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Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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französisch, er selbst seit 1294 Vasall des französischen Königs.
    Bei seiner Wahl in Frankfurt am 27. November 1308 war Heinrich etwa vierzigjährig und mußte in Deutschland, wo er zunächst eine verhältnismäßig schwache Hausmacht hatte (allerdings seinen Sohn Johann 1310 mit Böhmen, dem späteren Zentrum der Luxemburger, belehnen konnte), mit gewissen Animositäten der rheinischen Königswähler gegen Regenten rechnen, die bevorzugt in ihrem Terrain agierten. Auch kannte er die Konfliktmöglichkeiten mit anderen Großen, mit Habsburg etwa, mit Böhmen oder Bayern. Also konzentrierte er sich von Anfang an auf Italien, eine Romfahrt, die Konsolidierung des Stauferreiches, die Renovatio Imperii, kurz auf das Gewinnen der Kaiserkrone. Schon am Wahltag waren in seiner Wahlanzeige der Ort, der Termin für die Krönung vom Papst erbeten und von diesem auch bereits 1309 förmlich versprochen worden.
    Ob Heinrichs Pläne, wie man immer wieder einwirft, anachronistisch waren, braucht uns nicht zu kümmern. Wäre sein Unternehmen geglückt, hätten die Nachfolger darauf »aufbauen«, noch genügend Glanz und Glorie hinzufügen können, welcher Historiker hätte denn die Sache unzeitgemäß gefunden? Bei den meisten bestimmen doch nur »Erfolg« und »Mißerfolg« ihr Urteil, wie die Geschichtsschreibung zeigt, weshalb sie so ekelhaft ist wie die Geschichte.
    Bestärken mochten Heinrich die Rufe der Ghibellinen, die, von den Alpen bis tief in den Süden mit den Guelfen im Kampf, einen Verbündeten in ihm erwarteten; darunter Dante Alighieri, der jahrzehntelang Verbannte, zweimal zum Tod Verurteilte, der damals den Fürsten und Völkern Italiens zurief:

    »Siehe, nun ist die freudenreiche Zeit,
    in der sich die Zeichen des Trostes und des Friedens ankünden ...
    Freue dich, Italien ... Denn dein Bräutigam
    naht zur Hochzeit, der Trost der Welt
    und der Ruhm deines Volkes,
    der göttliche Augustus und Cäsar,
    der gütigste Heinrich.«

    Doch ersehnten auch viele die Autorität des Reiches, seine sogenannte Ordnung, sein Recht, gab es viele, wohl noch mehr, die all dies eher fürchten oder gar verabscheuen mußten, denen das bestehende Chaos immer noch lieber oder doch minder verheerend schien als ein neues Inferno durch einen Kaiser. 4
    Selbst der Papst, Clemens V., der seinerzeit freilich nicht in Italien saß, empfahl den deutschen Herrscher überschwenglich, pries ihn, wie noch kaum ein deutscher König Italienern von einem Papst angepriesen worden ist: »Es mögen die dem Römischen Reich unterworfenen Völker jauchzen, denn siehe, ihr friede bringender König, der mit der göttlichen Gnade erhöhte, dessen Angesicht die ganze Erde zu schauen begehrt, kommt ihnen daher mit Sanftmut, auf daß er, auf dem Stuhle der Majestät sitzend, mit seinem blossen Wink alle Übel zerstreue und für seine Untertanen Gedanken des Friedens ausdenke.«
    Was immer dahinterstecken mag, vielleicht die Hoffnung auf Lockerung seines Abhängigkeitsverhältnisses von dem französischen Herrn, die Erwartung gar seiner Emanzipation – Geld, von Heinrich für die Finanzierung der Romfahrt erbeten, gab der Papst nicht, verweigerte vielmehr jedwede kirchlichen Einkünfte. Doch nachdem der König in Deutschland Rückendeckung gefunden, nachdem er sich arrangiert hatte mit den Wettinern sowohl, denen er Thüringen und Meißen überließ, wie mit den bei der Königswahl ausgeschlossenen Habsburgern, deren Länderbesitz er bestätigte, zog er im Herbst 1310 von Colmar über Bern, Lausanne und den Mont Cenis hinein in ein Land der Freiheitsfanale, des Partikularismus, der Anarchie, ein Land mit politisch und wirtschaftlich oft wild konkurrierenden Städten und Stadtstaaten, zerrissen in ungezählte Händel, Fehden, Kleinkriege, ein Land, das Heinrichs Zug erregt, mit Spannung entgegensah, während er in Deutschland nur geringes Interesse fand. Sein Heer, mäßig groß, wies wenig Fürsten auf, die Herzöge von Österreich, von Brabant, die Bischöfe von Lüttich, Basel, Heinrichs Brüder Walram, den Grafen von Luxemburg, und Balduin, der 1307, erst zweiundzwanzigjährig, zum Erzbischof von Trier aufgestiegen war und dann wieder wesentlich mit für den Aufstieg der Luxemburger zu einem der führenden Häuser Europas sorgte. 5
    Zunächst ging alles sozusagen gut. Deutschland war notdürftig befriedet, Italien, das Heinrich Ende Oktober 1310 erreichte, ersehnte den Frieden, und er wollte ihn auch bringen, wollte über den Parteien stehen, verstand

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