Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
anerkannte, Anfang 1200 wieder zu den Welfen. 28
Innozenz und sein Kardinallegat förderten jetzt Otto, wo immer es ging. Sie lockten, entfernten, exkommunizierten Prälaten. Den Inhaber des Bistums Cambrai (Kamerijk) machte der Papst 1201 zum Bischof von Sens und gab ihm den weifisch gesinnten Johann als Nachfolger. Den staufertreuen Dietrich von Utrecht setzte man matt, den unsicheren, geldgierigen Kölner Adolf unter Druck, ebenso die Bischöfe Bertram von Metz, Johann von Trier, dann auch die von Magdeburg, Merseburg, Bamberg, Augsburg, Passau. Gegen den Oberhirten von Toul ging man disziplinarisch vor. Erzbischof Hartwig II. von Hamburg-Bremen nahm man 1202 gefangen und entmachtete ihn.
Rom scheute keinen Vorwand, keine Pression, keine geistliche Gewalt. Und mochte einer noch so unmoralisch sein, Hauptsache, er war gut päpstlich, wie etwa der abgründig verderbte Hugo von Petraponte (Pierrepont), Bischof von Lüttich, der, wiewohl mit den Staufern verwandt, von Anfang an zu Otto stand.
Der längst verdächtige Hildesheimer und Würzburger Oberhirte Konrad I. von Querfurt, ebenso begabt wie charakterschwach, Eröffner der langen Reihe der Kanzler-Bischöfe des 13. Jahrhunderts, Kanzler Heinrichs VI. und König Philipps, der ihn freilich wegen seiner zwielichtigen Haltung im Thronstreit des Amtes enthob, wurde sogar ermordet.
Bischof Konrad, der, besonders macht- und prachtliebend, nicht einmal beim Kreuzzug auf den Prunk seines Hofstaats verzichtet, auch eine bezeichnende Rolle beim Bestechungsskandal vor Tibnin gespielt hat (S. 33), war anscheinend unter dem Druck des Papstes, seines einstigen Studienfreundes in Paris, von Philipp abgefallen. Durch den großen Bann geächtet, ging er in Rom barfuß mit einem Strick um den Hals vor Innozenz zu Boden, worauf er wieder Bischof von Würzburg wurde, der ahnungslose Philipp ihn aber für seine Dienste weiter beschenkt, u.a. noch am 8. September 1201 mit Burg Steineck an der Saale. Staufertreue Quellen bezichtigen ihn der Rebellion gegen das Reich, womit die Befestigung des Würzburger Marienbergs zusammenhängen soll, werfen ihm auch Verschleuderung des Kirchenbesitzes »auf vielfältige Weise« vor (Otto von St. Blasien). Wie der Gottesmann denn noch das Würzburger Kapitel – dessen Minderheit ihn der Eiderpressung, Simonie und Vergeudung von Kirchengut angeklagt – eidlich verpflichtet hatte, nach seinem Tod seiner Verwandtschaft 2000 Mark zu zahlen.
Als Philipp im Spätherbst 1202 nach Würzburg kam, trug man ihm nur »die abgeschlagene Hand und die blutigen Kleider« des Prälaten entgegen – ein Mord, dem König sicher erwünscht, aber kaum von ihm verschuldet, geduldet, wie jedoch zeitgenössische Chronisten behaupten. Die eigenen Bistumsministerialen, darunter Heinrich und Bodo von Ravensburg, Geschwisterkinder Heinrichs von Kalden, hatten den Oberhirten am Abend des 3. Dezember umgebracht, nicht der einzige Würzburger Bischofsmord. (Bis ins frühe 19. Jahrhundert stand deshalb im Bruderhof, südlich des Doms, auf hoher Säule ein »ewiges Erinnerungslicht«.) 29
Natürlich band die ottonische Partei jetzt auch Fürsten an sich.
Den Vater des späteren Gegenkönigs Heinrich Raspe, zum Beispiel, den Landgrafen Hermann I. von Thüringen, der allerdings nicht weniger als dreimal zu Otto überwechselte, jedesmal einen Fidelitätseid geleistet, Gelder, Geschenke von beiden Seiten kassiert, auch mehrfach Banndrohungen eingesteckt, 1211 aber wieder die Staufer unterstützt hat, ehe er – Erbauer der Wartburg, unter ihm ein Zentrum höfischer Dichtung – 1217 in geistiger Umnachtung starb. Doch gerade dieser exemplarische Pendler kam bei seinen skrupellosen Schaukelgeschäften zwar pekuniär auf seine Kosten, mußte indes wie wenige der Großen schwere territoriale Einbußen hinnehmen, ganz zu schweigen von den Verwüstungen seines Landes.
Auch Otakar I. Premysl von Böhmen wurde für den Papst gewonnen. Ja, an ihm läßt sich, wie der Altmeister deutscher Kirchenhistorie, Theologe Albert Hauck, skizziert, die Schurkerei päpstlicher Diplomatie nur allzu deutlich demonstrieren, der Mißbrauch des Geistlichen zugunsten des Weltlichen, recht eigentlich das Agens der Kirchengeschichte.
1198 war Otakar durch Philipp von Schwaben zum König erhoben und mit der Mediatisierung des Prager Bistums belohnt worden. Ergo griff Innozenz im folgenden Jahr Otakars »Eheskandal« auf. Der Fürst hatte sich von seiner Gattin Adelaide von Meißen getrennt und Konstanze
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