Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
Kirchenstaat zurückgeschlagen hatte, dessen Grenze er nicht überschritt. 39
Gregors doppeltes Spiel im Kampf um die Lombardei
Wie schon früher, mühte sich der Kaiser auch jetzt jahraus, jahrein um bessere Kontakte zum Papst, der jedoch unzugänglich blieb, nur notfalls, wenn ihm, mehr als einmal, das Wasser am Hals stand, doch auch dann nur widerwillig und mehr scheinbar, in Verhandlungen eintrat, während Friedrich wirklich Frieden mit der Kirche und seine Wiederaufnahme suchte, sogar ein Bündnis mit dem Papst.
Noch von Jerusalem aus hatte der Kaiser Gregors feindseliges Vorgehen entschuldigt. Und kaum in Apulien gelandet, betrieb er die Aussöhnung mit ihm. Wiederholt schickte er Kuriere an seinen Hof und schaltete, neben immer neuen Gesandten, auch den Deutschordensmeister Hermann von Salza (um 1170–1239) ein. Der versierte Diplomat zählte zu den engen Beratern des Kaisers, besaß aber gleichzeitig das Vertrauen des Papstes und spielte seit 1222 zwischen ihnen eine bedeutende Vermittlerrolle. Auch deutsche Fürsten und Bischöfe wurden bemüht, bis es nach langen, in San Germano geführten, in Ceprano abgeschlossenen Besprechungen, nach vielem Gefeilsch des Papstes im August 1230 zum Friedensschluß kam und zur Lösung der über Friedrich seit September 1227 verhängten Exkommunikation. Dafür freilich mußte dieser die besetzten Gebiete des Kirchenstaates räumen, im Königreich Sizilien freie Bischofswahlen gewähren, auch die Befreiung des Klerus von allgemeinen Steuern und weltlichem Gericht (Privilegium fori) sowie die Amnestie politischer Gegner, aller Vertriebenen und Verbannten. 40
Ein erstaunliches Entgegenkommen, ja Schuldeingeständnis, eine Kapitulation. Dabei ein Friedensschluß ohne Frieden, ein scheinbarer Frieden. Denn im Grunde wollte der Papst, der hier zweifellos gewann, keinen Frieden, keinerlei Frieden mit dem Kaiser, wie auch der keinen wünschte um jeden Preis, auch er Mißtrauen hegte, Hintergedanken, was sich bald zeigte, was schon der Friedensvertrag selbst erkennen ließ. War doch das Entscheidende, der Kern der Auseinandersetzung, gänzlich ausgeklammert, überhaupt nicht erwähnt: die lombardische Frage. 41
Die oberitalienischen Stadtrepubliken standen seit Jahrzehnten gegen die zentralistische Stauferpolitik, was schon unter Barbarossa zu schweren Kämpfen, zur Zerstörung Mailands führte (VI 497 ff.! 532) und 1167 zur Gründung der Lombardischen Liga. Allerdings gab es traditionell stauferfreundliche (besonders Cremona) und stauferfeindliche Städte, letztere von Mailand angeführt. Die Gruppierungen wechselten aber, und 1226, als der Kaiser in Oberitalien seine »Ketzer«-Gesetze durchzubringen suchte, reorganisierte man die Liga, schlossen sich verschiedene Kommunen und Signorien der Poebene zum »Zweiten Lombardenbund« gegen Friedrich zusammen, der nun wieder jene bekämpfte, denen sein Großvater unterlegen war.
Friedrich wollte die durch Fehden zerrissene Lombardei »befrieden«, wollte Oberitalien konsolidieren, zu seinen Gunsten, versteht sich, wollte es nach dem Beispiel Siziliens straff strukturieren, absolutistisch, was dem Papst strikt widerstreben mußte, da er selbst auf Leitung der christlichen Welt, auf Unterordnung aller anderen Mächte beharrte. Doch brauchte er den »Tyrann von Sizilien« wider die in Oberitalien grassierende »Ketzerei«, brauchte ihn noch mehr im Kampf gegen Rom, bei dem er sich gern in Viterbo durch Friedrichs Truppen verteidigen ließ. Einerseits kam er ihm, der so unzweideutig seine Partei ergriff, soweit es die Verhältnisse erforderten, entgegen; insgeheim aber stand er auf der Seite des Feindes. Und als Friedrich am 14. Januar 1232 über die Liga die Reichsacht Verhängte, schickte Gregor zu Verhandlungen prompt zwei lombardenfreundliche Kardinäle in den Norden, beide überdies gebürtige Lombarden, ja, einer von ihnen, Otto von St. Nikolaus, hatte während Friedrichs Kreuzzug die Wahl eines deutschen Gegenkönigs propagiert (S. 238). Sie traten denn auch offen für die Liga ein, die schon einem Heer von mehr als 20000 Mann gebot, indes der Papst nur versteckt ihre Sache betrieb, doch eindeutig zum Nachteil des sich wieder einmal beugenden Kaisers. 42
Als aber im Herbst 1233 ein Umschwung in Rom Gregor erneut in die Bredouille brachte, als er im nächsten Sommer nach Rieti floh, die Römer den Lateran, Kardinalspaläste plünderten, päpstlichen Familienbesitz in der Campagna, als überhaupt ein Ausgreifen der Unruhen in
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