Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
um Rat fragt, zwei Jahre, wer Zauber- oder Teufelslieder über Brot und Kräuter spricht. Wahrsager, Vogeldeuter sollen drei Jahre bei Wasser und Brot büßen, Zauberer, Wettermacher fünf bzw. sieben Jahre, davon drei bei Wasser und Brot. Drei Jahre Buße treffen den, der »am ersten Januar mit einem Böcklein oder einem alten Weibe spazieren gegangen ist«. Ebenfalls drei Jahre oktroyiert man einem Weib, das »den Samen ihres Mannes in die Speise mischt, um seine größere Liebe zu gewinnen«. Ein Mord mittels Zauberei wird durch sieben Jahre Buße gesühnt. 10
Freilich vermied man die schlimmsten Strafen. Ja, Karl »der Große« verhängte auf einer von ihm einberufenen Synode die Todesstrafe über den, der, »vom Teufel verblendet, nach der Weise der Heiden glaubt, daß ein Mann oder eine Frau ein Hexer oder eine Hexe ist und ... ihn oder sie verbrennt«. Und 799/800 verfügt die Synode von Reisbach, Diözese Freising, zwar, daß Zauberer, Weissager, Wettermacher »mit sorgfältigster Prüfung festgehalten« werden, aber »daß sie nicht das Leben verlieren, sondern im Gefängnis erhalten werden mögen, bis sie durch Gottes Eingebung die Ausmerzung ihrer Sünden geloben«.
Ebensowenig ist von Todesstrafe in dem »Canon Episcopi« die Rede, der im Mittelalter häufiger erwähnt und von Regino von Prüm (V Register) 906 in seine Sammlung von Synodalbeschlüssen aufgenommen wurde. Demnach sollen Leute, die sich mit der vom Teufel erfundenen Kunst der Zauberei und Wahrsagerei befassen, mit Schimpf und Schande aus ihren Gemeinden ausgestoßen werden. Seien Hexenflug und Hexensabbat, nächtliche Ritte mit Diana durch die Luft doch nichts als heidnischer Irrglaube, Blendwerk der Dämonen. 11
Was kleine und große Kirchenlichter glaubten
Allerdings nisteten Dämonenwahn und Zauberspuk im Laufe des späteren Mittelalters immer alberner, abgeschmackter in den Köpfen selbst führender Christen. Hat die Kirche doch überhaupt, wie in manchen Glaubensfragen, ihre Einstellung auch zum Hexenwesen geändert, geradezu ins Gegenteil verkehrt. Betrachtete sie nämlich überwiegend von der Antike bis ins Hochmittelalter hinein all die diesbezüglichen Wahnvorstellungen als irreal, als paganen Mumpitz, den sie bekämpfte, so gab sie dies an der Schwelle zum Spätmittelalter als Wirklichkeit, als terrible Realität aus.
Welchen Stuß sie dereinst der Welt über das Wirken der Dämonen vorsetzte, deute hier pars pro toto bloß ein Beispiel an, der »Dialogus magnus visionum atque miraculorum« des Caesarius von Heisterbach aus dem frühen 13. Jahrhundert.
Dem kraft seiner »Gelehrsamkeit« bald magister novitiorum und Prior gewordenen Zisterzienser kam in der mittelalterlichen Predigtliteratur gleichermaßen Bedeutung wie Beliebtheit zu. Er war einer der populärsten Exempelschriftsteller, und seine ausführlichen Stupiditäten dienten ebenso der dogmatischen und moralischen Belehrung der Mönche wie als Predigtvorgaben für Priester, prächtige Illustrationen christgläubigen Zeitgeistes.
Zunächst allerdings hatte Caesarius offensichtlich keinerlei Lust auf das Klosterleben verspürt. Erst als ihm sein künftiger Abt die »herrliche« Geschichte von Clairvaux erzählte, wo einst zur Erntezeit »die Brüder im Tal mähten, die heilige Mutter Gottes, die heilige Anna, ihre Mutter, und die heilige Maria Magdalena vom Berge kamen, in großem Glänze ins Tal hinabstiegen, den Schweiß der Mönche abwischten, mit den Ärmeln fächelnd ihnen Kühlung zuwehten ...«, erst da, ja, gab's kein Halten mehr für den Berufenen, da wurde Caesarius »so erschüttert«, daß er in die Kutte schlüpfte und seinerseits, hochgelehrt wie er war, ein famoses Histörchen nach dem andern, hunderte, zum Besten gab.
Zum Beispiel von einem Zisterzienserabt, »der gestorben war und wiederauflebte«; von einem Marienbild, »das schwitzte«; von der hl. Gottesmutter, die die abgeschnittene Zunge eines Geistlichen durch eine neue ersetzt (worauf er mit heller Stimme ruft: »Heil dir, Maria, reich an Gnaden, und so weiter ...« und die gesamte Brüderschaft Clunys das Wunder bezeugt).
Vor allem aber meldet der weltkundige Zisterzienser immer und immer wieder, wie Teufel und Dämonen ihren Terror treiben, wie sie die Kebse eines Pfaffen jagen, eine Priestertochter verführen, wie ein geiler Geist über Jahre eine Frau beschläft, und dies mit ihrem Mann im selben Bett. Auch meldet Caesarius, daß der hl. Bernhard ein Weib von einem Inkubus befreite; daß
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