Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
verhandelte sofort und geschickt mit Sultan al-Kamil, der von dem fließend arabisch sprechenden, mit arabischer Kultur und Wissenschaft vertrauten Kaiser anscheinend beeindruckt war, allerdings selbst keinen Krieg wollte und sich wohl auch sagte, wie die muslimische Seite überliefert, daß er den ewig zerstrittenen Christen, das, was er ihnen nun zugestand, bei Gelegenheit wieder abnehmen konnte. Äußerlich schienen die Muselmanen offenbar weniger von dem Staufer berührt; glatzköpfig sei er, kurzsichtig, ja, meint einer, »auf dem Sklavenmarkt wäre er keine 20 Dirham wert gewesen«.
Die Papstpartei aber, die sich nicht scheut, den Sultan während der Verhandlungen zu ersuchen, Jerusalem dem Kaiser nicht auszuliefern, beschuldigt diesen dann, als er es besitzt, mit dem Sultan verhandelt zu haben. Denn Friedrich gewann durch den Vertrag mit al-Kamil vom 18. Februar 1229 zu Jaffa kampflos, ohne jeden Schwertstreich, nur mit einem Federstrich Jerusalem, ausgenommen den Tempelplatz mit den islamischen heiligen Stätten des Felsendomes und der Aqsa-Moschee, bei freiem Geleit für Mohammedaner; er gewann Bethlehem und vielleicht Nazareth samt seinem Korridor (zwischen Jaffa und Jerusalem) zum Meer für zehneinhalb Jahre sowie viel Land im Norden. Die Umgebung Jerusalems dagegen, mit einst enormem »Besitz des Hl. Grabes«, blieb muslimisch.
Gleichwohl sahen die Fanatiker in diesen Vereinbarungen ihres Führers Verrat und ein gewaltiges Unglück. »Groß war das Wehklagen, Jammern und Weinen unter den Mohammedanern«, berichtet der Araber Makrizi. »Die Imam und die Muazzin von Jerusalem kamen zum Zelte el-Kamils, wo sie sich vor dem Ausgang aufstellten und außerhalb der Zeit den Ruf zum Gebete anstimmten ... und nicht nur schwerer Tadel erhob sich deshalb gegen Malik el-Kamil, sondern auch tiefer Groll in allen von Mohammedanern bewohnten Gebieten.« 38
Der Papst aber qualifizierte den Friedensvertrag als Schmach und Verrat an der Sache der Christen und obendrein wertlos, da nicht, was falsch war, mit dem legitimen Herrn Jerusalems, dem Sultan von Damaskus, abgeschlossen. Der Patriarch Jerusalems, agitatorischer beinah, päpstlicher als der Papst, versagte selbstverständlich seine Mitwirkung bei der bevorstehenden Inthronisation. Und die Templer gar, zum Pilgerschutz gegründet, hatten dem Sultan – wohl »auf Veranlassung des Papstes« (Katholik und Papsthistoriker Kühner) – die Stunde genannt, zu der Friedrich am Jordan, an Jesu Taufstelle sein würde, als gute Gelegenheit, ihn umzubringen; er empfing indes keinen Sarazenendolch, sondern den verräterischen Templerbrief samt kurzem Sultankommentar.
Unirritiert nahm der Staufer am 18. März 1229, an einem Sonntag, in der Grabeskirche von Jerusalem vor zahlreichen Zuschauern, doch ohne alles kirchliche Brimborium, die Krone des Königreichs eigenhändig vom Altar und bekrönte sich selbst. Ein hochprovokativer Akt, dem noch am Krönungstag ein nicht minder kühnes Manifest an die Völker der Welt folgte. Darin versetzte sich der Herrscher, in der Tradition davidischen Königtums, gespickt mit Bibelsprüchen und mit dem für den Kanzleistil der Spätstauferzeit typischen Pathos, fast in Gottnähe, den Rechtgläubigen gebietend, »weit und breit auf dem Erdenrund« zu verkündigen, »daß jener, der gebenedeit ist für alle Zeiten, uns heimgesucht und Erlösung geschaffen seinem Volke ...«.
Der Patriarch belegte am nächsten Tag »die heiligen Stätten« mit dem Interdikt und verbot Pilgern den Zutritt. Friedrich II. aber hatte erreicht, was der Westen mit all seinen blutigen Offensiven seit Jahrzehnten, seit dem Dritten Kreuzzug, nicht zustande gebracht. Auch der katholische Theologe und Papsthistoriker Seppelt räumt ein, daß einerseits der Papst den Kreuzzug dadurch sehr gefährdete, daß er »dem Kaiser Schwierigkeiten über Schwierigkeiten in den Weg legte«, daß man andrerseits den beträchtlichen Erfolg der Christensache »vor allem der überlegenen Verhandlungskunst und dem hohen persönlichen Ansehen des Kaisers bei den Muslim [sic] zu verdanken« hatte. Aber auch in den eigenen Reihen war Friedrichs Ruf gewachsen, der Respekt vor ihm noch gestiegen.
Um so mehr erregte sich der Papst, der schon zuvor den Staufer Parteigänger der Sarazenen gescholten, Diener Mohammeds, Feind der Kirche Christi. Gregor verdammte das ganze Geschehen und trieb gegen den Kaiser vom Heiligen Rom bis zum Heiligen Land, wo der Patriarch, gewiß weisungsgemäß, mit
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