Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
Verfolgungen, allmählich aber kooperierten Kirche und Staat auch gegen Zauberer und Hexen.
So bestimmt das erste deutsche Prosawerk, der »Sachsenspiegel«, Eike von Repgows berühmte Aufzeichnung des sächsischen Rechts um 1225: »Swelk cristen man ungeloubich ist oder mit zoubere umme geit oder mit vergiftnisse, unde des virwunnen wirt, den sol man uph der hurt burnen.« Und auch nach dem im 13. Jahrhundert entstandenen, von der Schweiz bis in das deutsche Ordensland verbreiteten »Schwabenspiegel« soll man Zauberer oder Teufelsbündler, es »si wip oder man, ... brennen oder swelchen tot der rihtaer wil, der noch erger ist dann brennen ..., und alle die ez wizzen und verswigent oder die ez ratent oder lerent, waerdent die des bewaert als recht ist, den sol man das houbet abslahn.« Beide Rechtsquellen galten bald als Kaiserrecht, der »Schwabenspiegel« wird sogar in den Handschriften häufig als »kayserlich Rechtsbuch« oder ähnlich betitelt. Und um die Mitte des 15. Jahrhunderts sollen auch nach dem »Richterlich Klagspiegel« Zauberer (maleficos) »getöt werden«, soll jenen, die »solch verboten sach treiben, ... das haubt abgeschlagen«, sollen die, die »das gemüt der frawen biegen und neigent zu liebe, begird und unkeuschheit ... den wilden tieren fürgeworfen ... oder villeicht mit dem schwert getoetet werden«. 17
Insgesamt aber hielt sich die profane Obrigkeit zurück, schaltete sich die weltliche Justiz, ausgenommen etwa Fälle von Schadenszauber, während des ganzen Mittelalters noch eher selten ein. »Der Vorrang der Initiative lag zunächst bei der geistlichen Gerichtsbarkeit, besonders bei Inquisitoren« (Trusen). In ihre Kompetenz fiel ja die Hexerei, seit man alle möglichen Wahrsage- und Zauberkünste, die ganze schwarze Magie unter dem Begriff der Häresie subsumierte und den Teufelspakt, die Teufelsbuhlschaft, den Hexenflug und Hexensabbat, die rituelle Teufelsanbetung als Apostasie, satanische Gegenkirche, als bewußte Abkehr von Gott verstand.
Der Übergang von der »Ketzer«- zur Hexeninquisition vollzog sich im Laufe des 13. Jahrhunderts, in dessen zweiter Hälfte es noch wenig Hexenprozesse gab. Hundert Jahre darauf und später aber mehrten sie sich in Südfrankreich, Nordspanien, im Süden Deutschlands, vor allem auch in den oberitalienischen Alpentälern (Val Tellina, Valcamonica etc.), ferner in der Schweiz, in Fribourg, Neuchâtel, in den Diözesen Lausanne, Genf, Sion, nicht zuletzt im Wallis, wo nach dem zeitgenössischen Luzerner Chronisten Johann Fründs der Dominikanerinquisitor Uldry de Torrenté bereits gegen die »ketzerye der hexsen« vorgeht und in eineinhalb Jahren zweihundert Menschen verbrennt. (In Luzern taucht 1419 in einem Verfahren gegen einen gewissen Gögler erstmals der schwyzerdütsche Begriff »hexerye« au f.) Und bereitete schon das verhängnisvolle Edikt Johanns XXII. gegen die Zauberei großen Pogromen den Weg, so erst recht der berüchtigte Erlaß Innozenz' VIII. 18
»Hexenbulle« und »Hexenhammer« erleuchten die Neuzeit
Einer der vielen Inquisitoren jener Tage war der um 1430 in der elsässischen Reichsstadt Schlettstadt geborene Dominikaner Heinrich Institoris (Kramer). Seit 1470 als Hexenverfolger aktiv, wurde der Dr. theol. schließlich zum Inquisitor für ganz Deutschland ernannt, stieß aber auf so starken Widerstand, daß er nach Rom reiste, sich den Beistand des Heiligen Vaters zu sichern.
Papst Innozenz VIII. (S. 291 ff.)) zögerte auch nicht, am 5. Dezember 1484 in der Bulle »Summis desiderantes affectibus«, der berühmten Hexenbulle, die Welt zu warnen, die Christenheit aufzuklären, allein genötigt durch »Unser Gottseliges Verlangen«, gedrängt von »der höchsten Begierde ..., wie es die Sorge unsers Hirten Amtes erfordert, daß der Catholische Glaube fürnehmlich zu unseren Zeiten allenthalben vermehret werden und blühen möge, und alle Ketzerische Bosheit von den Gräntzen der Gläubigen weit hinweg getrieben werde ...«
Der Heilige Vater scheint baß entsetzt, ist ihm doch »neulich nicht ohne grosse Beschwehrung zu unsern Ohren gekommen, wie daß in einigen theilen des Oberteutschlands, wie auch in denen Meyntzischen, Cölnischen, Trierischen, Saltzburgischen (und Bremer) Ertzbistümern, Städten, Ländern, Orten und Bistümern sehr viele Personen beyderley Geschlechts, ihrer eigenen Seligkeit vergessend, und von dem Catholischen Glauben abfallend, mit denen Teufeln, die sich als Männer oder Weiber mit ihnen vermischen,
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