Menschen als »Freudenbotschaft« gemeldet und den Blut- und Verwesungsgestank der Gemetzelten gleichsam als »Weihrauch« die papale Nase hatte kitzeln lassen, ja, ihm die erlegten Feinde als deliziöses Gericht offeriert, geschmackvoll als »Jagdwild« aufgetischt, gedachte er auch der heiligen Kirche. Er forderte »unsere Mutter« auf, sich zu erheben, »zum jubelnden Preise des Allmächtigen, der ihr durch seinen Kämpfer einen so großen Sieg verliehen ...«. Ähnlich hatte er schon nach dem Beneventer Massenmord die »Heiligkeit« gleich wissen lassen, daß der »Allmächtige ... durch meinen Arm die Sache der Kirche verficht ...«. Und erbaute dankbar nah dem Ort der Schlächterei eine Zisterzienserabtei, S. Maria della Vittoria.
    Doch der Sieg, das Grauen und die Greuel, dies alles genügte dem Schützer und Schirmer des Hohenpriesters und seiner Gemeinschaft der Heiligen nicht. Und so ließ er, vom Papst erst unlängst in Toskana zum »Wiederhersteller des Friedens« (»friedenschaffende Maßnahmen«) ernannt, vielen Gefangenen die Füße abhauen, und dann, um der (einst – wie heute – doch gar nicht so empfindlichen) christlichen Welt ihren Anblick zu ersparen, alle Verstümmelten taktvoll hinter den Mauern eines Gebäudes verbrennen. Ein Mann von Adel eben, Hochadel. Und selten zeigte er so viel Dezenz.
    Von den gefangenen Baronen befahl er alsbald eine Reihe öffentlich hinzurichten. Darunter Konradins Kämmerer für die Königreiche Jerusalem und Sizilien, Thomas von Aquino. Darunter auch der ihm meistverhaßte, ihn als General Manfreds und Kombattant Konradins erbittert bekämpfende Graf Galvano Lancia; doch exekutierte man ihn erst, nachdem sein Sohn Galiotto in den Armen des Vaters erdrosselt worden war. Und schließlich fielen auch – nach einer wieder von unglückseligen Zufällen gezeichneten Flucht – am 29. Oktober 1268 auf der Piazza del Mercato, dem Marktplatz von Neapel, das Haupt des letzten Staufers, eines Kindes, und eine Reihe von Köpfen seiner Freunde – »unde edeler herren ein teil« – im Beisein des Usurpators auf dem Schafott; von Anfang des ihnen gemachten Prozesses an beschlossene Sache.
    Der hl. Thomas von Aquin verfaßte eben seinerzeit am päpstlichen Hof in Viterbo seinen, so schwärmt ein Katholik, »herrlichen Traktat«: »Über die Herrschaft und den Lohn der Könige«. 40
    Im Jahr nach dem Schauprozeß ließ König Karl auch Konrads Halbbruder gleichen Namens und gleichen Alters, einen außerehelichen Sohn Konrads IV., in Lucera liquidieren, nur nicht durchs Beil diesmal, sondern durch den Strang. In Rom, über das der Anjou als Senator gebot, brachten seine Vikare in Kürze zweihundert Räuber an den Galgen. Denn, Ausnahmen beiseite, verfuhr man auch seinerzeit wie stets nach dem Spruch: Die Kleinen hängt man ... Als der von Karl hoch geschätzte und belohnte Guido von Montfort, Statthalter der Toskana, den englischen Prinzen Heinrich, Richards von Cornwall jungen Sohn, im März 1271 aus Blutrache in Viterbo ermordete, als er im Beisein mehrerer Könige und Kardinäle den völlig Schuldlosen vor dem Altar abstach, wobei noch zwei zelebrierende Priester umkamen, als er den Leichnam des Prinzen an den Haaren fortschleifte und über die Kirchentreppe warf, wurde der Mörder dafür nie bestraft – zwölf Jahre später aber erhob ihn ein Papst zum General im Kirchendienst. 41

10. Kapitel

Die Habsburger kommen
    »Ich ankere

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