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Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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mennern (als die heilige ding / die priesterschafft vnd gottes wort) daz befilcht der böß find den wybern / die sind syn priester /lert sy mangerley aberglauben / segen vnn ander schentliche ding«, wodurch auch Luther in bester katholischer Tradition die Frauen zu den eigentlichen Brandopfern der Hexenpogrome macht. 31
    Schon in den 1516 und 1517 in der Wittenberger Stadtkirche gehaltenen Dekalogpredigten, »Decem praecepta«, den Predigten über die Zehn Gebote, attackiert Luther die Zauberinnen und Hexen, besonders die »alten Weiber«, auch »vetulae«, »alter Balck« u.a. genannt, Synonyma für Hexen.
    Diese Frauen schänden zu Ehren Satans die Sakramente, fabrizieren Zaubertränke und können Menschen töten. Bei etlichen Hexen erscheint der Teufel mehrmals am Tag. Es gibt Incubi und Succubi, die mit den Teufelsbuhlen, doch auch mit anderen Personen huren. Und was der Teufel selbst nicht tun kann, »tut er durch alte Weiber« – »der Teufel ist sehr gewaltig in den Zauberinnen«.
    Bezweifler der Dämonenkünste beredet Luther, »das die bösen geist wol solchs vermögen«, wenn auch nur mit Gottes Hilfe, »so es inen got nachlaßt«, womit Gott der eigentliche Übeltäter wäre. Macht Luther doch sogar deutlich, daß Gott das Teufels- und Hexenwerk nicht nur zuläßt, sondern anordnet! Und da Luther im Alter das »Übel der Zauberei wieder überhand zu nehmen« schien, fand er es »notwendig«, die 1518 gedruckten Dekalogpredigten nochmals herauszugeben.
    Der Reformator kennt eine Menge Hexenschäden, vom Wettermachen über Milch-, Eier-, Butterdiebstähle, über »der kuhe jns ohr blasen und sprechen auch Gottes und der heiligen namen dazu«, bis hin zum körperlichen Ruin, – »die leutt schiessen, lernen und vordurren, die kind ynn der wigen marttern, die ehlich glidmaß betzaubern unnd desgleychen«. 32
    Nach Luther können Hexen nicht nur geistig verblenden, sie können auch erblinden lassen, können durch Fernzauber wirken, etwa durch eine Puppenanfertigung, können schnell oder mittels langer Krankheit umbringen, Vorkommnisse, die ihm selbst bekannt geworden, »wie ich viel gesehen hab mit solchen schäden beladen«. Und natürlich weiß er auch, daß Hexen die Heiligtümer der Christen mißbrauchen, daß sie die Feldfrucht verderben, das Vieh töten können; er kennt den Milchzauber, das Melken aus einer Axt, einem Handtuch am Türpfosten, einem Tisch, einem Griff und derlei mehr.
    Schon Wiegenkindern kann der Teufel schaden. Er kann Kinderunterschiebungen arrangieren, ja, sich an ihrer Stelle »in die Wiege legen, wie ich denn selbst gehört habe, daß ein solches Kind in Sachsen gewesen sein soll, dem fünf Weiber nicht genug Milch haben geben können, um es zu stillen; und es sind solcher Beispiele mehr vorhanden«. Nicht genug. »Müglich ists wol, wie man sagt, das der böse geist sich zu den zewberin thun kan und sie auch schwengern und alles Unglück anrichten.« Luther spricht dann von »Wechselbälgen« und »Kielkröpfen« und empfiehlt, solche Kinder zu ersäufen; in Dessau riet er auch, ein solches Kind von zwölf Jahren zu ersticken. 33
    Luthers Haltung zum Hexenflug ist umstritten und das Ergebnis seiner eigenen Widersprüchlichkeit.
    An der Existenz von »Teufelshuren, die sich dem Satan ergeben, und denen er fleischlich beiwohnt«, hat Luther keinen Zweifel und polemisiert gegen die Juristen, die »zu viel Zeugnisse und Beweisungen haben« wollen und die offenbaren Tatsachen gering schätzen. »Solche Thaten aber geben Zeugniß genug, daß man sie billig sollte hart strafen.«
    Von der Teufelsbuhlschaft ist er durch »trefflich lerer« unterrichtet und weiß daher, daß die Teufel »sich den menschen mögen vnder oder ob legen in vnküschen wercken. Also in gestalt einer frowen mag er empfahen eins mans samen / vnd darnach sich verendern in eins mans gestalt vnd mit einer frowen ein kind machen wiewol er deß selbigen kinds vatter nit ist, sonder der von dem er den samen empfangen hat.«
    Bei seiner Incubusvorstellung fußt der Wittenberger auf der entsprechenden scholastischen Lehre und auf Augustinus. Bereits um 1509 notiert er an den Rand seiner De-Civitate-Dei-Ausgabe: »incubi«. Die Sache hat ihn also früh beschäftigt und ließ keinen Zweifel zu. Für ihn stand fest, daß ein Dämon Incubus oder Succubus sein könne – »ich habe nämlich viele ihre eigenen Beispiele erzählen hören. Und Augustinus sagt auch, daß er dasselbe gehört habe von glaubwürdigen Menschen ...«

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