Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
imposuisset« (Gesta Treverorum).
Im Norden wurde von der Gegenseite im Winter 1198/1199 Nordhausen erobert, wurde das reichsunmittelbare Saalfeld, noch vor Weihnachten, ausgeraubt und verbrannt, die Bürgerschaft gefangengesetzt. In Ottos Heer befand sich dabei auch der Abt Heribert von Werden. 23
Beide Thronprätendenten hatten inzwischen dem erst wenige Monate regierenden Innozenz ihre Erwählung angezeigt. Und wie einst Gregor VII. sich eines Thronstreits und der Spaltung des Reiches bediente, die Macht des Papsttums zu mehren, dieses über jenes zu erhöhen, wobei er eifrig den deutschen Bürgerkrieg anheizte (VI 287 ff.), so jetzt auch Innozenz. Denn Rom wollte die monarchische Einheit Deutschlands sowenig wie die Italiens, was sich noch bis ins späte 19. Jahrhundert auswirkt. Jetzt war es Innozenz' besondere Sorge, die drohende Abschnürung des Kirchenstaates, die Union Siziliens mit dem Reich und den Verlust der päpstlichen Lehnshoheit zu verhindern. 24
Angesichts der herausragenden Bedeutung des Römers suchte ihn jeder der Rivalen für sich einzunehmen.
Der Welfe strich die Ergebenheit seines Hauses gegenüber der römischen Kirche heraus, an der sich die Staufer vergingen, sei ja auch sein Gegner Philipp als Gebannter zum König erhoben worden; was nicht so ganz stimmte, da ihn ein Legat des Papstes, ein Vertrauter Heinrichs VI., Bischof Bernhard von Sutri, vom Bann losgesprochen, allerdings in Überschreitung seiner Instruktion. Innozenz nahm ihm darauf sein Bistum und warf ihn lebenslang in ein Klostergefängnis.
Otto aber brauchte Rom. Er war in Deutschland schwächer. Zudem verlor er seinen Bundesgenossen König Richard I. Löwenherz, der im März 1199 bei der Belagerung einer Burg des aufständischen Vizegrafen von Limoges an einem Pfeilschuß starb. Damit freilich versiegte auch der Zufluß des englischen Geldes, da Richards Bruder und Nachfolger Johann Ohneland (1199–1216) nicht, wie von jenem auf dem Totenbett verfügt, dem Neffen Otto drei Viertel des Barschatzes und alle Juwelen auslieferte, so daß Innozenz wiederholt eindringlich die väterliche Stimme erhob.
Otto aber brauchte den Papst noch mehr als das Geld. So überließ er ihm selbstverständlich das Patrimonium und die Mathildischen Güter. So versprach er, wenn auch zögernd, die Anerkennung seiner »Rekuperationen«, sowohl geschehener wie erst künftiger. Auch gab er den Exarchat von Ravenna preis, die Pentapolis, die Mark Ancona, das Herzogtum Spoleto. Es war die erste Justifikation der neuen papalen Macht in Mittelitalien, des neuen Kirchenstaates. Otto versprach ferner die Wahrung der päpstlichen Interessen in Sizilien, die gegenüber der Stadt Rom und den tuszischen wie lombardischen Städtebünden. Er versprach den Verzicht auf das Spolienrecht in Deutschland. Er versprach nicht nur militärischen, versprach auch pekuniären Beistand, ja, versprach fast alles, was man wünschte, um es dann nicht zu halten – doch gar guter alter Fürsten- und (noch immer praktizierter) Politikerbrauch.
Während der ungünstiger positionierte Welfe sich den reichlich unverschämten kurialen Forderungen – die auf nichts anderes hinausliefen als auf die Liquidierung des Kaisertums in Italien – stets mehr beugte, während auch Richard von England für den Neffen noch 2000 Mark am päpstlichen Hof gezahlt, auch eine Reihe deutscher Prälaten für den Welfen eintrat, reagierte die staufische Seite zunehmend schärfer. Sie wies Innozenz' Intervention in die italienische Reichspolitik zurück und warnte ihn vor einer Brechung deutscher Rechte, unterstützt dabei durch den französischen König Philipp II. Augustus (1180–1223), der mit Philipp von Schwaben im Sommer 1198 einen Freundschafts- und Verteidigungspakt geschlossen hatte. 25
Innozenz tritt offen für die Welfen ein
In Deutschland wütete unterdessen der Bürgerkrieg fort. Als Ottos Bruder, Pfalzgraf Heinrich, anno 1200 das Bistum Hildesheim verwüstet, stößt Philipp im Sommer gegen Braunschweig vor, in seinem Heer u.a. der Bischof von Halberstadt, der Erzbischof von Trier. Otto griff nicht in diese Kämpfe ein. Er befand sich bereits in der Defensive. Doch päpstliche und ausländische Hilfe stärkten ihn, so daß er schon im nächsten Februar erneut eine Heerfahrt zum Oberrhein unternahm.
Jahr für Jahr lösten nun solche Einfälle, dem Heiligen Vater nur zu erwünscht, einander ab. Denn je mehr und je länger man nördlich der Alpen durch die »Thronwirren« gebunden,
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