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Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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versteckt für den Fall einer Weigerung. Denn die Ablenkung des bald immer unbeliebteren, immer verhaßteren Regenten nach dem Osten mußte Gregor willkommen sein. 35
    Der Herrscher hatte den Orientzug politisch gut vorbereitet durch seine Hochzeit mit Isabella, der Tochter des Königs von Jerusalem (1225), der Erbin des Kreuzfahrerstaates. Denn da Johann von Brienne dort nur als Vormund regierte, hatte Friedrich jetzt einen dynastischen Anspruch, einen Besitztitel, war er der eigentliche König des Heiligen Landes, was zumindest die Legitimität seiner Kriegführung erhöhte. Außerdem hatte er Verhandlungen mit Sultan al-Kamil aufgenommen, der in zunehmenden Schwierigkeiten mit seinen Brüdern steckte, besonders in einem Machtkampf mit al-Muazzam.
    Friedrichs Heer, umfangreichere deutsche, kleinere englische, französische, spanische Kontingente, war wohl zahlreicher als erwartet, ließ aber an Stärke zu wünschen übrig, auch an der Beteiligung von Fürsten. Außer dem Thüringer Landgrafen, dem Herzog von Brabant und etlichen Prälaten fand sich nur viel kleiner Adel ein und eine überraschende Menge sogenannten Volks. Doch als sich alles im Juli/August 1227 in Brindisi sammelte, brach unter der apulischen Sommerglut, einer Hitze, so eine alte Quelle, »die das Erz zu schmelzen schien«, infolge schlechter Unterkünfte und Verpflegung eine pestartige Seuche aus. Zwar stach ein Teil der »Pilger« mit Hermann von Salza Anfang September in See, viele jedoch blieben zurück, starben oder kehrten heim. Der Landgraf von Thüringen, Ludwig IV. der Heilige, ein strammer Krieger und enger Kaiser-Vertrauter, wurde nach wenigen Tagen am 11. September in Otranto hinweggerafft, auch der Bischof von Augsburg starb – beide, munkelte man allerdings auch, »an einem Gifttrunk« (Annales Marbacenses). Friedrich selbst erkrankte schwer und begab sich, gedrängt von seiner Umgebung, wozu Patriarch Gerald von Jerusalem gehörte, in die Heilbäder von Pozzuoli bei Neapel.
    Nun sah der Vertrag von San Germano zwar eine Bestimmung für Friedrichs Todesfall vor, aber nicht – im Gegensatz zu vergleichbaren Verträgen mit anderen Feudalherren – für seinen Krankheitsfall. So nützte Papst Gregor, von Friedrich alsbald über die Unterbrechung informiert, die Gelegenheit und tat den kranken Kaiser, kaum vierzehn Tage später, am 29. September in Anagni, in vollem Ornat von der Domkanzel aus unter unmäßigen Bezichtigungen in den Kirchenbann, indes seine Priester – gute Regie – zu beiden Seiten des Hochaltars ihre flammenden Kerzen am Boden löschten. 36
    Selbstverständlich war Gregor formal im Recht. Doch hätte er den Kaiser in Anbetracht der Umstände von der Strafe dispensieren können, ihn als Opfer höherer Gewalt gerechterweise dispensieren müssen. Aber Gregor, der Friedrichs jahrelanges Zaudern, Aufschieben, Hinhalten kannte, ließ keine seiner Rechtfertigungen (vgl. MGH Const. 2, Nr. 116) gelten, empfand das Ganze nur als neue Ausflucht, Finte, tat zumindest so, erklärte die Krankheit freiweg für erlogen und sandte mit der Exkommunikation entsprechende Briefe in alle Welt, Episteln voller Verdächtigungen, Vorwürfe, Verleumdungen. Er halste dem Herrscher die Schuld am Fiasko von Damiette auf, am Tod ungezählter Kreuzfahrer, an der Pest in Brindisi, wo er, aller Versprechungen zum Trotz, das christliche Heer so lange in der Hitze, der verseuchten Luft der mörderischen Gegend festgehalten habe, »daß nicht nur ein großer Teil des Volkes, sondern sogar eine nicht unbeträchtliche Menge von Adligen und Führern an der Seuche, der Heftigkeit des Durstes und vielen anderen Unzuträglichkeiten verstarb«. Nicht wenige seien geflohen und unterwegs auf Straßen, Bergen, in Wäldern und Höhlen zugrunde gegangen; wieder andere im Vertrauen auf den Kaiser in See gestochen, der »aber verließ, ohne an seine Versprechungen zu denken, unter Bruch der Bande, durch die er gebunden war, und indem er die Furcht Gottes mit Füßen trat, unter Verachtung der Ehrfurcht vor Jesus Christus und Geringschätzung der kirchlichen Strafgewalt, indem er das christliche Heer im Stich ließ, das Heilige Land den Ungläubigen preisgab und die Ergebenheit des christlichen Volkes nicht achtete, zu seiner und der ganzen Christenheit Schmach den Hafen und zog sich, verlockt und verleitet, zu den gewohnten Schwelgereien seines Königreiches zurück, bestrebt, die Niedertracht seines Herzens mit leichtfertigen Ausreden zu bemänteln, wie man sagt

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