Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
verschwand (vgl. IV 14. Kap.!). »Darum denn«, schließt Gregor, nachdem er Friedrich noch an »das Recht des apostolischen Stuhles« und die »Treuepflicht« erinnert hat, »demütige Dich unter die gewaltige Hand Gottes ...« Und diese Hand, kein Zweifel, ist in diesen Kreisen stets die ihre. Denn »Gott«, das sind die Herren selbst! 44
Der Kaiser fackelte jetzt nicht mehr lang. Er stand im August 1236 mit starken Kräften in Verona, verließ gegen Jahresende die Lombardei, wo unter seinen Vertretern überall der Bürgerkrieg entbrannte, bis er selbst im September des darauffolgenden Jahres mit doppelt großer Streitmacht wiederkam, sein Eingreifen natürlich nicht als »Krieg« betrachtend, sondern als ein Wiederherstellen der Ordnung, eine »Exekution des Rechts«. Er nahm Mantua in Besitz, und am 27. November 1237 ritten bei Cortenuova – »ein furchtbares Gemetzel« (Salimbene von Parma) – die schweren deutschen Reiter das mailändische Heer vollständig zusammen. Der Podestà der Stadt, ein Sohn des Dogen von Venedig, wurde gefangen und ihr Fahnenwagen (carroccio) erbeutet. Im Frieden in der Kathedrale (!) aufbewahrt, im Krieg hervorgeholt (»extrahere carrocium«, auch in übertragener Bedeutung gebraucht), hatte das Kriegsvehikel sakralen Charakter und genoß patriotische Verehrung. Friedrich zog darauf triumphal in Cremona ein, voraus ein weißer Elefant, und oben am Mast, in Ketten, Mailands Podestà Pietro Tiepolo. Später schickte man das grandiose Beutestück mit weiteren Feldzeichen den Römern, zum Verdruß des Papstes.
Doch hatte der Sieg nicht die erwarteten Folgen. Zwar unterwarf sich Mailand, aber nicht, wie Friedrich es von Rebellen verlangte und gerade von einer seinem Hause so verhaßten Stadt, bedingungslos, auf Gnade und Ungnade. Also ging der Krieg weiter, allerdings ohne einen nennenswerten Erfolg des Kaisers. Die Kommunen nämlich, die ihm außer Mailand noch widerstanden, Genua, Piacenza, Alessandria, Bologna, Faenza und Brescia, mieden die offene Feldschlacht und hielten sich hinter anscheinend unbezwingbaren Mauern bedeckt. Fast ein Vierteljahr berannte er im Spätsommer 1238 Brescia vergeblich, wobei die Brescianer die Gefangenen aus dem kaiserlichen Heer außerhalb der Stadtumpfählung an den Armen aufhängten.
Mit ramponiertem Prestige und schlechten Aussichten zog Friedrich am 9. Oktober ab, während Gregor – erstes Resultat der kaiserlichen Niederlage – eben jetzt, nach dreijährigem Exil, unter üblichem Volksgejubel, doch gegen eine Gebühr von mehr als 10000 Pfund baren Goldes, wieder in Rom einziehen konnte. Auch kriselte es dort weiter, wo es gerade den lang anhaltenden Aufruhr des Petrus Frangipane gegeben, Sproß eines meist papstfreundlichen, seit Heinrich VI. aber papstfeindlichen Geschlechts, jetzt die mächtigsten römischen Parteigänger der Staufer. Deshalb ließ Gregor auch gleich die Burg der Frangipani zwischen Kolosseum und Palatin, die Turris Chartularia, schleifen, was den Verlust vieler antiker Denkmäler bedeutete, wie schon bei ungezählten anderen Tumulten im christlichen Rom und im ganzen Christenreich (vgl. III 559 ff. u.o.). 45
Gregor holte nun zum endgültigen Vernichtungsschlag aus, zum Kampf auf Leben und Tod, von beiden Seiten mit beinah beispielloser Leidenschaft geführt. Papstlegat Gregor von Monte Longo, Friedrichs entschiedener Widersacher, stiftete in Oberitalien weisungsgemäß Frieden und Bündnisse unter den Feinden des Kaisers. Und Heiligkeit selbst versöhnte aufwendig, doch in aller Heimlichkeit, zwei der führenden Seemächte des Landes, die alten Rivalen Venedig und Genua, verpflichtete sie zum gegenseitigen Beistand und verband sich mit ihnen im Spätherbst 1238 für neun Jahre gegen den Staufer, wobei der Pakt insbesondere auch einen Angriff auf das Königreich Sizilien vorsah.
Ein Brief Friedrichs vom 10. März nächsten Jahres an das Kardinalskollegium, das gespalten war, hat dieses nicht erreicht; der Papst fing das Schreiben ab. Und am 20. März 1239, Palmsonntag – der Tag, an dem in Salerno der Hochmeister des Deutschen Ordens, Hermann von Salza, der bisher das Schlimmste verhindert hatte, starb –, schloß er Friedrich erneut aus der Kirche aus. Er entband seine Untertanen vom Treueid, wiederholte den Bannfluch öffentlich und feierlich am Gründonnerstag, traditioneller Termin für derlei papale Feindesliebeakte. Dann teilte er der Welt mit, er habe des Kaisers Leib »dem Satan überliefert ...«, worauf er all
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