Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
des Aberglaubens im Begriff der Hexen und der ketzerischen Hexerei. Seine Superstitionssystematik legte die theoretischen Grundlagen für die Lehre von Teufelsbündnis und Satanskult und trug dadurch wesentlich zur Entwicklung des spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Hexenwahns, der Hexenverfolgung und der Einrichtung der Inquisition bei.«
Christoph Daxelmüller im Lexikon des Mittelalters 2
»Albrecht Dürer (1471–1528) begann spätestens 1497 mit der Produktion von Hexenbildern, gefolgt von anderen berühmten Künstlern seiner Zeit wie Hans Baldung Grien (1485–1545), Niklaus Manuel Deutsch (ca. 1483–1530), Urs Graf (ca. 1485–1525) oder Albrecht Altdorfer (1480–1538). Wie Jane P. Davidson herausgearbeitet hat, gehörten die Hexen zu den verbreitetsten Bildthemen dieser Zeit.«
Wolfgang Behringer 3
»Zur größten Hexerei gehört es, wenn man nicht ans Hexenwesen glaubt.«
Der Hexenhammer 4
Die wohl stärkste Korrelation zum Hexenkomplex bildet das Phänomen der Zauberei, ein freilich besonders unscharfer Begriff, doch universal, typisch für wohl alle Zeiten, auch gewiß älter als das Wesen oder Unwesen der Hexerei. Und schon in den frühen Kulturen ist Magie, der »Kraftglaube« im weiten Sinn, über den Zauberer, Medizinmann, Magier, Schamanen, den Priester mit dem sogenannten Übernatürlichen, dem Göttlichen, Religiösen verbunden. 5
Nicht selten unterschied man – allerdings kaum im mittelalterlichen und späteren Christentum – zwischen »weißer« und »schwarzer« Magie, je nachdem man ihr positive oder negative Wirkungen zuschrieb, dem Menschen nützliche oder schädliche Kräfte. Zu den nützlichen zählten Wahrsagen, Wetterzauber, Astrologie, die Heilkunst und zumal im (sonst allem Zauber, wie Wahrsagen, Beschwören, todfeindlichen) Judentum auch das Tragen von Amuletten. Zu den schädlichen Vorgängen rechnete man Verführung oder Tötung mittels magischer Praktiken.
Der Glaube an solche natürlichen und übernatürlichen Potenzen, gute wie schlechte, war im Altertum und noch im Jahrtausend darauf weit verbreitet, doch blieb Zauberei zunächst im Mittelalter, im allgemeinen bis ins Hochmittelalter hinein, straflos oder wurde mit Wergeld und Buße geahndet, wobei praktizierter Schadenszauber in schweren, indes sehr vereinzelten Fällen sogar die Todesstrafe durch Verbrennen nach sich zog. 6
Längst vor dem Ausbruch des christlichen Geisterwahns aber war die Welt darin befangen, die vedische Religion ebenso wie die ägyptische oder das talmudistische Judentum, dessen Promotor Rabbi Jochanan 300 Dämonenarten kannte. Die verschiedensten Gespenstersorten bevölkerten die Unterwelt, die Erde und den Luftraum, terrorisierten oder beschützten die Menschen. Die verschiedensten Verirrungen des Verstandes grassierten. Es gab ganze Heere von Toten-, Ahnen-, Haus-, Wald-, Wildgeistern etc., und aus der paganen, der jüdischen Superstition, aus dem religiösen Synkretismus, der griechischen Mythologie, der Philosophie, dem Volks-, dem Stammesglauben drangen die Gespenster, die alten Zauberpraktiken ins Christentum ein (III 389 ff.), wo ja schon Jesus, einer der üblichen Zauberer für Celsus, »viele böse Geister« austreibt. 63mal findet sich die Vokabel »daimonion« im Neuen Testament, überwiegend in den Evangelien, und dort, durch den Kontext meist negativ bestimmt, erscheinen vor allem die »unreinen«, die »bösen Geister«.
Immer wieder verurteilten die Kirchenväter die Mittel der Magie, das Dämonische, und bekämpften es, indem sie – grausige Ironie – entsprechende vorchristliche Elemente mit christlichen niederzuschlagen, abzuwehren, auszumerzen suchten, womit die heidnische Zauberkunst, etwas umgemodelt, »zu neuer Blüte gelangte« (Reallexikon für Antike und Christentum), womit der ganze Höllenspuk von Anfang an ins Christentum drang, der »Feind«, der »Böse«, der »Herrscher dieser Welt«.
Ergo gebrauchte man geisterabwehrende exorzistische Gesten. Wie schon in Babylonien blies man gegen den Teufel an, spuckte auch gern wider ihn. Wie schon in Neuguinea, in Persien, Ägypten, Rom räucherte man das Böse im Christentum aus, da und dort noch heute. Man trug Kreuzchen statt antiker Amulette, machte vor dem Baden Kreuzzeichen auf die Stirn statt da Schlamm zu verreiben. Ja, man lehrte die Dämonen mit dem Kreuz, dem Kreuzzeichen das Fürchten. Frauen schreckten damit zudringliche Freier und Liebhaber ab, man empfahl seine Anwendung gegen Biß und Gifte,
Weitere Kostenlose Bücher