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Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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Luther bestreitet nur, »daß aus dem Teufel und einem Menschen etwas gezeugt werden kann« – behauptet aber gelegentlich das Gegenteil. 34
    Zu den Malefizien rechnet Luther natürlich auch vieles im Katholizismus Übliche wie Würzweihen, Weihwasser, Blasiuslichter, Amulette mit Bibelzitaten, mit Heiligennamen » ...et omnes zeuberey«, weil Hilfe für den Teufel, Werk des Teufels, Verstoß gegen die »Schöpfungsordnung«. Mitunter werden von ihm sogar Mönche, Papisten, der Papst selbst dem Bereich der Magie adjungiert, mit den Zauberern gleichgesetzt, ebenso »Ketzer«, Türken, Juden.
    Zaubern und Gaukeln sind »teuffels gescheffte«, sind nach Luther Vergehen »fürnemlich an der göttlichen Majestät«, folglich ist Zauberei »ein Majestätsverbrechen ... So wird sie billig an Leib und Leben gestraft«. Der Reformator stellt sie in eine Reihe mit Mord und Diebstahl, mit Pest und Krieg und Abgötterei. Wer zaubert, sollte exkommuniziert oder getötet werden. 35
    Luther verlangt zum erstenmal die Tötung von Hexen (occidantur) anno Domini 1526, und er verlangt sie bis an sein Lebensende.
    Im Frühjahr 1526 fordert der Prediger über das alttestamentliche Gebot »Die Zauberinnen sollst du nicht am Leben lassen« fünfmal für sie die Todesstrafe. Das hört sich so an: »Der Volksmund nennt sie die Weisen Frauen. Sie sollen getötet werden (Occidantur) ... Es ist ein überaus gerechtes Gesetz, daß die Zauberinnen getötet werden, denn sie richten viel Schaden an ... Wenn du solche Frauen siehst, sie haben teuflische Gestalten, ich habe einige gesehen. Deswegen sind sie zu töten ... Die Zauberinnen sollen getötet werden, weil sie Diebe sind, Ehebrecher, Räuber, Mörder ... Also ist gegen sie nicht mit Verachtung, sondern mit dem Schwert oder festem Glauben vorzugehen. Sie schaden mannigfaltig, also sollen sie getötet werden, nicht allein weil sie schaden, sondern auch, weil sie Umgang mit dem Satan haben.«
    Wegen satanischen Umgangs sind schon Milchdiebinnen für Luther des Todes würdig. »Kein Erbarmen mit ihnen!« ruft er im August 1538: »
Ich wollte sie selber verprennen,
nach Weise des (mosaischen) Gesetzes, wo die Priester mit der Steinigung der Schuldigen den Anfang machten.« Vielleicht ist es auch nicht unbezeichnend, daß bereits Luthers erste Exkommunikation am 22. August 1529 einige Hexen trifft; und daß seine Heimat Kursachsen zuerst die gemeinrechtlichen Strafgesetze gegen Hexen und Zauberer 1572 verschärft. 36
    Ob nun aber Luthers Stellung zum Zauberei- und Hexenwesen mehr ein psychologisch-biographisches oder ein theologisches Problem war, ob er dabei mehr durch sein Elternhaus oder die spätere eigene Befassung oder – doch am wahrscheinlichsten – durch beides bestimmt worden ist, entscheidend bleibt sein enormer Einfluß damit auf die Reformation, ja sogar darüber hinaus.
    Luther hat immer wieder gegen Zauberer und Hexen gesprochen und geschrieben, in den nicht unbeträchtlich verbreiteten Dekalogspredigten, dem Betbüchlein, in der Kirchenpostille, dem Galater-, dem Genesiskommentar, vor allem auch in seinen sehr populären Tischreden. Und diese beinah lebenslange Agitation nahm in seiner späteren Zeit an Umfang und Härte noch zu. Das aber mußte bei der ungeheueren Verbreitung seiner Schriften wie seiner Autorität um so mehr Wirkung haben, als ungezählte lutherische Prediger, religiöse Autoren, Schriftsteller, gelegentlich sogar katholische Kleriker daran anknüpften. Ebenso Juristen wie der Frankfurter Johann Fischart, der zwar den »Hexenhammer« sowie andere katholische Traktate dieser Tendenz bekämpft, doch unter Berufung auf Luther die Hexenverbrennung fordert. Und zumindest indirekt gehört hierher auch der in Wittenberg geborene Benedict Carpzov, Professor der Rechtswissenschaft, der maßgeblich an der Entwicklung eines sächsisch-deutschen Strafrechts beteiligt war, als Vater des deutschen Kriminalrechts und -prozesses gilt und an 20000 Todesurteile unterschrieben haben soll.
    So vieles in der Haltung Luthers zum Zauber- und Hexenwesen aber schwankend, widersprüchlich ist, einen Aspekt desselben, betont Jörg Haustein, behandle Luther »an jeder Stelle mit erschreckender Eindeutigkeit ...: Zauberei gehört mit dem Tode bestraft!« 37

Der Judenstürmer

    Für Luther hatten Juden und Judentum, lange verkannt, eine beträchtliche Bedeutung. Er äußert sich darüber bereits in seiner noch katholischen, seiner »frühreformatorischen« Zeit um 1515 – und das

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