Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
solchem Erfolg die päpstliche Hetze aufnahm, daß die Menge Friedrich vor seiner Einschiffung in Akkon am 1. Mai 1229 nicht mehr, wie bei seiner Ankunft, umjubelt, sondern beschimpft hat. Ja, die Metzger sollen ihm, dem mächtigsten Mann der westlichen Welt, bei seinem Ritt zum Hafen stinkende Gedärme nachgeschmissen haben.
Dem Kaiser pressierte es.
Kaum nach seiner Abfahrt in den Orient waren an der Grenze des Kirchenstaates Unruhen ausgebrochen, blutige lokale Erhebungen, die der Papst anheizte, indem er Friedrichs Untertanen im süditalienischen Reich von ihrer Gehorsamspflicht entband, worauf es zum Einmarsch des kaiserlichen Stellvertreters Reinald von Urslingen, Herzogs von Spoleto, in die »rekuperierten« Gebiete des hl. Petrus kam (mit schlimmen Ausschreitungen der Sarazenenverbände) und zur Exkommunikation des Herzogs durch den Papst.
Gregor hatte den Krieg, diesen gerade unter katholischen Moralbegriffen besonders unmoralischen Krieg, der viel Geld verschlang und für den er von der Welt noch Unterstützung heischte, als seine Truppen vor Friedrich schon davonzulaufen begannen, dreifach vorbereitet. Einmal durch einen Pakt mit der Lombardischen Liga, die ihn freilich schmählich im Stich ließ; dann durch Aufwiegelung der deutschen Fürsten und die angestrebte Wahl eines Gegenkönigs, des Welfen Otto von Lüneburg, eines Neffen Ottos IV., um die sich der Legat, Kardinal Otto Candidus von St. Nikolaus, allerdings gleichfalls vergeblich mühte; endlich durch eine von Gregor VII. einst so ersehnte »militia Sancti Petri« (VI 247 ff.), eine eigene päpstliche Streitmacht, die er bereits vor Friedrichs Abfahrt angeworben. Zu finanzieren suchte er die »Schlüsselsoldaten« (clave signati) – nach ihrem Abzeichen, dem Schlüssel Petri genannt – durch Kirchentribute, Besteuerungen von Italien bis England und Skandinavien.
Ganz Europa rief er auf, Soldaten zu schicken und Geld – beides für einen Krieg gegen einen katholischen Kaiser, der auf einem Kreuzzug war und dem er, der Heilige Vater, unterdessen sein Königreich entreißen wollte; mal was Neues in der Heilsgeschichte. Denn das Land eines Kreuzfahrers hatte nach Völker- und Kirchenrecht unantastbar zu sein. Nun aber wurden drei päpstliche Armeen ins Feld geführt: von Johann von Brienne, dem Jerusalemer Exkönig und kaiserlichen Schwiegervater, von Kardinal Johann Colonna und von dem Kaplan des Papstes, Pandulf von Anagni. Zuletzt stand alles unter dem Kommando des Kardinals Pelagius, der so selbstbewußt schon den Kreuzzug von Damiette ins Verderben befohlen (S. 223 ff.), jetzt anscheinend sogar Gefangene verstümmeln und töten ließ, auch die Kirchenschätze von San Germano und Monte Cassino kassierte, als dem Papst das Geld für seinen Krieg ausging.
Indessen eroberten Gregors »Schlüsselsoldaten« beträchtliche Teile des unteritalischen Königreichs. Sie »legen Feuer an Dörfer und Städte«, meldet Graf Thomas von Acerra im Frühjahr 1229 dem Kaiser, »rauben Güter und Vieh, nehmen die Menschen gefangen und setzen sie den verschiedensten Martern aus, erpressen die höchsten Lösegelder, schonen kein Alter und Geschlecht, lassen außer Kirche und Friedhof nichts in Frieden, verheeren Dörfer und Burgen und nehmen keinerlei Rücksicht darauf, daß Ihr im Dienste Jesu Christi steht«. Aber der Heilige Vater hatte nun mal, wie der Graf von Acerra dem Herrscher auch schreibt, »gegen das christliche Gebot beschlossen, Euch mit dem weltlichen Schwerte zu besiegen, da es ihm nicht gelang, Euch mit dem geistlichen niederzuwerfen«.
Tatsächlich schwang Gregor, recht schön christlich, väterlich, päpstlich, beide Schwerter. Noch im August 1229 wiederholte er Friedrichs Bannung und noch im September gebot er französischen Bischöfen, ihm mit Truppen ungesäumt Beistand zu leisten. Er beanspruchte andere Rechte, befahl die Annexion eroberter Gebiete und ließ sich huldigen als neuem Landesvater. Man verbreitete das Gerücht vom Tod des Kaisers. Es herrschte Anarchie, Abfall und Aufruhr bis Sizilien, wobei die Franziskaner als eifrigste Werkzeuge papaler Politik fungierten, als Wegbereiter des Umsturzes. Friedrich wies sie samt und sonders aus, nachdem er, kaum zurück aus dem Orient, das Königreich, auch mit Sarazenen unter dem Banner Christi, in zwei Monaten – barbarisch hart gegenüber Abtrünnigen, selbst einen gefangenen Bruder des Papstes soll er haben hängen lassen – wieder an sich gebracht und die Päpstlichen bis in den
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